Kapitel 38

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Sie fiel.
Sie fiel ohne Halt in die Tiefe.
Nur am Rande nahm sie war, wie mehrere Menschen schrien, aber genau zwei Schreie drangen zu ihr durch. Tom, wie er ihren Namen rief und der angsterfüllte Schrei ihrer Mutter, als diese realisiert hatte, dass ihre Tochter fiel und sich sonst was antun konnte.
Rose jedoch stand nur kurz unter Schock. Das war direkt als sie gefallen war.
Sie reagierte und probierte sich irgendwo am Gerüst festzuhalten. Sie schaffte es halt an einer Plattform zu finden, aber das reichte nicht. 

Das Metall drückte stark gegen ihre Finger. Auch der Versuch sich hochzustemmen, scheiterte. Lange würde sie sich nicht festhalten können, da auch die Plattform feucht war. Welcher Idiot war hier oben und hat getrunken?

"Tom!", schrie sie.
"Halt durch! Ich bin gleich da." Tom brauchte ihr zu lang.
Mit einer Hand konnte sie sich schon nicht mehr festhalten und ließ los.
"Tom?" In ihrer Stimme war die Angst zu hören und verdammt die Angst beherrschte sie gerade.
"Süße, ich bin gleich da." Rose wusste, dass Tom sich beeilte und versuchte sich auf etwas Anderes zu konzentrieren.
Sie hörte Toms Schritte, die in der ganzen Halle wiederhallten.
Die Musik war abgestellt worden.
Die Kämpfe eingestellt.
Kein Gespräch zu hören. Man hätte eine Nadel fallen hören können, so leise war es und alle Anwesenden hatten ihre Aufmerksamkeit auf sie gerichtet. Der Schock und die Angst lag jedem im Gesicht geschrieben.
Rose konnte sich bildlich vorstellen, wie ihre Mutter die Hand vor den Mund geschlagen haben wird vor Sorge. Vor Sorge und Angst um ihre geliebte Tochter. 

Das war' s.
Sie konnte sich nicht mehr festhalten und ihre Finger lösten sich erneut von der Plattform.
Einer nach dem Anderen. Ein letzter Versuch sich mit der anderen Hand festzuhalten, aber es klappte nicht. Ihre Finger lösten sich komplett und sie fiel erneut. Ihre Augen waren schon geschlossen. Sie würde nicht schreien und den Aufprall und den Schmerz erwarten. 

Jedoch kam es nicht dazu. Kaum hatten sich ihre Finger gelöst, spürte sie eine raue Hand ihr eines Handgelenk fassen. Als sie die Augen öffnete, sah sie in Toms hellgrünen Augen, die angsterfüllt waren.
"Ich hab dich. Ich hab dich. Alles gut.", sprach er.
Sie nickte, unfähig zu sprechen. Er zog sie auf die Plattform und direkt in seine Arme.
So saßen sie beide auf der Plattform. Tom die Arme beschützend um sie gelegt. Seinen Kopf hatte er auf ihrem abgelegt. Er strich ihr beruhigend über die blauen Haare.
"Alles ist gut. Du bist sicher.", flüsterte er. Unter ihnen hörte man erleichtertes Aufschnappen und Aussagen wie 'Gott sei dank.', 'Zum Glück war Tom da.', 'Ich will mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Tom nicht gewesen wär.', 'Tom ist ein Held.'. 

Tom war ein Held. Ihr Held.
"Danke.", flüsterte sie noch immer etwas benommen an seiner Brust.
"Ich hab doch gesagt, dass ich dich beschütze, Süße." Sie lächelte schwach und er tat es ihr nach. Man merkte, dass auch er noch unter Schock stand. "Sollen wir erstmal nach unten gehen und was trinken, bevor wir weiter machen?", schlug er vor. Sie nickte und probierte aufzustehen.
Mit Toms Hilfe ging das auch, doch schon beim ersten Schritt versagte sie und knickte ein. Glücklicherweise war Tom zu Stelle und hielt sie.
Kurzerhand hob er sie hoch und trug sie runter. Da sie noch immer nicht in der Lage war etwas zu sagen, ließ sie es einfach zu, dass er sie an allen vorbei trug, während ihr Kopf an seiner Brust lehnte. Auch an ihrer Familie und Rose schnappte den besorgten Blick ihrer Eltern auf. Mit einem kurzen Blick verdeutlichte sie ihnen, dass es ihr gut ging.

Na ja. So gut, wie es einem gehen kann, der fast lebensgefährlich von einem Gerüst gefallen wäre. 

"Ich lass dich runter, in Ordnung?", informierte Tom sie und stellte sie dann behutsam wieder auf ihre eigenen Füße. Zur Sicherheit ließ er aber einen Arm um ihre Taille. Er reichte ihr eine Wasserflasche, keine Ahnung, wo er diese her hatte, die sie dankend annahm und aus der sie dann einige Schlucke trank.
"Geht es wieder?", wollte er wissen. "Ja. Es geht langsam wieder."
"Sicher?", versicherte er sich. "Ja. Es war nur der Schock."
"Der sitzt bei mir immer noch. Du hast mir richtig Angst eingejagt."
"Ist doch mein Job.", scherzte sie. "Mach das nie wieder." Ohne auf ihre Aussage einzugehen, sah er sie bittend an. "Versprochen. Ich werd versuchen, dir in Zukunft keinen Schrecken einzujagen." 
Plötzlich zog er sie in eine beschützende Umarmung. "Du hast dir wirklich nichts getan?"
"Nein. Alles noch dran und nicht mal ein Kratzer." Tom nickte. 

The Brothers I lostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt