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Dima's Sicht:
Die letzten paar Tage auf Bora Bora verbrachten wir entspannt und nahmen sogar an weiteren Freizeitaktivitäten teil. Somit waren wir am Ende, als wir wieder auf deutschem Boden waren, um die Erfahrungen eines Tauchkurses und des Jetski fahren reicher.
Auch unsere Haut war nicht mehr so bleich, wie vor einer Woche und wir sahen nicht mehr wie Gespenster aus.
Mit neuen Eindrücken und deutlich entspannter stiegen wir also in meinen Wagen und fuhren um mittlerweile ein Uhr morgens zurück zu Julien's Wohnung.

"Ich helfe dir die Sachen noch hoch zu bringen, dann werd' ich verschwinden.", sagte ich, als wir ausstiegen und Julien bereits seinen Koffer aus dem Wagen hievte.
"Wenn du darauf bestehst, werde ich mich nicht beschweren.", antwortete er müde und überließ es mir, sein Handgepäck zu tragen.
"Scheint so, als würde uns der Alltag sofort wieder haben.", kommentierte Julien, als er seinen Hausschlüssel aus seiner Hosentasche zog und seine Tür aufschloss.
"Ich glaube schon. Zumindest fühlt es sich seit wir gelandet sind schon wieder so an.", gab auch ich zu und trat nach Julien in die noch dunkle Wohnung ein.
"Irgendwie hab' ich auch Mika vermisst. Um ehrlich zu sein freue ich mich schon drauf, sie mo...rgen..."

Als Julien plötzlich mitten im Satz langsamer wurde und aufhörte zu sprechen, wusste ich zuerst nicht warum, bis ich meinen Kopf hob.

Vor uns die totale Zerstörung.
Innerliche Panik stieg in mir auf.

"Wo hast du den Baseballschläger?", flüsterte ich und stellte leise die Tasche ab. Wie gelähmt sahen wir uns um, bevor Julien im Flur hinter eine Kommode griff, hinter der er den Schläger hervor holte.
So als wollte er damit einen Baseball schlagen, hielt er ihn, während wir die anderen Räume checkten und unsere Laune mit jedem Zimmer sank und die Panik stieg.

Jedes seiner Zimmer war verwüstet. Seine Klamotten und Gegenstände achtlos und gewaltsam aus den Schränken gerissen und auf den Boden geworfen. In der Küche wurden einige Teller zerbrochen und die Glasvitrinen eingeschlagen. Sein Computer und das dazugehörige Equipment auseinandergenommen und kaputt. Wut in Form von Zerstörung. Niemand, der noch hier war.
Weder Julien noch ich wussten uns nun mehr zu helfen und setzten uns auf das verwüstete Sofa, bevor ich meine Gedanken wieder sammelte.

"Wer ... wer könnte sowas tun?", fragte ich und musste mich zur Ruhe zwingen.
Julien dagegen warf den Baseballschläger quer durch die Wohnung, sodass er laut auf dem Boden aufkam. Schwer atmend griff er sich in die Haare und sah zwischen seinen Beinen auf den Boden.
Ich konnte ihn verstehen und wollte nichts sagen, weshalb ich selbst überlegte.

"Was, wenn es die Typen waren, die mich erpresst hatten? Was, wenn ihnen meine Drohung doch nicht genug war?", fragte Julien nun mit Wut in seiner Stimme, die ich schon lange nicht mehr von ihm gehört hatte.
"Wie können Menschen so dumm sein? Immerhin hast du die ja bedroht.", sagte ich ungläubig und bekam alle Wut auf einmal ab.
"Wieso?! Weil die ganze Welt voller dummer Wichser ist, die nichts besseres zu tun haben!", schrie Julien nun und stand auf, um auch dem Couchtisch einen Tritt zu verpassen.

Auch ich stand nun auf und versuchte, ihn zu beruhigen, was alles nur noch schlimmer machte. "Nein! Lass' das! Das macht meine Wohnung auch nicht mehr so, wie sie war! Scheiße! Das wird mich alles kosten! Alleine das Equipment! Das ... das ... verdammt man!"
Unkontrolliert schlug Julien neben sich in die Glasvitrine, die sowieso schon kaputt war und schnitt sich somit die Faust auf.
Wie aus dem Nichts verstummte er und sah auf das Blut, dass nun an seiner Hand hinunter lief, bis es seinen Weg auf den Boden fand.
Kraftlos sackte er zu Boden. Nicht, weil er körperlich erschöpft war, sondern weil ihm diese Extremsituation seine ganze psychische Kraft raubte.

Ich wusste, dass er es nicht so meinte und kniete mich neben ihn, als er trotzdem seine Hände vor sein Gesicht schlug und tief ein und ausatmete, um sich zu beruhigen.
Wieder versuchte ich, meine Hand auf seine Schulter zu legen, doch auch dieses Mal wehrte er mich ab.
"Geh' ... bitte. Tu' mir den Gefallen."

Es tat mir weh, diese Worte aus seinem Mund zu hören, doch ich tat, was er sagte. Ich wusste, dass er sich nicht umstimmen lassen würde und wollte auch keine weiteren Auseinandersetzungen provozieren. Immerhin war es seine Wohnung und er hatte das Recht, darauf zu bestehen, dass ich gehe.
Ich schloss schweigend die Türe hinter mir und ging die Treppen nach unten zu meinem Wagen. Dort angekommen drehte ich mich noch einmal um und sah nach oben in das Fenster, dass zum Wohnzimmer gehörte, doch ich konnte ihn nicht sehen.
Schweren Herzens fuhr ich also nach Hause, um selbst wieder runter zu kommen und mit einem klaren Kopf über alles nachzudenken.

An meiner Wohnung angekommen stellte ich meinen Wagen ab und schleppte meinen Koffer und Tasche nach oben, welche ich in meiner Wohnung angekommen erst einmal im Eingangsbereich liegen ließ.
Mit leicht erhöhtem Puls schaltete ich das Licht an und war beruhigt, dass wenigstens bei mir noch alles beim Alten war.
Ich schaute auf die Uhr und stellte fest, dass es mittlerweile drei Uhr nachts war.
Ich war unglaublich müde und beschloss deshalb schlafen zu gehen, auch wenn ich mit mir selbst kämpfte, da ich wusste, in welchem Zustand ich Julien zurück gelassen hatte. Dennoch ging ich in mein Schlafzimmer und schaltete das Licht an.

Und als ob es das Schicksal so gewollt hätte, traf es mich nun auch.
Ich erschrak, als ich das Licht anschaltete und auf meinem Bett jemand liegen sah.
Instinktiv sah ich mich um, doch ich hatte nichts, mit dem ich den Eindringling abwehren konnte.

"Schön, dass du da bist, Dima." David setzte sich in meinem Bett auf und sah mich grinsend an, so als wäre es das normalste auf der Welt. "Man, ich wusste ja schon immer, wer du bist, aber dass meine Freunde das nicht wissen, hat mich schon enttäuscht." Gespielt traurig sah er mich an, während er aufstand.
Noch immer fand ich keine Worte und stand wie angewurzelt im Türrahmen.
"Aber ich muss schon sagen, Juliensblog, der Typ, der im Internet die Männlichkeit voller Hass in Person verkörpert, scheint er ganz schön weich zu sein, wenn die Kamera nicht läuft. Und geile Weiber fickt er anscheinend auch nicht. Immerhin ist Sun Diego, a.k.a SpongeBOZZ ja ein Kerl. Man ... ohne Bandana hätte ich dich fast nicht erkannt, bis ich dann deine Stimme gehört habe." David kam auf mich zu.

Jedes einzelne Wort traf mich wie eine Kugel in meiner Brust und ich fühlte mich mit jedem Satz verwundbarer und verletzlicher. Ich wollte Luft holen, doch es fühlte sich so an, als würde mir jemand den Brustkorb zerdrücken und meinen Kopf jeden Moment explodieren lassen.

"Ich wollte es meinen Freunden ja sagen, aber ... wo bliebe mir dann der Spaß? Nein ... ich wollte dich für mich ganz allein." David lachte wie ein gestörter Irrer auf und erst jetzt begriff ich.

Voller Wut ballte ich meine Fäuste zusammen und sah ihn zornig an. "Du warst in Julien's Wohnung! Und du hast alles verwüstet!", schrie ich ihn nun an, sodass er gespielt geschockt einen Schritt zurück ging und abwehrend die Hände hob.
"Aber nicht doch. Das war doch fast gar nichts. Ist ja nicht mal viel kaputt gegangen! Nun sei mal nicht so. Wenigstens haben wir beide jetzt ein bisschen Zeit zu zweit. Ich muss schon sagen, deine Showeinlage in meinem Bungalow war schon kinoreif. Schade, dass ich mein Handy da nicht zur Hand hatte, das wäre ein schöner Streifen für deine Community da draußen gewesen."

Ich spürte, wie mein Zorn und meine Wut übernahmen und die Panik und Angst in mir ablösten. David wurde für mich eine Zielscheibe, die ich mit jedem Wort mehr und mehr hasste. In mir spannte sich jeder einzelner Muskel an und ich musste mich beherrschen.
"Dafür wirst du bezahlen!", zischte ich ihn an und ehe ich mich versah, fand ich mich selbst in einer Lage wieder, in der ich mich nie sehen wollte.

Freundschaft Plus  [Dima x Julien FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt