Kapitel 30

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Bei Fremden

Kapitel 30

Ich hätte heulen können, damit er mich nicht verlässt, in so einer Psyche war gerade, aber ich ließ es sein. Hakan war auch schon nach einer kurzen Weile wieder da, nur dass eine Krankenschwester ihn begleitete. Sie gab mir ein Medikament und Wasser. »Geht es ihnen besser?«

»Ja, ich bin nur gerade umgekippt«, gestand ich und die Krankenschwester nickte. »Hat der junge Mann mir bereits gesagt.«

Sie deutete auf Hakan. Ich nickte etwas verlegen und schluckte das Medikament mit dem Wasser hinunter. 

»Könnte es sein, dass sie in letzter Zeit zu viel Stress hatten?«

Könnte? Es war auf jeden Fall so!

»Vielleicht«, murmelte ich und starre auf das Glas in meiner Hand.

»Sie sollten darauf achten, keinen Stress mehr zu haben. Es fängt mit Ohnmacht an, kann aber zu tragischen Fällen führen.«

Ich nickte und Hakan sah plötzlich mehr als nur besorgt aus. »Tragischen Fällen!? Wie tragisch?«

»Es kann verschiedene Symptome bilden, je nachdem wie es bei ihr reagiert... Ich glaube aber eher, dass... Wie heißen sie noch einmal?«

»Demir«

»Das Fräulein Demir bewusst ist, was ihr gerade Stress bereitet. Wie es aussieht, geht das schon eine ganze Weile so.«

Ich sah immer noch starr auf das Glas. Dieser Ton, wie sie es sagte... als hätte ich ein Verbrechen begangen.

»Ich gehe dann Mal. Wenn sie etwas benötigen, rufen sie mich.«

Somit ging die Krankenschwester, die ich auf keinen Fall aufhalten wollte. Sie könnte meinetwegen bis zur Irrenanstalt gehen.

»Stress«, wiederholte Hakan. »Kann es wegen deinem... Freund sein?«

»Ex«, verbesserte ich ihn sofort, doch Hakan sah schon aus dem Fenster. »Hat er Schluss gemacht und es dann bereut, oder wie?«

»Nein. Ich hab Schluss gemacht.«

Jetzt sah er mich wieder an, nur wirkte er verwirrt, aber auf irgendeine Weise auch voller Hoffnungen. »Hast du ihn geliebt?«

»Ich glaube nicht. Aber ich habe ihm vertraut, mehr als mir selbst. Und... und ich wurde enttäuscht, denn er hat mit meiner alten besten Freundin geschlafen.«

Ich versuchte zu lachen, um zu zeigen, dass es mir egal war, doch eine Träne konnte ich nicht unterdrücken. Es lag nicht daran, dass ich ihn vermisste oder so. Ich war sauer auf mich selbst. Wie konnte ich ihm vertrauen? »Seine Ausrede war natürlich: "Du wolltest nicht mit mir schlafen, also hab ich's mit ihr getrieben."«

Ich legte mich hin. Dabei schloss ich die Augen. »Ich bin so dumm. Wie konnte ich ihm glauben?«

»Mach dir nichts daraus. Es ist doch besser so geworden, ich meine, du kennst jetzt sein wahres Gesicht.«

Ich nickte und öffnete wieder meine Augen. Es war ein so schönes Gefühl,  ihn bei mir zu haben, wenn ich die Augen öffnete. Traumhaft.

»Wie bist du überhaupt hierhergekommen? Ich meine damit, woher du Bescheid wusstest.«

»Man hat dich ohnmächtig auf dem Bürgersteig gefunden und dich sofort zum Krankenhaus gebracht. Dein Handy hatte einen PIN und die einzige Nummer, die sie hatten, war in deiner Hosentasche... was für ein Zufall.«

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