⌜Fynns gelbe Dachziegel⌝

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Manchmal scheint etwas das Leben zu zerstören, 

obwohl es erst dadurch wieder ermöglicht wird

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A L I C I A

Der Morgen begrüßte mich brutal mit Kopfschmerzen und einem widerlich faden Geschmack im Mund. Stöhnend drehte ich mich auf die Seite und blinzelte, während ich mir langsam meine zotteligen Haare aus der Stirn strich.

Die Sonne schien mir zaghaft ins Gesicht und brachte mich dazu, meine Augen wieder zusammenzukneifen.
Hinter meiner Stirn pochte es so stark, als wäre ich geradewegs gegen einen Laternenpfahl gerannt. Seufzend versuchte ich erneut meine Augen zu öffnen und als ich dann die bunte Bettdecke erkannte, die definitiv nicht zu meiner Zimmereinrichtung gehörte, richtete ich mich ruckartig mit meinem Oberkörper auf.
Vielleicht etwas zu ruckartig, denn im nächsten Moment musste ich mich wieder stöhnend zurückfallen lassen.

Was zur Hölle war gestern geschehen?
Ich brauchte keine Sekunde, bis mir die gelben Dachziegel, der Streit mit meinen Eltern, die Party, der viele Alkohol und Kyran wieder einfielen.
Als ich an Kyrans Berührungen dachte, wurde mir sofort wieder übel und als mir wieder seine überstürzte Beziehungsbekanntgabe bewusst wurde, stöhnte ich sofort erneut auf.
Meine Gedanken liefen weiter und vor meinem inneren Auge erschien die Bushaltestelle, Nate und dann meinen Aussetzer, bei dem ich über die Leitplanke gekotzt hatte.
Nun stöhnte ich noch lauter auf und kniff meine Augen zusammen, in der Hoffnung, so alles ungeschehen machen zu können.

Es konnte doch nicht wahr sein, dass ich tatsächlich bei Nate war, oder?

„Ja, du bist wirklich hier. Aspirin liegt auf dem Nachtschrank." Ich zuckte bei Nates Stimme zusammen und drehte blitzschnell meinen Kopf in seine Richtung.
Vollkommen angezogen stand er im Türrahmen und musterte mich beinahe amüsiert. Konnte er etwa Gedanken lesen?
Ich spürte sofort, wie ich rot wurde und schnell wendete ich wieder den Blick ab.

„Danke", murmelte ich nur und konnte es nicht verhindern, so schnell wie möglich nach dem besagten Aspirin zu greifen. Angestrengt beobachtete ich, wie sich das weiße Pulver in dem Glas Wasser auflöste, nur um Nates Blick auszuweichen.
Es war mir unangenehm, dass er mich gestern so gesehen hatte und ich nun wie eine Leiche in seinem Bett hing.

In langsamen Schlücken trank ich das Wasser aus und versuchte dabei meine Gedanken zu ordnen. Vorsichtig zog ich meine Beine an meinen Oberkörper und meinte, als ich das nun leere Glas wieder auf den Nachtschrank stellte: „Hey..." Meine Stimme versagte mir jedoch und ich musste meinen Kopf schütteln, bevor ich unsicher weiterreden konnte: „...es tut mir Leid mit gestern."

Ich schaffte es kaum Nate in die Augen zu sehen, doch ich bemerkte, wie der amüsierte Ausdruck in seinem Gesicht einem ernsten wich.
Er warf einen Blick über die Schulter, schloss dann die Tür und setzte sich auf den Schreibtischstuhl.

„Das muss es dir nicht, Alicia", sprach er dann und drehte sich auf dem Drehstuhl leicht hin und her.
„Doch." Ich seufzte und schwang meine Beine aus dem Bett. „Das war nicht ich gestern, das musst du mir glauben. Ich hatte irgendwie einen Aussetzer..."

„Irgendwie durch eine gewisse Person namens Kyran?", unterbrach Nate mich und brachte mich somit zum Erstarren.

Ich blinzelte und schüttelte dann langsam den Kopf. Doch Nate hob nur eine Augenbraue an und verschränkte die Arme vor der Brust. Mir wurde wieder bewusst, dass mir gestern im Dunkeln herausgerutscht war, dass Kyran mit mir schlafen und meine Eltern umziehen wollten.

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