• E I N U N D Z W A N Z I G •

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J o y c e l i n
🦋

Natürlich schwirre ich die ganze Zeit wie ein nach Aufmerksamkeit bettelnder Hund um meinen Dad herum, sobald dieser mit seinem Koffer durch die Tür gerumpelt kommt. Kaum eine Sekunde vergeht, die ich nicht im selben Raum wie er verbringe, was vielleicht daran liegt, dass ich ihn schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen habe und sich seitdem vieles in meinem Leben geändert hat. Denn jetzt habe ich Freunde, die für mich da sind, wenn ich sie brauche.

Eigentlich hat Angelina schon den ganzen Tag verplant, indem sie erst irgendwo in der Stadt Mittagessen gehen und danach etwas lustiges unternehmen -natürlich bin ich nicht Teil des Plans- aber Dad schlug vor, das alles auf später zu verschieben, da er sich erst einmal Zeit für mich nehmen möchte. Das hat Angelinas Gesicht sofort rot verfärbt, trotzdem schwieg sie und ließ uns in der Küche alleine zurück, wo Dad und ich am angrenzenden Essbereich bestehend aus einem altmodischen Holztisch und den dazu passenden Stühlen besteht, sitzen.

»Das freut mich wirklich sehr für dich, dass du endlich wieder Anschluss gefunden hast. Du weißt, dass du sie gerne jederzeit zu dir nach Hause einladen darfst, oder?«, meint Dad, der danach einen großen Schluck von seinem noch dampfenden Kaffee nimmt. Dass es bereits später Mittag ist, spielt dabei keine Rolle. Normalerweise macht Dad immer ein Nickerchen, wenn er von einer Geschäftsreise nach Hause kommt, da es ihn ziemlich erschöpft. Deshalb war ich auch erstaunt, als er mich gefragt hat, was bei mir zurzeit los ist und wie die Schule läuft.

Und dass Dad so großes Vertrauen in mir hat, kommt wahrscheinlich daher, dass ich ihm nie einen Grund gegeben habe, es nicht zu tun. Deshalb nicke ich nur.

Es ist ein schönes und auch befreiendes Gefühl, dass Dad wieder für einige Zeit zurück zuhause ist und ich nicht mehr mit Angelina alleine bin. Ich habe ihn vermisst und würde ihn am liebsten nochmal umarmen, obwohl ich das heute schon ziemlich oft gemacht habe. Ich bin richtiggehend erleichtert, da ich mir doch schon immer Sorgen darüber mache, was ihm bei diesen Reisen zustoßen könnte. Allerdings kann ich jetzt fürs Erste entspannen und das mache ich auch. Naja, zumindest solange, bis Angelina plötzlich perfekt gestylt in die Küche platzt und unser Gespräch unterbricht, indem sie mit drängender Stimme nachfragt, wann wir fertig sind, damit Dad und sie aufbrechen können.

Mit einem tiefen Seufzer erhebt Dad sich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn, ehe er seinen Kaffee in einem Zug leert und diese dann kurz im Waschbecken abspült. Währenddessen leuchtet mein Handy auf, das vor mir auf dem Tisch liegt und ich nehme es in die Hand.

Em und ich wollen in die Stadt zum Shoppen. Wir holen dich in einer Stunde ab, wenn du nicht absagst. Und wehe, du hast keine Zeit! Also, bis später!
Savannah

Schmunzelnd lege ich das Handy wieder zur Seite. Genau in dem Moment wendet sich Dad an mich. »Nagut, dann breche ich mal mit Angelina auf. Wir sind pünktlich zum Abendessen wieder zurück. Wenn-«

»Naja, vielleicht gehen wir auch noch irgendwo schick essen. Man weiß ja nie, auf was man spontan Lust bekommt. Also warte lieber nicht auf uns«, unterbricht Angelina ihn und sieht mich dabei mit einem siegessicheren Lächeln an, während sie ihre Augenbrauen herausfordernd in die Höhe gezogen hat. Ihren hämischen Blick bemerkt Dad nicht, da er ihr den Rücken zugewandt hat. Nach einem Moment der Verwirrung fährt Dad schließlich fort.

»Okay, dann warte lieber nicht auf uns mit dem Abendessen. Sollte irgendetwas sein, dann kannst du mich jederzeit auf dem Handy erreichen.«

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