der achte Stock

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Wir  folgen einer chronisch gehetzten Hestia durch die riesige Wagenhalle zu  den Aufzügen. Ich bin noch nie Aufzug gefahren, die meisten Gebäude,  die ich je betreten habe, sind sowieso nur einstöckig und hätten einen  Aufzug überhaupt nicht nötig, abgesehen davon, dass der Aufzug, den ich  nun gemeinsam mit den anderen betrete, in etwa so groß ist wie unsere  Hütte zuhause in Distrikt 8. Das einzige mehrstöckige Gebäude außer dem  Trainingscenter, in dem ich bisher gewesen bin, ist das Justizgebäude,  in das Sash und ich gestern zur Verabschiedung geführt wurden.

Gestern.  Gestern war ich noch zuhause in Distrikt 8. Es kommt mir vor wie eine  halbe Ewigkeit, aber die Ernte hat gerade einmal vor etwas mehr als 24  Stunden stattgefunden. Wie sehr wünsche ich mir, diese Stunden einfach  ungeschehen zu machen. Wie schön wäre es, morgen früh zuhause in meinem  bequemen Strohbett in Distrikt 8 aufzuwachen, zu frühstücken und  anschließend durch die Straßen von meiner Heimat zu schlendern, die  schmutzige Luft einzuatmen. Habe ich mich zuhause immer über die  schlechte Luft beklagt, vermisse ich nun sogar sie. Nicht gerade  verwunderlich bei der klinisch sauberen Luft, die sowohl im Zug als auch  hier im Aufzug und im gesamten Trainingscenter herrscht. Ich kann mir  nicht vorstellen, dass das viel gesünder ist als die verpestete Luft bei  uns in Distrikt 8.

Der Aufzug gleitet beinahe lautlos nach oben.  Ich schließe die Augen, als der Boden unter mir zu schwanken beginnt.  Das Ding besteht gänzlich aus Glas, sodass man sehen kann, wie der Boden  unter einem immer tiefer hinabsinkt. Ich hasse diese Schwebe, die ich  trotz der geschlossenen Augen immer noch wahrnehmen kann. Ich bin lieber  mit beiden Füßen fest auf den Boden, wenn ich dann falle, ist es nicht  tief, wohingegen... sollte der Aufzug abstürzen, wären wir sicherlich alle  tot.

Nein, daran will ich nicht denken. Ich bin unendlich  erleichtert, als der Aufzug endlich zum Stehen kommt und sich die  gläsernen Türen zu unserem Stock öffnen. Jedem Distrikt ist eine ganze  Etage zugeteilt. Wir, die wir aus Distrikt 8 kommen, wohnen bis zum  Beginn der Spiele im 8. Stock.

Alleine der Eingangsbereich  unserer Etage ist riesig. Im Gegensatz zu unserem Stock waren die  Zugabteile offenbar sehr schlicht und unscheinbar. Wenigstens glänzt der  Boden hier nicht so stark wie im Zug. Im Eingangsbereich wie auch im  Ess- und Wohnbereich, die offen ineinander übergehen, ist ein heller,  leicht gemusterter Parkettboden. Die Wände sind in hellem Grün gehalten,  während die Möbel zumeist pinkfarben sind. Vom Eingangsbereich führt  eine breite, elegante Treppe hinunter in den Wohn- und Essbereich. Zu  meiner Linken stehen zwei große pinke Sofas, die zu einer extravaganten  Bildschirmfläche an der Wand ausgerichtet sind. Unter einem tiefen  Glastisch, der zwischen den Sofas und dem Fernseher steht, befindet sich  ein grüner, weicher Teppich.

Zu meiner Rechten befindet sich  der Esstisch. Dieser besitzt ebenfalls eine große, leicht grün  schimmernde Glasplatte und ist umgeben von sechs elegant mit pinkem  Stoff umspannten Stühlen. Über dem Tisch schwebt ein mächtiger  Kronleuchter. An der gegenüberliegenden Wand befindet sich eine  gewaltige Fensterfront, durch die man hinaus auf die belebten Straßen  des Kapitols blicken kann. Rechts hinter dem Esstisch führt eine kleine  Treppe auf einen breiten Gang.

Hestia zeigt mir mein Quartier und  lässt mich anschließend allein. Mein Zimmer ist noch beeindruckender  als jenes im Zug. Es ist mindestens fünfmal so groß wie unsere Hütte  zuhause, das Bad noch nicht einmal miteinbezogen. Auch hier sind die  Wände grün gestrichen mit Ausnahme einer großen Fensterfront gegenüber  der Tür. An der rechten Wand steht ein, ebenfalls pinkfarbenes,  Doppelbett mit einer grünen Seidenbettwäsche, dicken Kopfkissen und  einer dicken Bettdecke. Direkt daneben stehen ein Nachttisch und ein  riesiger Schrank, auf dessen linker Tür sich ein kleiner Bildschirm  befindet. An derselben Wand wie die Tür steht eine kleine Kommode mit  einem gemütlichen Sessel. An der linken Wand wiederum gibt es eine  Flügeltür, die vermutlich ins Badezimmer führt und ein mannshoher  Spiegel sowie ein weiterer pinkfarbener Sessel. Wie auch im Zug besteht  der gesamte Boden des Zimmers aus Teppich; hier hat er denselben Farbton  wie die Wände.

Die 101. Hungerspiele★ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt