Kapitel 2

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Die Woche verging wie im Flug und ihre Eltern hatten sie schon am Mittwoch angemeldet. Ihr war klar gewesen, dass sie dahin musste.
Sie wusste, es würde nicht besser werden, also wem wollte sie etwas vormachen. 

Ihre Eltern hatten, wie versprochen ihren Brüdern nichts gesagt, also wussten sie nicht, dass Saphira zu ihnen aufs Internat kommen würde. Und sie hatte auch nicht wirklich vor, ihnen was zu sagen. Sie würde es solange wie möglich verheimlichen.
Die Frage war nur, wie lang sie es durchhalten konnte. 

"Möchtest du das Bild auch mitnehmen?" Ihre Mutter zeigte ihr ein Bild, auf dem Jayden und Saphira abgebildet waren. Es war einige Monate bevor die Jungs gegangen waren entstanden. Jayden hatte seine zwölfjährige Schwester Huckepack genommen, da es spät geworden und sie eingeschlafen war. 

"Nein, ich will es nicht mitnehmen. Woher hast du das eigentlich?"
"Ich habe es im Schrank gefunden. Bist du dir sicher, dass du es nicht mitnehmen willst?"
"Ganz sicher, Mum."

Mrs. Halfblood legte es auf den Schreibtisch und half Saphira weiter packen. Meistens war ihre Mutter Samstagabends mit ihrem Vater im Internat bei den Jungs, aber heute half sie ihrer Tochter beim Packen. Saphira würde morgen gegen Nachmittag mit ihrer Mutter zum Internat fahren und schon wieder in eine Art neues Leben geschubst werden. 

Sie wusste nur nicht, welches Leben sie lieber hatte.
Das, das sie noch lebte oder das, das sie morgen begrüßen würde.
Saphira tat noch das letzte Buch in ihren Koffer und machte ihn dann zu.

"So. Deine Sachen hätten wir. Fehlen nur noch deine Klamotten."
"Du gibst mir die Sachen, Mum, und ich pack sie dann in den Koffer." Ihre Mutter nickte lächelnd und so packten sie Saphiras Klamotten ein. Eine Stunde später schlossen sie endlich den Koffer.

Saphiras Zimmer sah leerer aus als vorher. Ihre Bilder und Texte wurden abgehängt. In ihren Regalen waren kaum noch Bücher und alles andere war auch schon weg. Das Einzige, was noch vorhanden war, waren einige Kunstsachen und die Klamotten für morgen. 

"Es ist schon spät. Am besten du gehst schnell ins Bett. Ich schau später nochmal nach dir." Während ihre Mutter aus dem Zimmer ging, schaute Saphira sich noch einmal um. Dieses Zimmer würde sie wohl fürs erste nicht mehr brauchen. 

Sie wollte nicht in dieses Internat. Sie wollte nicht zu den Menschen, wegen denen sie so sehr gelitten hatte und wegen denen sie noch immer litt. Die Menschen, denen Saphira egal war.
Das einzige was sie wollte, war einmal lächeln, ohne Angst zu haben.
Ohne zu wissen, dass man bald wieder verprügelt werden würde. 

Ohne zu wissen, dass keiner sie möchte, weil sie zu anstrengend war. Saphira hatte keine wahren Freunde. Alle hatten sich von ihr abgewendet, da sie keine Lust hatten sich mit ihr rum zu schlagen. Sie wäre zu anstrengend, haben sie immer behauptet.

"Ich bin nicht schwach. Ich bin die Stärkste von allen und ich werde es ihnen beweisen. Ich kann alles besser als die Vier." Sie ging ins Bad und machte sich Bett fertig. In ihrem Zimmer fand sie noch das Bild auf ihrem Schreibtisch. 

Saphira nahm es in die Hand und legte es nach kurzem Überlegen in ihren Koffer.
Danach legte sie sich in ihr Bett, aber einschlafen konnte sie nicht.

Eine Ewigkeit lag sie wach und dachte nach. Was wird morgen geschehen? Werden ihre Brüder sie wiedererkennen? Wird sie ihren Brüdern verzeihen? Wird morgen alles zu Ende sein oder wird es schlimmer werden? Sie wusste es nicht, aber sie wusste, sie hatte Angst vor Brad. 

"Spätzchen, bist du noch wach?" Saphira nickte kaum sichtbar. Ihre Mutter setzte sich an die Bettkante und strich ihrer Tochter durch die Haare. "Hast du Angst auf eine neue Schule zu gehen?", fragte ihre Mum.
"Ja. Ein bisschen.", log sie.

The Brothers I lostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt