J o y c e l i n
🦋Schon nach einer Viertelstunde intensivem Kühlen meines Fußes mit einem Kühlbeutel bin ich schon wieder in der Lage, fast humpelfrei zu gehen. Zwar spüre ich immer noch einen dumpfen Schmerz, doch er ist nun nicht mehr so stark wie ganz am Anfang.
Immer noch kreisen meine Gedanken um Masons Aktion von vorhin, als er mich einfach so von einem Moment auf den anderen - und was das Ganze noch um Einiges schlimmer gemacht hat: Vor den Augen der halben Schülerschaft - hochgehoben und mich ins Innere der Schule getragen hat. Rein theoretisch hätte er mich auch einfach stützen können. Aber ehrlich gesagt will ich mich nicht beschweren.
Allein schon dieses angenehme Kribbeln an jeder Stelle, an der er mich berührt hat, lässt mich komischerweise darüber nachdenken, auf mein Dasein als Mauerblümchen zu pfeifen und stattdessen alles daran zu setzen, Mason näher zu kommen.
Doch der skeptische Teil in mir, der sich auch Verstand nennt, ist glasklar davon überzeugt, dass Masons Hilfsbereitschaft nur geschauspielert und er in Wirklichkeit genauso wie seine besten Freunde ist. Vielleicht spielt er auch nur mit mir und wird mir dann am Ende das Herz brechen, wenn ich mich auf ihn einlasse. Ich kenne ihn nicht gut und weiß sehr wenig über ihn. Also sollte ich die Sache auf keinen Fall überstürzen und außerdem habe ich nicht mal eine Ahnung, was er überhaupt von mir hält.
Mag er mich denn überhaupt? Oder findet er mich einfach nur nervig? Vielleicht findet er mich auch einfach nur okay. Nichts weiter. Nicht mehr und nicht weniger.
Ach, es ist einfach nur frustrierend. Genau deswegen wollte ich mich auch nie verlieben!
Warte. Was? Okay, ich drehe eindeutig durch. Wird Zeit, dass ich wieder zurück in den Unterricht gehe und mich auf andere Gedanken bringe.
Ich stehe also auf und gebe Mrs. Adams den Kühlbeutel zurück, die mich erst nicht gehen lassen wollte. Doch als ich ihr schließlich versichere, dass mein Fuß wieder in Ordnung ist, stimmt sie dann zum Glück zu und ich mache mich auf den Weg zum Klassenzimmer. Dabei schlendere ich durch die stillen Schulgänge und meine Schritte hallen, da sonst gähnende Leere herrscht.
Nach einigen Minuten komme ich dann vor dem Klassenzimmer an und klopfe kurz, bevor ich die Türe öffne. Als ich eintrete, starrt mich Mr. Morris bereits mit wütendem Blick an und augenblicklich rutscht mir das Herz in die Hose. Das sieht nicht gut aus. Bekomme ich jetzt Anschiss?
»Ms. Andrews! Sie sind zu spät, junge Dame. Darf ich fragen, was oder wer Sie aufgehalten hat?« Ich merke, wie ich komplett rot anlaufe. Ein verärgerter Lehrer und zwanzig Schüler, deren Augen nur auf mich gerichtet sind, während die Neugierde in ihren Gesichtern dick und fett geschrieben steht.
Mein Mund klappt auf, doch wie zu erwarten verlässt kein Ton meine Lippen. Mein Mund klappt wieder zu und ich lasse meine Schultern sacken. Soll ich jetzt ernsthaft meine Notizzettel und meinen Kulli auspacken und aufschreiben, was passiert ist? Aber das würde doch viel zu lange dauern. Andererseits hat er danach gefragt...
»Ach ja, stimmt...«, murmelt Mr. Morris nun eher zu sich selbst, dem nun zu dämmern scheint, wen er hier vor sich hat. Das stumme Mauerblümchen.
»Es gab kurz vor Schulbeginn eine Schlägerei, in welcher tragischerweise auch Joycelin leicht verletzt wurde. Jemand hat sie ins Krankenzimmer gebracht.« Die tiefe Stimme kommt von irgendwo ganz hinten im Raum her und ich drehe mich zu ihr um, nur um kurz darauf in klare blaue Augen zu sehen. Arthurs Blick liegt starr auf mir und ich nehme nur nebenbei mit, wie Mr. Morris schließlich nickt und mir endlich sagt, dass ich mich setzen kann.
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Shutterfly
Teen FictionJoycelin Andrews ist eigentlich ein ganz normales Mädchen. Mal ganz davon abgesehen, dass sie stumm ist und ihr Garten im Sommer von Schmetterlingen nur so wimmelt. Sie ist der Inbegriff des Einzelgängers und lebt die meiste Zeit in ihrer eigenen kl...