Den Abend verbringen wir damit, echte italienische Pizza zu essen und erneut über den Plänen zu hängen und den Plan durchzugehen. Völlig erschöpft werde ich von Doc früh ins Bett geschickt und schlafe sofort ein.
Der nächste Morgen beginnt damit, dass Bernie mir einen Schlüssel überreicht und mich mit Fothy in den Keller schickt, um meine Ausrüstung zu holen. Abgesehen davon, dass ich von einem Keller nichts wusste, bin ich froh, den Raum mit Bez zu verlassen. Die ganze Zeit starrt er reaktionslos vor sich hin. Vermutlich könnte ich ihn mit einem Basketball abwerfen und er würde es nicht einmal bemerken! Fothy lotst mich zu einer schmalen Tür hinter der Küche und schiebt mich durch deren Rahmen. Hier ist es stockdunkel und beinahe wäre ich die kleine steile Treppe hinuntergefallen, wenn er mich nicht im letzten Moment noch am Kragen gepackt hätte. „Wenn es heißt, geht in den Keller, kann man doch davon ausgehen, dass man den Keller im Stockwerk unter dem Erdgeschoss findet. Und normaler Weise gelangt man da über Treppen hin", bemerkt Fothy sarkastisch und tätschelt meine Schulter. Ich schneide ihm eine Grimasse und taste mich blind nach unten, wo ich vor einer weiteren Stahltür stehen bleibe, die ich jetzt zum Glück vorher erfühlt habe. Im nächsten Moment höre ich ein Klicken und eine kleine aber starke Glühbirne leuchtet über meinem Kopf auf. „Und da wir nicht im Mittelalter leben, gibt es hier sogar schon Strom." Ich verkneife mir einen bissigen Kommentar und deute nur auf die Tür, für deren Schloss Bernie uns anscheinend den Schlüssel ausgehändigt hat. Auf das, was uns dahinter erwartet, hat uns keiner vorbereitet. Mir klappt die Kinnlade herunter, bei Fothy sieht es nicht anders aus. „Gut, das mit dem Mittelalter nehme ich hiermit offiziell zurück." Fassungslos betrete ich den Keller und drehe mich einmal um meine eigene Achse. „Das ist nicht normal." Fothy tritt begeistert an den größten Schrank heran und streicht mit den Fingern ehrfürchtig über dessen Inhalt. Um die Sache kurz zu machen: Wir stehen in einem Raum, dessen Wände direkt in die Erde und den Fels unter dem Haus gehauen sind. So wie es aussieht, könnte es tatsächlich sein, dass uns jeden Moment von der Hitze verzweifelte Regenwürmer auf den Kopf fallen. Die einzige Lichtquelle des Raumes stellt eine Stehlampe dar, die alleine in einer Ecke steht und unsere Schatten an die Wand gegenüber wirft. Aber das alleine würde ja nicht als Kuriositätenkabinett durchgehen, deshalb hat der Erbauer dieses Hauses die Regale an den Wänden mit mittelalterlichen Prunkwaffen ausgestattet, an denen sichtbar der Zahn der Zeit nagt. Die einzigen Sachen, die mich zu interessieren haben, nämlich zwei glänzende neue Stahlkisten, stehen direkt neben der Tür. Aber bei diesem Waffenarsenal ist meine Aufmerksamkeit erst einmal hin. Wie zwei kleine Kinder schnappen Fothy und ich uns ein Schwert und beginnen damit zu kämpfen. Aber egal wie ich mich bewege, Fothy scheint meine Gedanken zu lesen und blockt jede Attacke ab. „Wie machst du das nur?", keuche ich zwischen zwei Schlägen. „Ich war mal Jugendmeister im Fechten." „In der Steinzeit gab es diesen Sport schon?", witzele ich und kassiere dafür direkt die Quittung in Form einer Entwaffnung, die meinen Degen irgendwie hoch durch die Luft wirbeln lässt und schließlich auf dem Biden in der Ecke landet. Geschlagen hebe ich meine Arme hoch, falle auf die Knie und ergebe mich kichernd. „Unterschätze niemals einen Dinosaurier." Fothy hilft mir hoch und wir widmen uns wieder den Kisten. „ In meiner sind Schutzwesten und Gelenkschoner", sage ich. „Ich habe die Waffen." „Dem Sieger gebührt die Ehre, diese zu tragen", sage ich ganz unterwürfig. Fothy grinst über beide Ohren und klopft sich selbst auf die Schulter. Pfeifend nehme ich meine Sachen aus der einen Kiste und gehe schnell wieder nach oben, bevor Fothy merkt, dass der Inhalt seiner Kiste etwa das Zehnfache von meinem wiegt. Und tatsächlich: Kaum habe ich den Absatz der Treppe erreicht, da höre ich Fothy schon fluchen: „Gib es zu, das hast du gewusst!", brüllt er. „Natürlich. Sieh es als Rache für die Treppe om Dunkeln." Vergnügt marschiere ich mit meiner Ladung Richtung Wohnzimmer. Mit Fothy im Schlepptau erreiche ich den provisorischen Kontrollraum, er keucht unter seiner Last und funkelt mich mit meinen vergleichsweise leichten Schutzklamotten böse an. Nachdem wir die Sachen abgeladen haben, hilft Fothy mir, die Kleidung anzulegen. Dazu muss ich mich bis auf die Unterwäsche ausziehen und mich auf ein kleines Podest auf dem Boden stellen. Bez schaut demonstrativ in eine andere Richtung. Vorsichtig zieht Fothy dann dünne Schoner über meine Unterschenkel und meine Knie, danach folgt eine elastische Hose mit weiteren, eingenähten Polstern. Während ich in meine Schuhe schlüpfe, knüpft er schon einmal den dünnen Rückenprotektor um meinen Oberkörper zu, wobei wir uns ständig gegenseitig in die Parade fahren und noch länger brauchen als wir eigentlich dürften. Doc tritt hinzu und scheucht mich von meinen Füßen weg, sodass Fothy besser arbeiten kann und Doc die Schnürsenkel vermutlich mit Beton verschließt. Jedenfalls fühlt es sich so an, als würde ich diese Teile nie wieder von den Füßen bekommen. Auf den Rückenprotektor erfolgt auch oben eine Stoffschicht, im Gegensatz zu den Beinen muss ich hier aber noch eine schusssichere Weste überziehen, die meine Bewegungsfreiheit dank Bernies Ingenieurskunst aber nur minimal einschränkt. Der Nachteil ist allerdings, dass der Verschluss aus gefühlten tausend einzelnen Minischnallen besteht, die Fothy einzeln von Hand zuknüpfen muss. „Der Computer befindet sich..." „im Kontrollraum des Hauptgebäudes und der Sprengsatz muss am zweiten Terminal angebracht werden", beende ich Bernies erneute Ausführung. „Das hast du mir schon zwanzig Mal erklärt und langsam hat es sogar Fothy verstanden." Der schaut kurz auf und protestiert, als er den Sinn meiner Worte registriert. Bez lacht trocken, verzieht dabei aber keine Miene. Er ist vermutlich den Rest meines Lebens schlecht auf mich zu sprechen. Wobei das verständlich ist. Trotzdem nervt es mich, dass er mir nicht einmal die Chance einräumt, alles zu erklären. „Wir können jetzt fahren", wirft Fothy in den Raum und schließt die letzte Schnalle meiner Weste. Leicht nervös verstaue ich alle Waffen die Doc mir reicht nach einer kurzen Überprüfung in den vorgesehenen Holstern, hüpfe von meinem Podest in der Raummitte und halte Bernie die Tür auf, der mit einer Kiste voller Kabelsalat an mir vorbeiwankt. Bez folgt ihm auf den Fuß und sammelt alle Sachen auf, die Bernie fallen lässt. Als ich schließlich die Heckklappe des Sprinters öffne, scheint es so, als trage Bez inzwischen den Bärenteil der Sachen, da Bernies Kiste sehr leer ist und Bez Arme vollgepackt sind. Fothy tritt pfeifend aus der Tür hinaus in das Sonnenlicht und kneift augenblicklich die Augen zusammen. Anscheinend hat er sich immer noch nicht an das italienische Wetter gewöhnt. Bez, der sich inzwischen umgezogen hat, muss in seiner Kleidung auch zerfließen, er trägt nämlich eine lange Armeejacke mit passender Hose, hat seine Haare hochgebunden und unter einer Kappe versteckt und steckt mit den Füßen in massiven Stiefeln. Galant aber abwesend hilft er mir in den modifizierten LKW und schließt hinter mir die Klappen. Es ist stockdunkel, orientieren kann ich mich lediglich an den kleinen Lichtern den Funkgerätes, aus dessen Lautsprecher Bez Stimme ertönt. „Es geht los." Auf der Fahrt beginnt mein Herz wie verrückt zu klopfen. Obwohl mir versprochen wurde, dass wir nur glatte asphaltierte Straßen benutzen würden, werde ich in meinem kleinen Abteil ganz schön durchgerüttelt und lasse meine Videobrille sowie meine Ohrstöpsel mehrfach fallen. Und versucht mal in völliger Dunkelheit einen minikleinen Gummistopfen zu finden. Das beeinflusst meinen Ruhepuls nicht gerade positiv. „Alles okay da hinten?", höre ich schließlich in meinem Ohr und kann das Funkgerät ausschalten. „Also wäre das ein Flugzeug, würde ich die Fluggesellschaft verklagen. Aber es geht." Bez kichert leise und fährt mit Schwung um eine Kurve, sodass ich gegen eine Wand geschleudert werde. „Wenn das so weitergeht, bin ich erledigt, bevor wir überhaupt da sind", fluche ich.
DU LIEST GERADE
Victories (Buch 2)
ActionJaxx ist tot, er wurde während der Krönungszeremonie erschossen. Von Rachegedanken geplagt versucht Emilia Stoneforth als neue Victoria nun, die verantwortlichen Rebellen aufzuspüren - um ihnen zu geben, was sie verdienen...