PCY | p.cy ✔︎[wird überarbeitet]

004

,,Du bist zu spät",
sage ich diesmal zu Chanyeol,
als dieser mit müdem Gesichtsausdruck das Klassenzimmer betritt, in das wir die nächsten 2 Wochen nachsitzen müssen.

,,Deine Mittelfinger-Aktion gestern war übrigens richtig kindisch. Hätte ich nicht von dir gedacht, Kang Sohee", erwidert er nur spottend und lässt sich ein Sitz weiter von mir entfernt nieder. Seine dunklen Haare sitzen etwas unordentlich und das Hemd von seiner Schuluniform ist etwas zerknittert.

,,Dein Tag war wohl nicht so toll, hm?", frage ich daraufhin.
Ich lege meinen Kopf auf meine Hand ab und schaue zu Chanyeol rüber, der sich kurz durch die Haare geht und leise seufzt.

,,Das hast du richtig gesehen. Wäre es dir Recht, mich in Ruhe zu lassen?", fragt er mich nun etwas genervt.

,,Klar, wenn du mich diesmal nicht schubst.", sage ich und kassiere somit ein düsteren Blick von ihm.

,,Ich muss jetzt auch nachsitzen, zufrieden? Was willst du jetzt von mir?", Chanyeols Stimme wird am Ende des Satzes immer lauter und seine Augenbrauen ziehen sich eng zusammen.

,,Du hast Glück, dass der Lehrer noch nicht da ist.", sage ich dann nur abwertend. Er scheint sehr mies gelaunt zu sein.

Aber was kümmert es mich?

Park Chanyeol ist selbst schuld.

,,Und du kannst froh sein, dass du ein Mädchen bist.", höre ich meinen Sitznachbarn leise knurren.

Mein Blick schießt zu Chanyeol, der daraufhin gereizt auf sein Englischbuch starrt.

Immer noch blicke ich ihn an, und kann nicht in Worte fassen, wie sehr mich seine Wörter erschüttert haben.

Es herrscht nur noch Stille und ich höre nur noch den leisen Wind von draussen und das Rascheln der Blätter, inklusive das unregelmäßige Pochen meines Herzens.

Bis er meinen Namen sagt, als hätte realisiert, dass es falsch gewesen ist, was er vorhin gemeint hat.

,,Sohee."

Er klingt auf einmal anders, nicht so wie immer, wenn er mit anderen spricht. Ohne es wirklich zu wollen, kriege ich Gänsehaut. Chanyeol geht sich wieder mit der großen Hand durch seine dunklen Haare und seufzt wieder, diesmal lauter.

Ich antworte ihm nicht, der Satz vorhin hat mich zu sehr erschüttert.
Ich habe vieles über ihn gehört, ihn bisher her nur in den Fluren ganz kurz zu Gesicht bekommen und verdammt viele Gerüchte mitbekommen.

Aber ich hätte nie gedacht, dass er so etwas sagen würde.

,,Ich hoffe du weißt, dass ich das so nicht gemeint habe.", kommt es von ihm. Sein müder Blick trifft meinen wachen Blick.

,,Wie hast du das denn gemeint?", gifte ich sofort zurück.

,,Ich habe das so nicht gemeint,es ist mir—"

Ich warte nicht darauf, dass er seinen Satz zu Ende spricht.
,,Es ist dir ausgerutscht, wie du sagen wolltest."

,,Es tut mir leid."

,,Es tut dir leid?", frage ich ihn verwundert. Jetzt bin ich erst echt verwirrt.

,,Seit wann tut dir was leid, Chanyeol?"

Der angesprochene verdreht nur seine Augen und antwortet:,,Zufällig habe ich auch Gefühle— ich bin rein Zufällig auch ein Mensch."

Ich lächle ihn spöttisch an.
,,Das überrascht mich echt. Da rede ich mal mit einem der typischen Schulaufreißer und dann kommt so etwas."

Er lächelt nicht zurück, wirft mir stattdessen sein mittlerweile aufgeschlagenes Englischbuch zu.
,,Ich habe gehört ,dass du gut in Englisch bist, also helfe mir", kommt es aus dem Nichts von ihm.

,,Super Themen-Wechsel", sage ich und bin dabei sein Englischbuch auf den Boden zu schmeißen.

,,Ich helfe dir auch in Mathe. Als aufrichtige Entschuldigung, Kang Sohee."

Argwöhnisch hebe ich eine Braue.
Zu allererst überrascht es mich, dass er weiß, wie grauenvoll ich in Mathe bin.

,,Seit wann kannst du Mathe?"

Und dass dieser Vorschlag genau von ihm kommt, überrascht mich noch mehr.

Und anstatt genervt von meiner Frage zu sein, erhasche ich einen kurzen Moment, in dem er leicht lächelt.

Und ich denke, dass dies ein richtiges Lächeln gewesen ist.