Bei Fremden
Kapitel 28
Nils sah mich komisch an. Sehnsucht lag in seinem Gesicht geschrieben. Seine Augen waren rot umrandet und sonst sah er auch nicht besser aus. Ich spürte nichts. Keine Gefühle, keinen Trauer, hatte ich es hinter mir? War Nils nie meine wahre Liebe gewesen, sodass ich ihn vergessen konnte?
»Damla«, flüsterte er leise und das gab mir einen Stich. Vergessen gab es also nicht, es gab eher nur gewöhnen.
Ich merkte, wie alle Augen auf mich gerichtet waren. Vorsichtig machte ich einen Schritt zurück und schluckte. Wie es aussah hatte Nils als ich noch nicht unten war, einen Stuhl kaputt gemacht. Der kaputte Stuhl lag neben ihm. Es erinnerte mich an unsere Träume. Sie waren genauso kaputt.
Komisch. Sonst war er doch immer ein ruhiger Mensch. Vielleicht kannte ich ihn aber auch nur falsch. Ich dachte schließlich auch, er würde mich lieben und nicht mit meiner besten Freundin schlafen. Noch ein Stich, direkt in die Brust.
Nils machte einige Schritte zu mir und mein Herz fing an, schneller zu schlagen. Nicht aus Liebe, sondern aus Angst.
Er sah mich eine Weile an, nein er starrte mich an und ich konnte nichts machen. Ich war wie angewurzelt. Sogar mein besonders starker Fluchtinstinkt war wie gelähmt. Nils sah mich mit großen Augen an, als hätte er einen Schatz gefunden. Wieder murmelte er meinen Namen, lächelte sogar etwas und kam einen Schritt näher. Was sollte ich tun? Besser gefragt, was konnte ich tun? Mehr als zu schlucken, hatte ich nicht geschafft.
»Damla«, murmelte er wieder und lächelte jetzt ganz. Es kam mir vor, wie in einer Psycho-show. Ich schloss die Augen. Beruhig dich, Damla. Du schaffst das. Es kommt und geht.
Ich öffnete die Augen und suchte mit meinen Blick irgendjemanden, wusste aber nicht genau wen. Mein Blick hing bei Hakan und dann bei Erdem und dann bei Alara, die sich ängstlich zu mir gestellt hatte. Ich schöpfte so viel Mut, so viel, dass ich mich besser fühlte als den je. Meine Vergangenheit könnte ich vergessen. Ich hatte doch so eine schöne Zukunft vor mir. Ein Lächeln bildete sich in meinem Gesicht.
»Damla, könnten wir bitte reden«, fragte Nils. Er sah so verzweifelt aus, aber nicht einmal das gab mir mehr einen Hieb. Es war mir egal, so wie es ihm egal war, mit Bengü zu schlafen, als er mit mir zusammen war. Es war nur noch ein schwacher winziger Schmerz, der im Hintergrund war. Nur die Erinnerung machte mich fertig und dass ich ihm vertraut hatte. Wie konnte ich ihm bloß vertrauen? Wie konnte ich bloß so blind mein Vertrauen schenken?
»Du redest doch schon«, sagte ich kalt und kam einen Schritt zu ihm. Die Anderen bildeten einen Kreis um uns, als wäre es eine belustigende Show.
»Allein«, murmelte er und ich hob provokant die Braue.
»Wenn du etwas sagen möchtest, tu es jetzt oder gar nicht.«
»Aber-«
»-ich glaube du verstehst mich nicht. Ich möchte nichts mit dir zu tun haben.«
Sein Mund klappte auf und sein Blick glitt nach unten. »Aber ich liebe dich.«
Ich musste lachen. Es kam einfach so, da konnte ich nichts gegen tun. »Du? Mich lieben? Sag mal, willst du mich verarschen?«
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Bei Fremden
RomanceDamla Demirs Leben ist nahezu perfekt, bis ihre Mutter entscheidet, neu zu heiraten. Das bedeutet: Neue Schule, fern von Freunden und ein neues Haus mit Fremden. Sie bekam nämlich nicht nur einen Stiefvater dazu, sondern auch einen Stiefbruder, der...