• E P I L O G •

420 25 7
                                    

Ein Jahr später...
🦋

Heute ist offiziell der erste Tag des Sommers. Das weiß ich, da ich schon seit Wochen darauf hingefiebert habe. Denn dann würde man endlich sehen, wie sehr sich all die harte Arbeit das ganze Jahr über gelohnt hat.

Als ich die Augen aufschlage, ist es noch ziemlich früh und das, obwohl wir keine Schule haben. Draußen ist es trotzdem schon etwas hell, da die Sonne gerade aufgeht und den Himmel in einen wunderschönen Rosaton färbt und die Wolken gräulich erscheinen. Ich kann auch schon vereinzelt Vögel zwitschern hören. Und Maces leises Schnarchen neben mir.

Ich drehe meinen Kopf zur Seite, wo mein Freund neben mir liegt, das Gesicht völlig entspannt und die Lippen ein wenig geöffnet.

Wie immer hat er einen Arm besitzergreifend um meinen Bauch geschlungen, was es mir jedes Mal fast unmöglich macht, vor ihm aufzustehen, ohne ihn aber zu wecken.

Deshalb bleibe ich noch eine Weile so liegen, bis ich es nicht mehr aushalte und seinen Arm vorsichtig entferne. Mit einem beleidigten Grummeln dreht er sich auf die andere Seite, nur um mal wieder so knapp am Rand zu liegen, sodass sein linker Arm und sein Bein aus dem Bett hängen. Ich schmunzle nur.

Trotz der frühen Uhrzeit treffe ich unten überraschenderweise nicht nur Judy in der Küche, die gerade das Frühstück zubereitet, sondern auch Savannah. Als sie mich bemerken, blicken sie beide lächelnd auf und wünschen mir einen guten Morgen. Ich lächle zurück.

Als ich mich neben meiner besten Freundin auf einen der Barhocker an der Kücheninsel fallen lasse, seufze ich leise auf.

Knapp ein Jahr ist es jetzt her, seitdem Dad und ich offiziell bei den Collisters eingezogen sind. Ich habe mich so schnell daran gewöhnt, meinen Freund und meine beste Freundin jeden Tag zu sehen, dass es mich traurig stimmt, dass dies bald nicht mehr der Fall sein wird.

Denn Dad hat endlich genug Geld angespart, um sich eine Wohnung hier ganz in der Nähe zu kaufen. Und ich werde mit ihm gehen. Naja, zumindest halb. Wahrscheinlich werde ich sowieso jede zweite Woche hier verbringen, da ich ebenfalls bei Mace Zuhause bin. Aber ich wollte Dad nicht allein lassen. Immerhin gab es eine Zeit, in der wir nur uns hatten. Und Mace und Sav verstehen es auch. Aber trotzdem.

Ich beschließe, erst einmal nicht mehr darüber nachzudenken, dass es nächste Woche schon losgeht. Stattdessen wird die Stille von meinem Magenknurren durchbrochen, was Judy und Sav auflachen lässt.

»Hast du Hunger?«, fragt Judy mich grinsend, die gerade Eier in der Pfanne umherschiebt und mich wissend ansieht.

Nach wie vor ist es ein komisches Gefühl, keine Notizzettel mehr parat zu haben, auf die ich zurückgreifen kann. Schon seit sechs Monaten habe ich sie kaum noch dabei, sondern trainiere meine Stimme so oft ich kann. Um irgendwie meinen Mutismus zu besiegen, der mich schon eine lange Zeit begleitet und mein Leben negativ beeinflusst hat. Alle unterstützen mich dabei und haben Geduld mit mir, da es mir manchmal noch etwas schwerfällt, meine Stimme zu benutzen. Aber es bessert sich stetig.

Und mein heutiges Training beginnt damit, Judy mit »Ja, sehr«, zu antworten.

❁❁❁

So wirklich redselig bin ich nicht geworden, als ich wieder zu sprechen begonnen habe. Aber ich lache mehr. Und es fühlt sich so gut wie nie an, mein Lachen zu hören. Es lässt mich freier fühlen und nicht mehr so eingeschränkt wie vorher.

Doch heute ist ein Tag, an dem ich nicht weiß, ob ich lächeln oder traurig sein soll. Denn heute feiern wir alle zusammen, also Mace, Sav, Dad, Ryan, Mara und ich, dass wir endlich sehen können, wie sehr sich die harte Arbeit, die wir alle in den Garten gesteckt haben, gelohnt hat. Gleichzeitig ist es aber auch eine Art Abschiedsfeier für Dad und halb für mich.

ShutterflyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt