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M a s o n
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Ich tue mich richtig schwer, mich die gesamte Zeit über auf den Verkehr zu konzentrieren und dafür zu sorgen, dass wir heil zuhause ankommen. Nachdem mir Sav erklärt hat, dass Joyce und sie kurzfristig beschlossen haben, etwas zu unternehmen, bin ich doch überrascht, dass Joyce dem Ganzen zugestimmt hat. Zumindest hat sie auf mich immer so gewirkt, als wäre sie am liebsten alleine und ist immer tief in Gedanken versunken, wenn sie gerade nichts zu tun hat. Aber vielleicht täusche ich mich ja und in Wirklichkeit ist sie ganz anders, als ich sie anfangs eingeschätzt habe. Noch kenne ich sie nicht so gut. Aber ich hoffe, dass sich das bald ändert.

Nichtsdestotrotz muss ich die ganze Zeit durch den Innenspiegel nach hinten sehen, wo Joyce sitzt und still aus dem Fenster sieht, während Häuser und Bäume an uns vorbeiziehen. Wieder einmal kann ich ihre süßen Sommersprossen sehen und als sie plötzlich ihren Kopf dreht und mich ebenfalls durch den Spiegel aus ansieht, beginnt mein Herz zu rasen. Sofort wende ich mich wieder der Straße zu und seufze ganz leise, als wir vor einer roten Ampel stehen.

Ich wage noch einen Blick durch den Spiegel und bemerke, dass sie mich immer noch ansieht. Die Zeit scheint stillzustehen und wir lassen uns nicht aus den Augen, als würden wir uns so gegenseitig fragen, wer der jeweils andere eigentlich ist. Was hat sie zu der Person gemacht, die sie heute ist? War sie schon immer stumm? Hat sie Geschwister? Ich habe so viele Fragen und keine Antwort. Ich weiß nicht, ob ich sie einfach danach fragen soll. Vielleicht sollte ich auch warten, bis sich dafür ein passender Moment ergibt, damit wir uns in Ruhe kennenlernen können. Wenn sie das überhaupt will.

»Mace, es ist schon längst grün.« Schon reiße ich meinen Blick von Joycelin los und starre stattdessen meine Schwester verständnislos an. Diese deutet nur mit hochgezogenen Augenbrauen auf die Ampel, die tatsächlich grün leuchtet, während gleichzeitig das Auto hinter mir zu hupen beginnt. Dann scheint mein Gehirn endlich zu begreifen und ich fahre weiter.

Aus Savannahs Kehle dringt ein undefinierbares Geräusch, ehe sie zu lachen beginnt und ein kurzer Blick durch den Innenspiegel zeigt mir, dass auch Joyces Lippen ein leichtes Schmunzeln ziert. Na, dann ist es mir auch wert, dass auf meine Kosten gelacht wird. Auch auf meinem Gesicht breitet sich ein kleines Lächeln aus und ich schüttle nur den Kopf über mich selbst.

Himmel, was stellt dieses Mädchen nur mit mir an?

❁❁❁

Kurz sehe ich die Überraschung in ihrem schönen Gesicht stehen, ehe sich wieder diese undurchdringliche Maske davor schiebt. Aber ich habe genau gesehen, wie sich ihre Augen bei dem Anblick unseres großen Zuhauses geweitet haben. Ich muss mir deswegen ein Schmunzeln verkneifen und schließe stattdessen das Auto ab, ehe ich hinter Sav und Joyce gehe und in das Haus verschwinde.

Drinnen ziehen wir uns erst einmal die Schuhe aus und lassen auch unsere Rucksäcke neben den Schuhen liegen. Niemand von uns denkt jetzt an Hausaufgaben und ehrlich gesagt möchte ich die Zeit, in welche Joyce hier ist, auch nicht mit solchen Dingen verschwenden. Zur Not schreibe ich sie morgen einfach bei Cody ab. Er ist ein richtiges Superhirn und ich bin froh, ihn als Freund bezeichnen zu können. Wir profitieren sogar beide aus dieser Freundschaft. Er lässt mich öfter mal Hausaufgaben anschreiben, während ich dafür sorge, dass Cameron, Crystal oder wer auch immer ihn nicht zur Zielscheibe von Mobbingattacken macht.

»Da seid ihr ja wieder! Oh, wen habt ihr denn da mitgebracht?« Judy kommt aus der Küche herbeigeeilt. Ihre etwas gräulichen Haare hat sie zu einem Dutt hochgesteckt, während sie komischerweise einen lila Pullover trägt, obwohl es immer noch Sommer ist. Aber Judy soll einer mal verstehen. Sie trinkt auch gerne in dieser Jahreszeit heiße Schokolade und genehmigt sich dann im kältesten Winter ein Eis.

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