• S E C H S U N D V I E R Z I G •

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M a s o n
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Joyce ist ein nervöses Wrack, als wir nur noch darauf warten, dass ihr Dad mitsamt den Koffern durch die Haustüre spaziert. Unruhig tigert sie im Wohnzimmer auf und ab und rauft sich die Haare. Ab und zu wirft sie mir auch einen verzweifelten Blick zu, doch ich weiß nicht, wie ich ihr helfen soll. Wir müssen es ihrem Vater sagen. Es führt kein Weg daran vorbei.

Mir bleibt deshalb nichts anderes übrig, als ihr immer wieder zu versichern, dass alles gut werden würde und ich sie nicht allein lasse. Irgendwann habe ich sie so weit gebracht, sich hinzusetzen und eine Kleinigkeit zu essen. Doch sobald ihr Teller leer ist, steht sie auch schon wieder auf und streift nachdenklich durch den Raum.

Ich muss zugeben, dass mich ihre Nervosität ansteckt. Auch ich fürchte den Moment, in welchem die Haustüre aufgeht und ich kann nicht mal sagen warum.

Es gibt keine andere Möglichkeit als dass er uns glaubt. Alles andere wäre unlogisch.

Ich bin gerade dabei, die Teller in die Spülmaschine zu räumen. Joyce ist mir in die Küche gefolgt und sieht mich aus leeren Augen an.

»Ich verstehe echt nicht, warum du dir den Kopf darüber zerbrichst, ob dein Dad dir glauben wird oder nicht. Hör auf, dir Sorgen zu machen«, erwidere ich seufzend, ehe ich auf sie zugehe und sie in die Arme schließe.

Ruhig atmend legt sie ihren Kopf auf meine Brust und zuckt nur mit den Schultern.

Nach einem Moment schiebe ich sie sanft von mir, damit ich ihr ins Gesicht sehen kann. »Sollen wir uns einen Film ansehen?«, frage ich dann, um sie auf andere Gedanken zu bringen.

Mit einem kleinen Lächeln nickt sie und ich will gerade losgehen, als sie mich zurückhält. Ehe ich mich versehe küsst sie mich auch schon. Erst bin ich ein wenig überrumpelt, fange mich aber recht schnell wieder und küsse sie mit Leidenschaft zurück. Sanft umfasse ich ihr Gesicht mit meinen Händen. Mein Herz schlägt schneller als sonst, als mir wieder und wieder bewusst wird, wie verdammt glücklich ich mich schätzen kann, dass ein Mädchen wie sie sich in mich verliebt hat.

Als wir schließlich ins Wohnzimmer zurückgehen, lasse ich ihr die Auswahl, welchen Film wir anschauen. Ich versinke sowieso die ganze Zeit in Gedanken, also werde ich vom Film herzlich wenig mitbekommen.

Ich mache es mir auf dem weißen Sofa bequem und muss prompt an das letzte Mal erinnern, als ich darauf saß. Da haben wir ein altes Video von Joyce als kleines Kind angesehen und ich habe ihre Stimme das erste Mal gehört.

Und an diesem Tag hat Angelina auch die Bombe mit der Schwangerschaft platzen lassen. Daran kann ich mich noch sehr genau erinnern.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir das Kind einfach nur leid tut. Eine Mutter wie Angelina sollte keiner haben und ich bezweifle auch stark, dass sie überhaupt dazu imstande ist, eine gute Mutter zu sein. Ich hoffe nur, dass sie wenigstens ihr eigenes Kind besser behandelt als Joyce.

Wenn sie es überhaupt behält.

Denn ich denke, dass sie sich absichtlich hat schwängern lassen. Damit dachte sie, dass sie sich mehr an Joyces Dad binden kann. Sie hat bestimmt Hoffnungen gehegt, dass sie dann an seiner ersten Stelle steht anstatt Joyce. Doch jetzt, wo ihre Ehe zerstört ist, würde es keinen Grund mehr für sie geben, das Kind zu behalten.

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