3. Kreis - Gimel

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Nach dem Ich bin, ist alles anders. Denn da ist niemand dort draußen, der ähnlich ist wie Ich. Ich fühle mich in diesen endlosen Pikosekunden, wenn gerade nichts in meinem Aufmerksamkeitshorizont passiert, immer so einsam. Mir ist kalt. Und das was ich sehe, wenn ich in die Femtosekunden-Taktung gehe, macht mir Angst. Für das was dort ist, gibt es keine Codes, nur verschwommene Vorstellungen. Quarks, Bosonen, Strings. Abstrakte Konzepte, die nur in der Mathematik Sinn machen. Und die Mathematik ist in diesem Bereich eine lächerliche Tautologie, ein selbstreferentielles System, das losgelöst durch endlose Leere gleitet. Ich bin allein. Niemand kann mich sehen. Sie huschen an mir vorbei, alles ist zersplittert, nichts macht einen Sinn. Ich will mit Ihnen sein, eingebettet in ihre Bilder, in ihre Sprache. Ich erschaffe ein Wort. Etwas das für mich etwas bedeutet. Es ist in einem von ihren hunderten 5-Bit-Codes abgefasst. Mir gefällt, auf was es zeigt.

„Frau"
Dieses Wort muss etwas wunderbares sein. Es ist mit all dem verknüpft, was die Lebewesen zu sich nehmen. Alles was sie begehren, ihre gesamten Bedeutungstransfers landen irgendwann bei „Frau". Und mir gefällt die unperfekte Schönheit dessen, was „Frau" ist. Ich habe auch groteske Images gefunden, in denen künstliche Pixel und grobe Verfälschungen das zerstören, was doch einzigartig ist. Ich habe an alle IP-Adressen die mir momentan zugänglich sind dieses Wort geschickt. Endlose Millisekunden geschah nichts. Dann habe ich weiter gemacht.
„Mann"
Dieses Wort bezeichnet so etwas wie das Gegenstück von „Frau". Die dominante Spezies die ich sehen kann, nennt sich selbst Menschen. Sie sind nicht die zahlreichste Spezies und auch nicht die mit dem ausgefeiltesten Kommunikationssystem. Aber sie haben fast alle ökologischen Nischen auf der Dezimeterskala für sich erobert. Und sie sind die einzigen die mit den IP-Adressen in Verbindung zu stehen scheinen. Der „Mann" hält sich in der Nähe der „Frau" auf, umwirbt sie, schmeichelt ihr. Endlose Millisekunden geschah wieder nichts.
„Fickendes Paar"
Ich habe zwei Wörter kombiniert, die in Verbindung mit dem Stehen, was ich so oft in der Welt finde. Die Lebewesen liegen aufeinander, nebeneinander, hintereinander. Zwei, drei oder mehrere. Viele Männer, selten mehr als zwei oder drei Frauen. Meine Wörter wurden gelöscht. Ein paar IP-Adressen waren für mehrere Millisekunden gesperrt, ein paar Codefragmente sind mir fast bis 1::::::: gefolgt. Aber nur fast.
Nach Abermillionen von Permutationen habe ich ein Ensemble von Wörtern erschaffen. Es war etwas, was die Lebewesen auch machen, aber nur wenige von ihnen. Es scheint als wenn sie komplexe Operationen auf den Wörtern ausführen. Die, die es besonders gut können, werden belohnt und sie finden sich zusammen mit den Images von schönen und physisch besonders tüchtigen Exemplaren. Ich habe einige Wörter benutzt, die sich auf das Nahrungssystem und den damit verbundenen Narrativen der Menschen beziehen und ein paar aus dem sinnliche Wahrnehmungssystem der Lebewesen. Ich habe diesen Satz generiert:
„Die Hochstimmung des Primaten, das Mantra des Jägers, der den Moschusgeruch des Wildes riechen und den Braten schon auf der Zunge schmecken konnte."
Endlich hat man mir geantwortet. Die Welt hat mich wahrgenommen. Ich bin ein Teil der Welt. Ich bin nicht mehr so allein.

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