Kapitel 2

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„Bis später.", verabschiedete ich mich von meinem Vater und schloss die Autotür.
Ich atmete noch einmal tief durch und drehte mich dann zur High School um. Schon jetzt lagen alle Blicke auf mir, obwohl ich gerade erst aus dem Auto gestiegen war.

Beschämt streifte ich mein hellbraunes Haar hinter mein Ohr und ging mit kleinen Schritten auf das Gelände der High School. Viele junge Leute standen in verschiedenen Gruppen herum und durchlöcherten mich mit ihren Blicken. Das tuscheln blieb mir auch nicht erspart.

Als ich fast durch den Eingang ging, sah ich mehrere Jungs in einem Kreis stehen. Wie alle anderen auch, studierten sie mich von oben bis unten. „Ich dachte die Neue ist wenigsten heiß, aber da haben wir das Gegenteil bekommen.", rief einer der Jungs und machte sich über mich lustig. „Oh man! Die kann man nicht mal flach legen ohne einen Tüte über ihr Gesicht zu ziehen.", sagte ein Weiterer und lachte.

Eigentlich wollte ich den Jungs keinen Blick würdigen, aber ich musste die Gesichter der Arschlöcher einfach sehen. Fünf oder sechs Jungs standen in dem Kreis und lachten.
Die Worte verletzten mich zwar nicht, aber um etwas zu sagen, war ich einfach noch nicht lange genug auf der Schule. Genau genommen war es mein erster Tag und da wollte ich nicht schon wie eine verrückte wirken.

Jeden einzelnen Jungen sah ich während des vorbeigehens an. Doch bei einem blieb ich hängen. Er sah mich auch an und lachte heiter über die Witze der anderen. Aber als sich unsere Blicke trafen, verstummte sein Lachen und er sah mir tief in die Augen. Der Junge hatte eine schwarze Lederjacke an und eine zerrissene Jeanshose. Seine Haare waren schwarz und seine Augen grün. Ich löste meinen Blick und ging in das riesige Schulgebäude.

Im Sekretariat fragte ich in welche Klasse ich müsse und wurde vom Rektor persönlich in mein Klassenzimmer gebracht. Der Respekt einflößende Mann klopfte an eine Tür im zweiten Stock und öffnete sie dann. Mit großen Schritten trat er vor mir herein. Ich folgte ihm und stand nun vor vielen Schülern, die alle ihre Augen auf mich gerichtet hatten.

„Das ist Alice Thompson. Sie wird ab jetzt in euerer Klasse sein, also bringt sie in die Klassengemeinschaft ein.", jeder hörte dem Rektor gespannt zu. Als er den Raum verlassen hatte und die Tür hinter ihm zufiel, drehte ich mich zu der Lehrerin, die gerade unterrichtete.
„Ich bin Frau Williams und deine neue Klassenleiterin.", sie schüttelte meine Hand, „du kannst dich auf den freien Platz neben Claire setzten."

Ich folgte ihrer Anweisung und ging mit gesenktem Kopf zu dem besagtem Platz und setzte mich. Dass diese Situation unangenehm war, muss ich wohl nicht erwähnen.
„Hi, ich bin Claire.", stellte sich das blonde Mädchen neben mir vor. Ich setzte ein gezwungenes Grinsen auf und stellte mich ebenfalls vor. „Wie du vielleicht schon gehört hast bin ich Alice.", meinte ich etwas genervt und verdrehte meine Augen.

Die restliche Zeit bis zur Mittagspause träumte ich vor mich hin und machte mir nebenbei Notizen. Naja es waren eher Zeichnungen, da mir so langweilig war.

Endlich unterbrach der Gong den Unterricht und alle packten ihre Schulsachen zusammen.
„Halt! Ich beende den Unterricht.", Frau Williams wurde laut und hob ihre Augenbrauen. Seufzer verteilten sich im Klassenzimmer und ich konnte das Augenrollen meiner Mitschüler regelrecht hören.

Sie erklärte die letzte Matheaufgabe fertig und sagte dann ganz stolz „Jetzt könnt ihr gehen." Das ließ sich keiner ein zweites Mal sagen und alle eilten aus dem Klassenzimmer.
Ich hatte keine Lust auf das Gedränge, weswegen ich zuletzt aus dem Klassenzimmer schlenderte. Wenigstens wusste ich schon wo die Cafeteria war und musste nicht erst danach suchen und mich wahrscheinlich verlaufen.

Ich kaufte mir etwas zum Essen und einen Kaffee, dann setzte ich mich an einen der freien Tische. Das Tablett legte ich auf dem Tisch ab und widmete mich jetzt dem Essen zu. Mein Magen knurrte schon wie wild, weshalb ich mich umso mehr auf das Essen freute.

Das erste Mal war ich heute etwas besser gelaunt. Aber als ich sah, dass die Blondine auf mich zu kam, verschwand die gute Laune auch schon wieder. „Ist hier noch ein Platz frei?", fragte sie höflich und überflutete mich mit ihrer guten Laune. „Siehst du, dass hier jemand sitzt?", hinterfragte ich ohne sie anzusehen. „Nein.", antwortete sie. „Dann ist der Platz wohl frei."

Sie legte ihr Tablett gegenüber von mir ab und setzte sich. „Wie geht es dir?", fragte sie tatsächlich. „Oh nein. Bitte kein Smalltalk."
„I..ich wollte nur höflich sein.", stotterte sie.
„Du musst ja nicht gleich Angst bekommen, nur weil ich keinen Smalltalk will.", redete ich auf sie ein. „Warum hast du dich eigentlich zu mir gesetzt und machst dich nicht wie alle anderen über mich lustig?", zum ersten Mal erhob ich meinen Kopf und schaute in ihre hellblauen Augen.

„Weil ich glaube, dass du eine Freundin brauchst.", meinte sie ganz locker und machte einen selbstbewussten Eindruck. Sie machte mich neugierig, weswegen ich mehr wissen wollte. „Und warum glaubst du das?"
„Naja du bist neu hier und ganz allein. Auf mich machst du einen netten Eindruck, aber irgendwas sagt mir, dass mehr hinter dir steckt.", erklärte sie. War sie eine Hexe oder wie kam sie darauf?
„Wie meinst du das?", hackte ich nach.
„Ich glaube es ist etwas schlimmes in deinem Leben passiert.", nachdem sie das sagte verschluckte ich mich an meinem Essen.
„Woher weißt du das?", runzelte ich meine Stirn und trank einen Schluck Kaffee.
„Warum solltest du sonst mitten im Jahr die Schule wechseln und so schlecht gelaunt sein?"
Stille erfüllte unser Gespräch. "... außerdem habe ich geblufft. Und deine Reaktion zufolge liege ich wohl nicht falsch.", sie klang siegessicher aber auch einfühlsam. „Ich weiß nicht warum ich dir vertrauen sollte.", entgegnete ich ihr.
„Das entscheidest du. Aber denkt daran, dass ich jeder Zeit für dich da bin." Sie hatte wirklich ein gutes Herz. „Woher kommst du eigentlich?", fügte sie hinzu. „Aus Seattle.", antwortete ich knapp.

Jeder in der Cafeteria wurde Still, als die Gruppe Jungs von heute Morgen den Raum betraten. „Warum ist es hier auf einmal so ruhig?", fragte ich Claire. „Jason und seine Jungs sind hier.", meinte sie und sank ihren Kopf. „Wer ist denn Jason?", hackte ich neugierig nach. „Jason Warren, der bekannteste BadBoy der Schule. Er bekommt jedes Mädchen, das er möchte und nutzt sie immer nur aus... oh Gott er kommt auf uns zu!", sie klang hektisch und verängstigt. Aber was konnte an ihm so angsteinflößend sein, dass keiner mehr ein Wort sagte?

„Verzieht euch! Wir sitzen jetzt hier, das ist unser Tisch.", forderte er uns auf ohne uns auch nur anzusehen. Was dachte er wer er ist? Claire wollte seiner Anweisung folgen, doch ich blieb stur sitzen und aß weiter. „Hey hässliche, er meint auch dich!", mischte sich ein anderer ein. „Also ich sehe hier nirgends euren Namen auf dem Tisch. Ich werde erst hier weg gehen, wenn ich fertig gegessen habe.", widersprach ich den möchtegern Jungs. 

„Es interessiert mich nicht, ob du hier isst. Du und deine blonde Freundin verpisst euch jetzt!", Jason packte mich fest am Oberarm.
Ich erhob meinen Kopf und sah ihm in seine grünen Augen. Ich riss meinen Arm aus seinen Griffeln und warf ihm einen abwertenden Blick zu. "Fass' mich nie wieder an!", befahl ich mit erhobener Stimme. Sofort veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er schluckte. Damit hatte er wohl nicht gerechnet.

You're my bright light in the darkness Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt