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Der nächste Morgen beginnt mehr oder weniger gut. Kurz vor Sonnenaufgang weckt Bez mich über das Kommunikationssystem und setzt eine Trainingseinheit an. So schnell wie möglich dusche ich und ziehe mir Sportklamotten an. Mit klitschnassen Haaren betrete ich genervt die Küche, in der Bez schon mit einem Espresso in der Hand auf mich wartet. „Runter damit. Auch du kannst aus der Übung kommen, und das wollen wir ja nicht." Wie kann man nur so früh am Morgen schon so wach sein? Ich stürze den Espresso runter und folge Bez in den Flur. „Ich zeige dir jetzt auch den Keller. Unsere mobile Einsatzzentrale." Er öffnet den Garderobenschrank, schiebt alle Jacken zur Seite und presst seine linke Hand auf die Rückwand. Die öffnet sich lautlos nach innen und gibt den Blick auf eine schmale, hell erleuchtete Treppe frei, die unbestimmt weit nach unten führt. Bez geht vor, ich folge ihm neugierig. Kaum befinde ich mich auf der Treppe, da schließt sich die Tür hinter mir. „Automatischer Modus, verhindert Unachtsamkeit." Der Raum, der mich erwartet, toppt sogar mein geheimes Waffenarsenal. Neben den üblichen tausenden Bildschirmen befinden sich ein hell erleuchteter Boxring, eine voll ausgestattete Küche und ein offenes Schlafzimmer unter der Erde. „Wow. Welcher Architekt plant solche Häuser eigentlich immer?" Bez zuckt mit den Schultern. „Da musst du die Abteilung fragen, in der die verschiedenen Immobilien verwaltet werden." Er klettert in den Boxring und winkt mich zu sich. Umständlich klettere ich über die Ringbegrenzung und falle dabei fast nach hinten um. „Wer denkt sich so was denn aus? Ist ein Gummiseil nicht etwas riskant?" Bez lacht mich aus. „Halt doch einfach die Klappe", nuschele ich in meinen nicht vorhandenen Bart. Er grinst immer noch, als ich endlich vor ihm stehe, fängt sich aber schnell wieder, als ich fast einschlafe. „Hallo!" Er klatscht mit den Händen neben meinem Ohr, sodass ich aufschrecke. „Nicht wieder schlafen!" Er reicht mir eine Rolle Tape und fordert mich auf, es richtig aufzukleben. Verzweifelt schaue ich ihn an. „Galia hat das für mich gemacht, das eine Mal, als ich geboxt habe." Er verdreht die Augen. „Erstens: Wir werden nicht boxen. Zumindest nicht nur. Und zweitens solltest du das können." Ich versuche es. Das weiße Band klebt allerdings bald nicht nur an meinen Händen, sondern auch an meinen Beinen und die kleben auf dem Boden fest. „Wie geht so was? In allem bist du geschickt, aber mit Tape klebst du dich selbst am Boden fest?" Ertappt schaue ich auf nach unten und zähle die Punkte auf meinen Sportsocken. Bez seufzt laut hörbar und beginnt, mich vom Boden zu lösen. „Ich mache das schon. Nicht bewegen." Wie auch? Vorsichtig zieht er das Tape von meinen Händen ab und kommt mir dabei ziemlich nah. Ich kann seine Wärme spüren, die aus seinem T-Shirt weicht und seine Hände, die mich überaus vorsichtig aus meiner misslichen Lage befreien. Einen Moment setzt mein Herz aus und bringt mich dazu, ein wenig schneller zu atmen. Und irgendwie folgt mein Hirn dem Aussetzer meines Herzens. Ohne Vorwarnung beginne ich, Bez zu küssen. Anfangs zögert er, doch kurz darauf ist er über mir und nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Bist du dir sicher?" Ich schüttele den Kopf. „Absolut nicht. Mach weiter!"


Victories (Buch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt