Bei Fremden
Ge. 03- Kapitel 55
Für einen Augenblick schien die Welt zu stehen und im nächsten Moment stieg mir eine unglaubliche Wut hoch. Ihre Worte hatten mich verletzt. Ich wusste, sie wollte mich provozieren dennoch war enttäuscht. Aber dieser Tusse würde ich das Lächeln schon vergehen lassen.
Ein vergnügtes Lachen kam von mir. »Gut zu wissen, dass mir Hakan also vertraut«, grinste ich gespielt zu und sah zuerst zu dieser Melisa und dann zu Hakan. »Wir haben nämlich alles gemeinsam gemacht, stimmt's?«
Hakan sah irgendwie überrascht von meiner Reaktion aus. Vielleicht hatte er erwartet, dass ich ausrastete. Wieso dachten das alle von mit? Er nickte und brachte nur ein leichtes Lächeln zustande.
Ich sah wieder zu dieser Tusse und grinste schadenfroh. Die sollte sich gefälligst um ihre eigenen Sachen kümmern und mich in Ruhe lassen.
»Na dann, gibt es noch andere Fragen?«, versuchte unsere Lehrerin schnell diese Atmosphäre zu beenden. Keine Hand flog in die Luft, das hieß dann wohl "Nein".
Der Kurs klatschte noch für unser gutes Projekt in die Hände und Melisa stand währenddessen auf. Sie lief einfach rasch aus dem Raum.
Pf, sollte sie doch.Ich setzte mich suf meinen Platz und Hakan wie immer neben mich. Ich starrte extra auf meinen Block, der vor mir stand, auch wenn das Blatt noch leer war. Auf unsere Lehrerin konnte ich momentan nicht hören. Es klang, als ob ich Druck in den Ohren hätte. Melisas Worte hallten in meinen Gedanken,
»Damla?«, fragte Hakan und ich ignorierte ihn einfach. Ich konnte es nicht fassen. Was sollte das denn bedeuten, dass er alles selbst gemacht hatte? Okay, ich war nicht gerade die beste in Latein, aber hallo? So etwas brauchte man nicht abziehen...
Oder war es wegen Erdem? Vertraute er mir wegen ihm nicht?»Damla?«, wiederholte er. Ich legte meinen Kopf schräg und sah nach vorne zur Tafel.
»Kannst du mir bitte zuhören?«, flüsterte er. »Sie lügt.«
»Warum hast du sonst alles alleine gemacht?«, fragte ich, ohne ihn dabei anzusehen. Stattdessen starrte ich auf die Uhr. Die Zeit verging im Schneckentempo.
»Weil ich wusste, dass unser Gespräch länger dauern wird!«, meinte er. »Ich wollte noch mit dir reden. Über- über deinen Bruder.«
Ich sah ihn überprüfend an. In seinen Augen konnte ich kein Zeichen von einer Lüge erkennen. Es war nur Verzweiflung darin.
»Wir hatten darüber noch gar nicht gesprochen, Hakan. Es war nichts geklärt gewesen. Wieso hättest du mir vertrauen sollen?«, fragte ich. »Wieso sollte ich dir glauben?«
Innerlich wollte ich wissen, wie sehr er mir traute. Allein der Gedanke, dass er mir gegenüber kein Vertrauen aufweisen könnte, brach mich zutiefst.»Wenn nicht, würde ich es dir beweisen.«
»Wie?«
Er zuckte mit den Schultern. »Noch hab ich keine Idee. Aber ich würde nicht aufgeben.«
»Wie lange würdest du es versuchen?«, fragte ich. »Ich kann ziemlich stur sein.«
»Bis du mir glaubst«, sagte er fest entschlossen. »Und ich bin mir sicher, dass du es tun würdest.«
Ich wollte ihm glauben. Es kam mir einfach richtig vor.
»Ich vertraue dir mehr als mir selbst«, lächelte er. Ich lächelte schwach zurück.
»Mademoiselle, vertrauen sie mir?«, fragte er und grinste breit.
»Wir sind zwar nicht in Französisch, aber ich vertraue dir.«
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Bei Fremden
RomanceDamla Demirs Leben ist nahezu perfekt, bis ihre Mutter entscheidet, neu zu heiraten. Das bedeutet: Neue Schule, fern von Freunden und ein neues Haus mit Fremden. Sie bekam nämlich nicht nur einen Stiefvater dazu, sondern auch einen Stiefbruder, der...