Sie hörte die Räder des Skateboards, bevor sie ihn sah.
Tom fuhr die Halfpipe hoch und machte einen kompliziert aussehenden Trick, bevor er wieder runter fuhr und vor ihr zum stehen blieb. Er ließ sein Skateboard liegen und zog Rose in eine feste Umarmung. "Ich hab dich vermisst, Süße."
"Und ich erst." Sie legte die Arme um Toms Nacken. "Also gut." Tom ließ sie los und nahm ihre Hand. "Du musst mir eine Menge erzählen. Sollen wir.", fuhr er fort und machte dabei eine Armbewegung zur Halfpipe. Rose lachte auf. "Gerne doch." Die beiden setzten sich unten auf die Transition. "Dann schieß mal los.", meinte Tom und sah sie auffordernd an."Wo soll ich den anfangen?"
"Erzähl mir erstmal wie du im Krankenhaus gelandet bist." Rose setzte ein Bein auf die Halfpipe und schlang die Arme darum. "Wegen B." Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Die Geschichte hatte sie noch niemanden erzählt und auch sonst erzählte sie niemanden genau, was passiert war. Sie dachte gar nicht erst drüber nach."B ist mit einem Messer auf mich losgegangen. Zuerst in den Bauch, dann am Bein und am Arm entlang.", fing sie an zu erzählen. Neben ihr riss Tom die Augen auf, doch sie ignorierte ihn und erzählte weiter: "Ich lag am Boden, als er das Messer in meine Seite stach. Er erzählte mir, dass einer seiner Freunde mich und meine Brüder gesehen hat. Vor allem meinen ältesten Bruder und mich, wie wir uns umarmt haben." Tom wusste viel über Rose. Mehr als andere vielleicht jemals wissen würden. Es gab kaum noch etwas, dass er nicht wusste.
Er wusste, dass sie vier Brüder hat, zwar wusste er nicht, wie sie hießen, aber er wusste es. Genau wie von dem guten Verhältnis, das sie zu ihren Brüdern und vor allem zu ihrem ältesten Bruder hegte. Da Tom auch nicht dumm war, verstand er, was diese kleine liebevolle Geste von ihrem großen Bruder, Jayden, für B bedeutete.
"Scheiße." Rose nickte nur zu dem einem Wort von Tom, das alles beschrieb."Er schoss mir noch eine Kugel ins Schulterblatt und eine in den Brustkorb. Danach ging er zum Glück und ich konnte meinen Arzt anrufen. Er kam dann mit dem Notarzt. Er hat nur darauf gewartet, dass ich anrufe." Rose ließ ihren Kopf auf ihr Bein fallen und schloss die Augen.
"Jetzt habe ich Verbot für alles. Kein Singen. Kein Tanzen. Kein Kampf. Und erst recht kein Sport."
"Ich sorg dafür, dass alles wieder gut wird. Und wenn ich diesen Typen in die Finger kriege, sorge ich dafür, dass er das Sonnenlicht nicht mehr sieht.", schwor Tom und nahm ihre Hand. Sie sah zu ihm auf. Ohne lang zu überlegen, rückte er näher an sie und zog sie in seine Arme.
"Alles wird wieder gut, Süße."
"Weißt du." Sie sah zu ihm auf und lächelte traurig. "Ich glaube es dir." Wenn jemand, sei es ihre Brüder, sei es Jake oder ihre Eltern, ihr sagten, alles würde wieder gut werden, hat sie es nicht mehr geglaubt. Früher glaubte sie an diese Worte, doch heute traute sie ihnen nicht mehr."Ich glaube dir. Und ich glaube eigentlich niemanden, doch... doch ich glaube dir, Tom. Frag mich nicht wieso, aber ich glaube dir, Tom, dass alles wieder gut wird." Er lächelte und küsste sie auf die Stirn. "Ich weiß, du hältst nicht viel von Hoffnung und Glaube. Tue mir aber den Gefallen und glaub an dieses Stück Hoffnung. Ich werd dich nämlich beschützen. Das verspreche ich."
Sie nickte. Sie würde es tun. An dieses Stück Hoffnung würde sie sich festhalten.Eine Weile blieben sie noch so sitzen. Rose in Toms Armen und in den Himmel schauend. Es war keine klare Nacht. Man erkannte den Mond zu teil. Die Wolken verdeckten ihn und die Sterne, trotzdem war es hell. "Was belastet dich?", brach Tom dann die Stille. Rose sah wieder Tom ins Gesicht. "Dir liegt was auf dem Herzen. Was?" Tom kannte sie zu gut. Er wusste es immer, wenn sie noch etwas sagen wollte oder etwas sie bedrückte. "Meine Brüder."
"Du liebst sie." Tom strich ihr eine ihrer schwarzen Haarsträhnen hinters Ohr. Die Haare hatte sie nicht mehr blau gefärbt. Tom kannte ihre natürliche Haarfarbe. Alles was sie tun musste, war also die blaue Haarsträhne schwarz zu färben, was wesentlich schneller ging. Die Kontaktlinsen und das Tuch trug sie trotzdem. "Und du willst wieder so sein, wie früher.", stellte er fest. Rose nickte. "Ich hab sie lieb. Sehr und ich vermisse es, dass es nicht so ist wie früher." Sie setzte sich auf und schaute Tom direkt ins Gesicht.
"Ich will, dass wir wieder lachen, spaßen und zusammen was machen ohne das wir uns streiten. Ich will keine Geheimnisse mehr zwischen uns. Doch da sind Geheimnisse zwischen uns. Meine Geheimnisse. Sie wissen ja nicht einmal, dass ich Rose bin und ich will es ihnen nicht sagen, weil ich dann meinen ältesten Bruder schwer verletzten würde."
Jayden würde es umbringen, wenn er es erfuhr. Wenn er realisieren würde, dass er seine kleine Schwester ernsthaft verletzt hatte.
"Aber vor allem möchte ich nicht mehr so sein, wie ich jetzt bin. Nicht ganz. Ich will wieder ich selbst sein. Nicht mehr wie früher, aber auch nicht so. Ich fühl mich schlecht. Falsch. Was ich tue ist nicht richtig, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Das alles macht mich fertig. Es bedrängt mich und hängt schwer an meinem Herzen." Die Tränen waren nah dran ihre Augen zu verlassen und ihre Stimme zitterte schon. Seit das alles begonnen hatte, hatte sie mit niemanden je über ihre Gefühle gesprochen, noch sie laut ausgesprochen, jetzt tat sie es.
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The Brothers I lost
Ficção AdolescenteSaphira Halfblood. Ein kleiner Sonnenschein und der kleine Engel ihrer Brüder. Unschuldig. Das trifft auf sie zu. Ihre Brüder beschützten sie vor allen und wollten ihr jeden Wunsch erfüllen. Alles war auch gut, bis zu dem Tag an dem sie ihre Schwest...