Kapitel 20

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Zwei Wochen sind bereits vergangen und ich habe Liam immer noch nichts von meinem Anliegen erzählt. Es war Klausurzeit, also haben wir uns sowieso nicht oft gesehen. Man konnte es als Vorteil sehen, weil ich so mehr Zeit hätte zum nachdenken. Trotzdem hatte alles nichts gebracht, weil ich es ihm früher oder später sagen musste.

In der Zwischenzeit hatte Maik sich um Jason gekümmert und kam kaum zur Schule, nur für die Klausuren und dann ist er wieder gegangen. Man kann es ihm nicht übel nehmen, Jason ist wie sein Bruder und er machte sich Sorgen. Maik hatte mir erzählt, dass es Jason soweit gut ginge, aber er immer noch schmerzen habe, was ich nachvollziehen konnte.

Wie so oft saß ich alleine im Wohnzimmer, da mein Vater selten Zuhause war. Ich machte mir viele Gedanken über alles mögliche und habe mich dann erschrocken, als es an der Tür klopfte. Mein Herz rutschte mir kurz in die Hose und dann stand ich von der Couch auf.
Ich fragte mich wer das wohl sei und vermutete meinen Vater, aber als ich die Tür geöffnet hatte stand jemand anderes vor mir.

"Liam.. Hallo.", mit ihm hatte ich auf keinen Fall gerechnet. Ich betrachtete ihn kurz und entdeckte eine mittelgroße, rechteckige Schachtel in seiner Hand mit einer roten Schlaufe darauf. "Hallo.", er lächelte, "ich hab etwas für dich."
"Was hab ich denn getan, um ein Geschenk von dir zu bekommen?", ich lächelte runzelte gleichzeitig die Stirn, "oh entschuldige, komm doch rein." Ich trat zur Seite und gewährte Liam Eintritt. "Danke.", er kam stolz herein und ich schloss die Tür hinter ihm. "Komm, gehen wir in mein Zimmer.", meine Stimme zitterte, weil ich komplett überfordert mit der Situation war.

Liam folgte mir in mein Zimmer und wir blieben vor meinem Bett stehen. "Ich hoffe es gefällt dir.", mit strahlenden Augen streckte er mir das Geschenk entgegen, welches ich dankend annahm. Bevor ich es öffnete suchte ich noch Mal den Kontakt zu seinen Augen und blicke tief hinein. Sie waren so rein und unbeschreiblich schön. Nach einigen Sekunden wandte ich meinen Blick von ihm ab und widmete mich dem Geschenk. Ich konnte den Deckel ganz einfach abmachen und blickte auf ein rotes Abendkleid mit einer dazu passenden Maske.

Meine Augen wurden groß und ich konnte es nicht fassen. Mit zittrigen Händen holte ich das Kleid aus der Schachtel und legte es auf mein Bett, um es ganz ansehen zu können. Es war wunderschön. "Gefällt es dir?", fragte Liam zurückhaltend. "Ja, es ist traumhaft schön. Danke!", antwortete ich und umarmte ihn. Er wirkte kurz überrascht und umschloss mich dann ebenfalls mit seinen Armen. Liam roch wie immer gut und machte die Umarmung noch angenehmer. Mein Kopf lag auf seiner Brust und ich glaubte seinen Herzschlag zu hören. Ich fühlte mich für kurze Zeit glücklich und geborgen, bis ich realisierte dass Liam noch etwas erfahren musste.

Ich löste mich von der innigen Umarmung und schaute in seine hellblauen Augen, die jetzt noch mehr strahlten als zuvor. "Weißt du, das Kleid gefällt mir wirklich sehr gut und ich schätze es sehr, dass du mir so ein Geschenk machst.", ich senkte kurz meinen Blick und machte eine Pause, "aber ich werde es wahrscheinlich nicht tragen können." Es fiel mir schwer die richtigen Worte zu finden. "Wie meinst du das?", Liam kam einen Schritt auf mich zu und zog seine Augenbrauen zusammen. "Der Tag an dem der Ball stattfinden ist ein besonders trauriger Tag in meinem Leben.", erklärte ich und schluckte gegen den Knoten in meinem Hals. "Was ist passiert?", hackte er vorsichtig nach und legte seine Hand auf meinen Arm. "Das ist die lange Geschichte, die ich das letzte mal angesprochen habe.", nachdem ich ihm das gesagt hatte erzählte ich ihm auch die ganze Geschichte. Von vorne bis hinten.

"I-Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll, Alice. Es tut mir unfassbar leid für dich.", er nahm mich noch Mal in den Arm und stärkte mich.
"Ich verstehe deine Situation und möchte dich auf keinen Fall dazu zwingen meine Begleitung auf dem Maskenball zu sein. Wenn du dich bis dahin nicht mehr meldest, gehe ich davon aus dass du nicht meine Begleitung sein willst. Aber falls du dich doch dafür entscheidest, worüber ich mich so sehr freuen würde, dann sag es mir einfach sobald du bereit dazu bist. Dein Herz wird dir den richtigen Weg sagen und ich werde jede Option respektieren.", als er das sagte konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten. Sie liefen über meine Wangen und spiegelten mein Inneres wieder.

"Ich-", Liam unterbrach mich, als ich ihm antworten wollte. "Du musst jetzt dazu nichts sagen. Ich werde es dir nicht übel nehmen, wenn du dich dagegen entscheidest. Lass dir Zeit zum nachdenken und mach dich nicht verrückt. Bis bald.", er legte seine Lippen auf meine Stirn und wischte meine Tränen weg. Danach lächelte er aufmunternd und verschwand aus meiner Wohnung. Ich schaute ihm noch hinterher und wusste nicht was ich mit mir anfangen sollte.

Eigentlich war ich nach New York gekommen, um neu anzufangen und um mir keine Gedanken mehr um Gefühle machen zu müssen, die ich sowieso verloren hatte nach Sam's Tod. Und jetzt stand ich weinend in meinem Zimmer wegen eines Jungen, der mir ans Herz gewachsen war. Ich kannte Liam nicht besonders lange, aber er war einzigartig.
Er schenkte mir Glück und vor allem fühlte ich wegen ihm wieder etwas. Auch wenn es gerade Traurigkeit war, ich fühlte etwas. Aber in meinem Kopf war Sam und wie er sich wohl dabei fühlt. Würde er es wollen, dass ich mein Herz erneut öffne. Wollte ich es? - Keine Ahnung. Ich war vollkommen durcheinander und dachte die ganze Zeit an Liam. Wie sollte ich mich entscheiden?

// Wie wird sich Alice entscheiden? 😓 //

You're my bright light in the darkness Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt