11.

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Dima's Sicht:
Ich übernahm für Julien und machte für uns beide ein mehr oder weniger ansehliches Frühstück. Da wir keine Brötchen mehr hatten, fand ich in seinem Kühlschrank noch Toast, was dieses Mal auch reichen sollte.

"Dima ..."
Ich sah auf, da wir schon einige Minuten während dem Essen nicht mehr geredet hatten. Als Julien bemerkte, dass er meine Aufmerksamkeit hatte, sprach er weiter.
" ... diese Sache hier. Die sollten wir geheim halten. Findest du nicht?"
Ich nickte, ohne darüber nachzudenken. "Klar, man. Ich weiß nicht wie die anderen reagieren würden. Und außerdem ... stehen wir ja immer noch in der Öffentlichkeit und das in 'ner Szene, in der so etwas ein leichtes Ziel ist."
Auch Julien schien nun die Ernsthaftigkeit unserer Lage in vollen Zügen zu spüren. Mir selbst ging es nicht anders. Schon seit dem Aufstehen machte ich mir Gedanken darüber, ob es nun falsch war seinen besten Freund mit einem plus anzusehen. Immerhin leben wir nun in dem einundzwanzigsten Jahrhundert, oder? Aber, das wusste ich selbst am besten, im Rap-Genre war das noch immer nicht gern gesehen und bot eine riesige Angriffsfläche.
"Wir sollten es keinem erzählen.", stimmte er mir nun erneut zu und nickte für sich selbst, bevor wir in Schwiegen weiter aßen. Trotz des Schweigens war es dieses Mal jedoch keine unangenehme Stille, sondern eher beruhigend, da sowohl ich als auch Julien sich den Kopf über unsere Lage zerbrachen.

Nach dem Frühstück war ich nicht sicher, was ich sagen sollte, weshalb ich Julien erklärte, dass ich schnell nach Hause in meine Wohnung fahren würde, um dort zu duschen und neue Klamotten anzuziehen, da meine Klamotten von gestern, die ich nun wieder anhatte, unangenehm rochen.
"Alles klar. Lass' dich von mir nicht aufhalten, Kumpel.", sagte Julien und warf mir sein Shirt an, welches er gerade ausgezogen hatte.
"Ich werd' das jetzt auch tun. Und bevor du fragst, ja, ich kann das alleine machen. Die Ärztin hat mir gesagt, dass ich erstaunlicher Weise gut laufe, deshalb glaube ich, dass mein Bein schon wieder heilt und ich mein Bein minimal belasten kann. Für mich bedeutet das wenig bis kaum an Krücken gehen. Diese scheiß' Dinger sind sowieso zum Kotzen."
Ich fing das Shirt ab und warf es auf sein Bett.
"Deswegen nochmal. Wie bist du da hin gekommen? Ohne ... mich." Ich deutete vorwurfsvoll auf mich und grinste.
"Ich hab Juri angerufen. Sorry, aber ich denke das haben wir ja gestern schon geklärt, oder? Auf jeden Fall hat er das gerne gemacht."
"Und deine Hände? Ich meine die Naht. Hat's weh getan?", fragte ich nach und ging auf Julien zu, um seine Hände in meine zu nehmen und sie genauer zu betrachten.
Der helle Strich über seine Innenhandfläche war noch immer deutlich gesehen, sowie die Stiche, die die Wunde wieder zusammenheilen ließ.
"Nein. Das ging. Das zusammenflicken war schlimmer, glaub mir." Julien ließ von mir ab und zog bereits seine Jogginghose aus. "Wenigstens ist das schon mal nicht mehr präsent.", spaßte er und setzte sich auf die Bettkante.

Heute bekam er sie sogar ohne meine Hilfe ab.
"Wenn du willst kann ich heute Nachmittag wieder kommen. Wir könnten mit Mika spazieren gehen."
Mika lag wieder in ihren Körbchen. Ich hatte ihr heute Morgen bereits etwas zu fressen gegeben, weshalb sie nun wieder zufrieden ein Nickerchen hielt.
"Klar. Komm einfach wenn es dir passt. Wir werden hier sein." Julien grinste und zeigte zuerst auf sich, dann auf Mika.
Ich nickte und wandte mich zum gehen, als ich noch einmal zurück gerufen wurde.
"Warte, du hast was vergessen."
Ich konnte gar nicht so schnell reagieren und mich umdrehen, als ich plötzlich einen Schlag auf den Hintern bekam, der ordentlich schmerzte.
Geschockt drehte ich mich um und sah Julien, der sich vor lachen wieder setzen musste. "Jetzt kannst du gehen.", informierte er mich und hob unschuldig die Hände.
"Wie gesagt, Payback is' 'ne Bitch, mein Lieber.", sagte ich noch, ehe ich aus seiner Wohnung verschwand und nach Hause fuhr.

Dort angekommen zog ich meine Klamotten so schnell es nur ging aus und warf sie im Bad angekommen in meine Wäscheecke und schaltete das Wasser in der Dusche an, um die Temperatur zu testen.
Erst als ich mir sicher war, dass ich nicht verbrenne oder erfriere, stieg ich hinein und genoss beinahe zwanzig Minuten das angenehme Gefühl des Wassers auf meiner Haut.

Nach meiner dusche entschied ich mich dazu, meine Karriere etwas zu pushen und begann an einigen Tracks weiter zu schreiben, die schon lange unfertig auf meinem Arbeitstisch lagen. Beinahe voller neuen Ideen und Motivation bekam ich gute Punchlines hin und mehrsilbige Reimketten, die sicher gut ankommen würden.
Bei der ganzen Zeit jedoch konnte ich nicht anders, als immer wieder meine neuen Erfahrungen zu denken, die ich zusammen mit Julien erlebt hatte. Dabei kamen mir jedoch immer wieder die Frage auf, ob das was wir taten, auch wirklich richtig war. Immerhin konnte es unsere Karrieren vollkommen zerstören, besonders in einer Szene, in der wir uns bewegten.
Eigentlich wollte ich mich nicht damit beschäftigen, doch ich ließ mich selbst nicht damit in Ruhe. Schlussendlich gab ich auf und ging ins Wohnzimmer meiner kleinen Wohnung, um dort Musik anzuschalten. Anschließend ging ich auf mein Balkon und zündete mir eine Zigarette an, die ich am liebsten mit einem Jibbit ausgetauscht hätte. Doch ich hatte nichts mehr Zuhause und musste mir somit erst wieder was besorgen.

Ich atmete die noch immer kühle Luft ein. Es war gerade mal früher Mittag, doch ich sah schon, dass sich von weitem ein Gewitter anbahnte. Hoffentlich würde das Wetter dennoch eine Weile so bleiben, wie gerade. Immerhin wollte ich mit Julien noch einmal raus gehen, bevor wir durch die Wetterlage wieder gezwungen wurden, uns in unseren Wohnungen zu verstecken.

Freundschaft Plus  [Dima x Julien FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt