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Den ganzen Tag brüten wir nun schon über den Plänen des Gebäudes und suchen einen Weg, über den ich möglichst schnell und problemlos in den Raum mit den Computerterminals gelangen kann. „Die Lüftungsschächte sind tatsächlich mit Bewegungsmeldern gespickt, es gibt also kein Durchkommen", sagt Bernie und streicht alle Zeichen in den Plänen durch. Viele Möglichkeiten gibt es jetzt nicht mehr, wir haben beinahe mehr rote Striche als Schwarze. „Wenn alle Stricke reißen – und momentan hängen wir nur noch an einem Stück Nähgarn – dann musst du wohl oder übel durch das Fronttor reingehen. Ich kann dir in diesem Gelände auch nur begrenzt Feuerschutz geben." Fothy streicht sich nervös über sein Gesicht. Frustriert starre ich auf den Plan. Plötzlich kommt mir eine Idee: „Was ist mit der Kanalisation?" Meine Augen leuchten auf und schnell zupfe ich den richtigen Plan aus dem Papierstapel und breite ihn quer über allen anderen aus. „Ich kann 7 km vom Gebäude entfernt runtergehen, dann hätten wir auch das freie Sichtfeld überwunden. Dann kann ich heimlich, still und leise im Hof wieder hochkommen und alle überraschen." Mein Gehirn platzt beinahe vor so viel Genie. „Und dann..." „Halt mal an", dämpft Bernie meinen Lauf. „Die Punkte hier sind nicht umsonst da eingezeichnet. Da sind Gitter vor den Abflüssen die so massiv sind, dass du sie nicht öffnen können wirst. Und sprengen erweckt zu viel Aufmerksamkeit. Abgesehen davon, dass es mindestens doppelt so viel Zeit in Anspruch nimmt wie eine Metallsäge." Das Leuchten in meinen Augen erlischt und macht den Platz wieder frei für das stumpfe Starren von vorher. „Dann bleibt wirklich nur noch der Haupteingang. Die Kollegen waren sehr gründlich. Das Ding ist ja besser gesichert als Fort Knox!" Fothy flucht noch ein wenig vor sich hin und hämmert mit der Faust auf den Tisch ein. Bez meldet sich zum ersten Mal seit Stunden zu Wort. „Wie wäre es mit einem umgekehrten Burma?" „Das könnte klappen. Aber dafür brauchen wir Zeit, die wir nicht haben. In wenigen Tagen läuft die Frist aus und wir verlieren die Daten an alle Behörden." „Wir könnten provisorisch überkronen. Das dauert nur eine Fahrt bis zum nächsten Baumarkt." Und nun mein großartiger Einsatz in diesem Schauspiel: „Häh?"


Eine halbe Stunde später sitze ich neben Fothy im Auto und gebe die Adresse des nächsten Baumarktes ein. Vorsichtshalber hat Bernie uns in irgendwelche Verkleidungen gezwängt, damit wir auch ja nicht auffallen. Heißt so viel wie das wir jetzt beide Blaumänner tragen, uns in dem Staub vor der Haustür gewälzt haben und streng riechen. Und das bei der Hitze! Auf Fothys Stirn perlen bereits die ersten Schweißtropfen ab und fließen ihm in die Augen. „Ich will zurück nach Malibu", mault er und tupft sich mit einem nassen Tuch auf seinem Gesicht herum. „Ich auch. Die Cosa Nostra in allen Ehren, aber ich mag frittierte Donuts lieber als Olivenöl." Fothy lacht laut und drückt das Gaspedal voll durch. Nach einer einstündigen Fahrt biegen wir endlich auf das Gelände eines riesigen Baumarktes ab und bleiben frech auf dem Parkplatz direkt vor dem Eingang stehen. Genau genommen auch nur deshalb, weil alle anderen Autos derart verkeilt zwischen den ausgeblichenen Linien stehen, dass wir beim besten Willen kein System erkennen können. Pfeifend springe ich aus dem Auto und wische mir meine Haare aus dem Gesicht, die Bernie mit beinahe abgeschnitten hätte, wenn Bez es ihm nicht verboten hätte. „Hast du die Liste?" Fothy zieht ein zerknautschtes Blatt Papier aus seiner Brusttasche und nickt. „Ab jetzt sagst du besser nichts mehr. Es sein denn, du hast während der Autofahrt gelernt, fließend Italienisch zu sprechen." Meine Antwort, ein genervtes Augenrollen, ist ihm Reaktion genug. Die Luft im Inneren des Ladens ist glücklicher Weise gekühlt. Zielstrebig schnappt sich Fothy einen Wagen und schiebt ihn in Richtung irgendeines Schildes, dessen Aufschrift ich nicht verstehe. Dort angekommen helfe ich ihm, vier schwere dünne Metallplatten aufzuladen und Spraydosen in der richtigen Farbe auf den Wagen zu türmen. Es folgt noch ein überdimensionierter Bohrer, passende Scharniere samt Schrauben und ein Gerät, das Ziernieten auf Metall schweißen kann. Und bevor wir die geheiligten kühlen Hallen verlassen, schnappe ich mir noch einen Sixpack Wasser. Denke ich zumindest. Wie Fothy mir kurz darauf erklärt, handelt es sich bei dem Inhalt der Flaschen mitnichten um Wasser, vielmehr um Kühlflüssigkeit für Bohrköpfe. Während der Zeit der Rückfahrt verfluche ich Fothy dafür, mir diese kleine Information nicht früher übermittelt zu haben. Aber kaum sind wir wieder in der Pampa angekommen, stellt sich mein Fehlkauf als sehr nützlich dar. Denn gemeinsam mit Bez und Doc beginne ich, den alten Lastwagen, den Bernie und Doc zwischenzeitlich organisiert haben, zu modifizieren. Zuerst besprühen wir die Metallplatten mit Lack, um sie hinterher wieder zu zerkratzen und leicht zu verbeulen. Mit großer Anstrengung bohren wir sie hinterher an Scharnieren auf der Ladefläche des LKWs fest und verzieren sie mit ein paar Pseudonieten. Nun endgültig verschwitzt und verklebt setzen wir uns in den künstlichen Bachlauf und lassen uns von dem kühlen Wasser umspülen. Was wir nicht bedacht haben, kurz darauf auf die harte Tour aber feststellen müssen ist die Tatsache, dass es sich bei diesem Bachlauf um ein geschlossenes System handelt und wir mit der abfließenden Drecksbrühe erneut erfrischt werden. Immerhin sind unsere Blaumänner jetzt einiger Maßen sauber.


Victories (Buch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt