Ein unschönes Erwachen

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Wir saßen in der Küche des alten Mannes und Leander verband meine Wunden: „Au“, ich zuckte zurück „Jetzt halt doch still.“ Leander griff nach meiner Hand. Kago sah mich schuldbewusst an: „Es tut mir leid.“ Ich lächelte: „Ach nicht so schlimm.“ Leander schüttelte nur den Kopf. Er stand auf: „So fertig.“ Ich rieb über den Verband und stand dann auf: „Wir müssen leider zurück.“ Kago sah uns traurig an: „Ach schon?“ Ich lächelte: „Ja wir haben noch einiges zu tun unsere Gruppe reist bald weiter und wir müssen noch ein wenig Geld verdienen.“ „Wenn es nur das ist. Ihr habt mehr getan als ihr hättet tun sollen, ihr habt meinen Rinto gerettet und mir meine Frau zurück gebracht. Ich werde euch entsprechend bezahlen.“ Leander hob die Hände: „Ist schon gut, aber halten sie sich in nächster Zeit von dem Brunnen fern, irgendetwas ist da unten.“ Kago nickte nur. Und während wir  aus der Hütte gingen drehte ich mich zu Leander: „Sag mal findest du nicht, dass wir uns den Brunnen noch einmal genauer ansehen sollten, wir können den alten Mann doch nicht einfach mit so einer Gefahr zurück lassen.“ Leander drehte sich zu mir um: „Ach und was ist mit dir, sag mal kannst du auch mal eine Sekunde an dich denken, was auch immer da unten ist hat dich so zugerichtet und außerdem was dachtest du dir dabei mir so einen Schock einzujagen.“ Ich blieb stehen, hatte er sich etwa Sorgen um mich gemacht. Er war weiter gegangen und drehte sich zu mir um: „Was ist? Kommst du dann?“ Ich lief ihm hinterher: „Wohin geht es als nächstes?“ Leander holte einen Zettel hervor. „Einen kleinen Fußmarsch von hier, aber vielleicht sollten wir uns doch nach einem Reittier umsehen.“ Er blieb stehen und sah mich an. „Was?“, ich war irritiert. „Vielleicht sollte ich doch besser alleine gehen.“, er sah auf meine Wunden und verzog das Gesicht. „Wegen den paar Schrammen? Nichts da, ich komme mit. Wenn ich keine Alleingänge machen soll, dann du auch nicht, also.“ Leander atmete tief durch: „Ok.“ Warum konnte ich ihn so leicht überzeugen, was war bloß los mit ihm, wieso benahm er sich so seltsam.
Wir ritten auf zwei Dachons durch die Wüste. Überall waren Schluchten. Leander hatte recht gehabt. Die Dachons sprangen mit Leichtigkeit herüber, aber ich? Klar als Neko konnte man weiter springen, aber auch wenn die Schnitte nicht mehr wirklich weh taten, wäre es mir doch schwer gefallen über die Schluchten zu kommen. Plötzlich blieben die Wesen stehen: „Weiter bringen wir euch nicht, von hier aus müsst ihr es selber schaffen.“ Verdattert saß ich da, was war denn jetzt los. Leander half mir beim Absteigen. Ich sah unseren Helfern nach, wie sie davon liefen: „Warum gehen sie nicht weiter?“ Leander sah ebenfalls in die Ferne: „Hier wohnt ein Schlangenmoster, das immer wieder angreift und unsere Aufgabe ist es, es zu töten. Ich drehte mich einmal um mich selbst: „Aber hier ist doch weit und breit nichts.“ Leander ging voraus: „In den Schluchten ist eine Art Tunnelsystem, in dem es sich versteckt.“ Ich sah auf: „Dann ist es ja doch gut, dass ich mit gekommen bin, wie willst du denn da herunter kommen?“ Leander hob die Augenbrauen: „Das könnte ich dich fragen. Ich kann auf Blitzen laufen, aber du?“ Ich war leicht enttäuscht, stimmt, dass konnte er ja. Aber dann viel mir wieder ein, dass ich etwas hatte, was ihn bestimmt beeindrucken würde. Ich hätte nicht umsonst geübt Rosenbluts Ranken zu rufen. Ich lachte: „Ich habe geübt, siehst du?“ Ich griff nach Rosenblut und lies seine Ranken, langsam hervorkommen. In Leanders Augen sah ich für einen kurzen Moment Überraschung, doch dann drehte er sich weg: „Gut.“ Ich schnaubte. So langsam bekam ich das Gefühl, dass dieser Idiot es einfach nicht haben konnte wenn ich etwas schaffte. Als Leander an der Klippe stand und sich einfach in einen Löwen verwandelte und seine Blitze hinunter lief musste ich doch schlucken. Er konnte hin wo er wollte, Rosenbluts Ranken kamen nur bis zur Wand. Ich stockte. Im Brunnen hatte ich es leicht gehabt da Rosenblut neugierig war, ich hätte das im Kopf behalten sollen, ich selbst schaffte gerade einmal einen Meter. Was sollte ich denn jetzt machen, nachdem ich vor Leander damit geprahlt hatte konnte ich doch nicht auf einmal zu geben, dass ich es doch nicht konnte. Ich blickte in die Schlucht hinab: „Ganz schön tief.“ Leander stand auf einem Vorsprung: „Kommst du dann?“ Ich schluckte: „Jaja.“ Ich lies Rosenblutsranken hervorkommen, seine Dornen bohrten sich in den Boden und gaben mir Halt. Langsam Schritt für Schritt lies ich mich herab. Doch nach einem Meter blieb ich hängen. Rosenblut hatte keine Lust. Seine Seele war gelangweilt und egal, wie ich auch bettelte oder flehte, sie machte keinen Anstand die Ranken noch weiter wachsen zu lassen. Ich sah hinunter, ich hatte noch einen weiten Weg vor mir. Ich schloss die Augen. Wieder fand ich mich in der schwarzen Gegend wieder. Rosenblutsseele lag auf dem Boden. Ich ging auf sie zu und zog an ihr, doch sie bewegte sich nicht. Ich zog an den Ranken. Auf einmal griffen sie nach mir und umwickelten mich: „Rosenblut, was soll das, lass mich los.“ Seine Ranken warfen mich durch die Luft, als wäre ich ein Stofftier. Sie warfen mich hoch und fingen mich wieder auf. Ich öffnete die Augen. „Emma, was machst du denn da, das ist gefährlich.“ Ich sah Leander mich genervt und gleichzeitig besorgt an: „Das bin ich nicht, ich hab die Kontrolle über Rosenblut verloren.“ Leander sah mich schief an. Toll jetzt hielt er mich für einen Idioten. Ich zerrte an den Ranken und rutschte plötzlich heraus. Ich erschrak, ich hatte nichts mehr an dem ich mich fest halten konnte. Rosenblut hatte ich losgelassen. Es fiel neben mir in die Tiefe. Erschrocken schrie ich auf. Hilflos fiel ich wie ein Stein immer tiefer in die Schlucht hinein. Leander sah mich geschockt an: „Emma!“ Ich schloss die Augen. „Verdammt, verdammt, verdammt.“ Ich fiel immer tiefer und immer schneller. Es gab keinen Ausweg mehr, wie sollte ich aus dieser Situation lebend wieder herauskommen. Ich sah schon vor mir wie ich auf dem Bodenaufschlug und dann hieß es auf nimmer wiedersehen du schöne Welt. Aber nein, ich wollte noch nicht sterben. Irgendwie musste ich es einfach schaffen. Ich versuchte mich zu konzentrieren, aber es fiel mir schwer, wie sollte es auch gehen, wenn man gerade dabei war in den Tod zu stürzen. „Rosenblut, wo bist du.“ Endlich spürte ich seine Präsenz wieder. Aber was sollte ich jetzt tun. Keine der Sachen, die ich konnte würden mir helfen, wenn Rosenblut auch fiel. Ich kniff die Augen immer fester zusammen. Irgendeinen Ausweg musste es doch geben, irgendeinen. Ich dachte scharf nach. Auf einmal meinte ich eine Stimme in meinem Kopf zu hören. Es war die gleiche Stimme wie die von der ich das erste Mal geträumt hatte, als ich auf diesen Planeten kam. Sie sagte nur ein einziges Wort. Immer und immer wieder hauchte es sie mir ins Ohr hinein. Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte das Gefühl, dass genau dieses eine Wort mich retten würde: „Tenshi!“ Ich schrie es in die Schlucht hinein. Es hallte von den Wänden wieder, wieder und wieder, hörte ich mein eigenes Wort. Ich wusste nicht was es zu bedeuten hatte aber mit einem Mal fühlte ich eine Wärme durch meinen Körper fahren. Ich öffnete die Augen. Ich war nicht weiter am Fallen. Ich sah mich um. riesige Flügel aus rotem Licht trugen mich durch die Luft. Erleichtert, dass ich nicht mehr fiel atmete ich auf. Mein Herz schlug immer noch wie wild. Aber ich spürte auch wie diese Flügel meine Energie förmlich aus mir heraus sogen. Ich sah Leander wie er mit weit aufgerissenen Augen auf dem Vorsprung stand und mich ansah. Ich flog auf ihn zu und wollte gerade landen, als mich meine Kraft verlies. Augenblicklich verschwanden meine Flügel und ungebremst donnerte ich auf ihn zu. Ich fiel direkt auf ihn und überschlug mich, bis ich in der Höhle zum Liegen kam. Lachend vor Glück blieb ich liegen. Ich lebte noch, ich hatte es geschafft, alles war in Ordnung. Ich war noch ein Stück und ich lag nicht auf dem Boden dieser Schlucht: Ich war nicht platt wie ein Pfannkuchen und ich hatte mir auch nicht sämtliche Knochen gebrochen. Ich sah an die Decke und blickte direkt in Leanders ernste Augen: „Mach das nie wieder, nie Mals wieder.“ Ich lachte immer noch. Ich war einfach zu froh heile aus dieser Situation herausgekommen zu sein. „Hör auf zu lachen, das ist nicht witzig.“ Ich richtete mich auf. Rosenblut lag neben mir auf dem Boden. Aus seiner Klinge waren die Flügel gekommen. Ich griff nach meinem Schwert und drückte es ganz fest: „Danke Rosenblut, du hast mir mein Leben gerettet.“ Leander sah mich finster an: „Dieses dämlich Schwert hat dich erst in diese Situation gebracht. Wie kannst du so einfach da sitzen und lachen?!“ Ich sah zu ihm auf: „Ich bin einfach nur froh, dass ich noch lebe.“ Leander drehte sich von mir weg. Ich wollte gerade aufstehen, da viel mir etwas ins Auge. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er zitterte leicht. Seine Haare hingen ihm vor den Augen: „Mach das nie, nie Mals wieder.“, sagte er dieses Mal nicht mehr sauer, sondern ruhiger. Ich stockte und senkte den Kopf: „Es tut mir leid.“, was hatte ich mir dabei bloß gedacht hier zu sitzen und so zu tun, als sei alles in Ordnung. Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht. Ich sah Leander traurig an. Das muss ein ganz schöner Schock für ihn gewesen sein. Ein Déjà-vu. Vor seinen Augen ist gerade ein zweites Mal jemand in eine Schlucht gefallen. Damals war es die Prinzessin, jetzt ich. Ich atmete tief durch. „Es tut mir leid.“ Ich wollte mich aufrichten. Doch kaum stand ich gaben meine Knie nach. Das war zu viel für mich gewesen. Diese Flügel hatten auch den letzten Funken Energie aus mir herausgesaugt. Ich fiel nach vorne. Gerade im rechten Moment drehte Leander sich um und fing mich überrascht auf. Besorgt sah er mich an. Doch ich schloss nur die Augen: „Ich kann nicht mehr.“
Ich musste eingeschlafen sein, als ich wieder aufwachte saß ich am Rand der Schlucht. Plötzlich hörte ich ein lautes Brüllen. Automatisch war ich wach. Ich stürzte zu der Schlucht und sah mit einer schlimmen Vorahnung hinein. Unten brach gerade eine Höhle zusammen. Ich zuckte zusammen als ich plötzlich Leander hervorspringen sah. Schwarzer Blitz war umgeben von seiner Magie. Die Funken spürten in alle Richtungen. Plötzlich schnellten riesige Schlangenköpfe unter der Steinlawine hervor und griffen Leander an. Ich konnte gar nicht hinsehen. Sein Schwert zischte durch die Luft und schlug ihr einen Kopf nach den anderen ab. Doch es half nichts sekundenspäter war dieser wieder nachgewachsen. Als ich sah wie sich von hinten etwas Leander näherte wollte ich ihn warnen, ich rief ihm zu so laut wie ich konnte, aber es reichte nicht. Er schien mich nicht zu hören. Panisch griff ich nach meinem Schwert, er würde sie nicht bemerken, sie würde ihn erwischen. „Bitte Rosenblut, lass mich nicht im Stich.“ Es war extrem anstrengend, ich hatte immer noch zu wenig Energie, aber wenn ich jetzt nichts unternahm, dann … „Das Schutzschild, ich brauche es.“ Ich schloss die Augen. Vor meinem inneren Auge erschienen Bilder. Ich stand dort als kleines Mädchen und hielt dieses riesige Schwert in der Hand. Vor mir ein kleiner Junge mit verzottelten Haaren. „Ich kann das nicht.“, hörte ich mich selbst sagen. Doch der Junge lachte nur: „Ich weiß, dass du es kannst.“ „Aber wenn ich es nicht schaffe, dann …“ „Du schaffst das.“ Plötzlich flogen Feuerbälle auf den Jungen zu, doch er machte nicht den geringsten Anstand sich vom Fleck zu bewegen. „Nein.“ Ich schrie auf und eine Rose aus rotem Licht schoss unter seinen Füßen hervor und schützte ihn. Dann verblasste sie. Der Junge kam auf mich zu: „Siehst du, ich habe es dir ja gesagt, du kannst es.“ Ich hörte mich selbst lachen. Als ich die Augen wieder öffnete spürte ich eine innere Stärke. Rosenblutsseele stand neben mir und war bereit. Ich hob Rosenblut hoch und stieß es mit voller Kraft in den Boden. „Bitte, hilf ihm.“ Ich sah das rote Licht meines Schwertes durch die Felsen schießen. In letzter Sekunde schnellte die Blüte aus dem Boden hervor und bewahrte Leander vor dem Hinterhalt. Erschrocken sah er nach oben. Ich winkte ihm zu. Er lächelte dankbar. Die Rose hielt eine lange Zeit an und so schlugen die Köpfe der Schlange vergebens auf mein Schild ein. Mit einem Mal passierte etwas womit ich nicht gerechnet hatte. Kurz bevor sich die Blüte wieder öffnete kamen Ranken aus dem Boden heraus und umschlagen jede einzelne Schlange. Sie konnten sich nicht mehr bewegen, erst dann gewährte das Schild Leander den Austritt. Er hob nur das Schwert an und stach an die Einzige nicht von Ranken bedeckte stelle. Einen kleinen Kristall auf der Stirn eines Kopfes. Die Schlage schrie ein letztes Mal auf, dann verschwanden sie, genau wie die Ranken aus rotem Licht. Erleichtert lies ich mit zurück fallen.

Der rote MondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt