• S E C H S •

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M a s o n
🦋

So nah war ich Joyce noch nie. Auch, wenn die Umstände vielleicht nicht so prickelnd sind, strömen doch Glücksgefühle durch meinen ganzen Körper und mein Herz klopft wie verrückt.

Ich sehe ihr an, dass ihr die ganzen Blicke, die nun auf uns liegen, richtig unangenehm sind und beeile mich deshalb umso mehr, ins Schulgebäude zu gelangen. Dabei achte ich, dass sie nirgendwo mit ihrem Fuß hängen bleibt, an dem sie sich anscheinend beim Sturz verletzt hat.

Diese blöden Idioten. Was will man auch mitten auf einem Platz voller Leute eine Schlägerei anfangen? Haben die kein Hirn?

Als wir endlich im Inneren der Schule sind, in welchem wesentlich weniger Schüler sind als draußen, steuere ich direkt auf das Krankenzimmer zu, das in der Nähe des Sekretariats liegt.

Dort angekommen bleibe ich kurz stehen und überlege, wie ich die geschlossene Türe vor uns mit Joyce im Arm am besten aufbringen soll. Doch da hat sie schon ihren Arm ausgestreckt und drückt die Türklinke herunter und stößt die Türe auf.

Leise lache ich, da sie mir danach einen Blick zuwirft, der so viel sagt, wie »Meine Arme sind immer noch unverletzt.«

Mit einem kleinen Lächeln trage ich sie schließlich hinein, wo sofort Mrs. Adams auf uns zugestürzt kommt und mich beordert, Joyce auf eine Liege zu legen, während ich ihr erzähle, was passiert ist.

Mrs. Adams wendet sich dann an Joyce und diese deutet auf ihren rechten Fuß, den sie versucht zu bewegen. Doch daraufhin verzieht sich ihr wunderschönes Gesicht zu einer schmerzverzerrten Miene. Unbehagen macht sich in mir bereit.

»Sie können jetzt gehen, Mr. Collister. Der Unterricht beginnt gleich. Ich werde mich um sie kümmern.«

Warte. Was? »Ich lasse sie nicht alleine. Ich habe sie hereingetragen, also trage ich sie auch wieder heraus«, antworte ich im Brustton der Überzeugung und merke erst zu spät, was ich da soeben gesagt habe. Mit geweiteten Augen sehe ich zu Joyce, die mich ebenfalls anstarrt, als stünde hinter mir ein Geist. So war das allerdings nicht gedacht!

»Also... Ich meinte natürlich, falls sie nicht richtig auftreten kann und sie Hilfe beim Gehen braucht, bin ich gerne für sie da und stütze sie«, versuche ich mich noch ein bisschen zu retten, doch ich scheitere kläglich.

Plötzlich holt Joyce im nächsten Moment ihre Notizzettel und ihren Kugelschreiber hervor und beginnt eilig zu schreiben. Dann reicht sie mir den Zettel und ich beginne zu lesen.

[Ist schon in Ordnung. Geh ruhig zum Unterricht. Ich komme klar. Danke für deine Hilfe.]

Ich seufze tief, ehe ich den Zettel in meine Hosentasche stopfe und sie nochmals mustere. Ihre grauen Augen sind durchgehend auf mich gerichtet und von hier aus kann ich sogar ihre kaum sichtbaren Sommersprossen sehen, die wirklich unglaublich süß sind. Am liebsten würde ich mich ihr nähern und sie zählen.

Okay. Und das ist der Moment, in welchem das Ganze selbst in meinen Ohren unnormal lächerlich und zum Schreien komisch klingt. Ich gebe mir einen Ruck und rede mir ein, dass es besser ist, wenn ich wirklich zum Unterricht gehe. Sonst würde das Risiko immer größer werden, dass ich etwas sage, das ich eigentlich nicht laut aussprechen wollte und so könnte ich möglicherweise das zerstören, was Joyce und ich gerade zwischen uns aufbauen.

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