Drei Monate zuvor
Freitagmorgen fährt man schon viel lieber zur Arbeit, wenn das Wochenende in so greifbarer Nähe ist. Mit Schwung parke ich hinter der Praxis und lege mir meine große Umhängetasche über die Schulter, Mailin meine Arbeitskollegin und inzwischen auch gute Freundin ist auch schon da. Ihr neuer Audi steht glänzend neben meiner alten Karre. Das Metalltor am Hintereingang öffnet sich mit einem quietschen, schnell laufe ich das kurze Stück bis zur Steintreppe und flitze die Stufen nach oben. Ich schließe die Hintertüre auf, und rufe ein guten Morgen in die Stille. Umso näher ich unserem Aufenthaltsraum komme, höre ich geklapper von Geschirr. Ich stoße die Türe auf und Mailin fährt erschrocken zu mir um,
"Hast du mich erschreckt, trotzdem einen guten Morgen Jule".
"Ich hab doch schon guten Morgen gerufen, hast du nichts gehört?"
Ich stopfe meine Tasche in mein Fach und ziehe einen Kittel aus dem Spind. "Nein, ich bin hier am Kaffee kochen. Willst du auch einen?"
Lächelnd schaut sie mich an und steckt sich einen Keks in den Mund.
"Gerne. Muss ich noch was auffüllen oder bist du schon in den Zimmern durch?"
"Alles fertig. Ausserdem steht heute nicht so viel an, Martin hat heute Abend eine Fortbildung und muss früher gehen. Deshalb ist um fünf Schluss." Mit einem Augenzwinkern streckt sie mir eine volle Tasse Kaffee hin.
"Danke. Dann mach ich heute die Anmeldung und du kannst ja die Assistenz übernehmen. Vielleicht bekomme ich dann endlich meine Bestellung fertig."
Geübt knöpfe ich meinen Kittel zu und schlüpfe in meine weißen Turnschuhe.
" In Ordnung, Martin müsste jeden Moment kommen, schließt du schon mal auf? "
Ich nicke und verlasse die Umkleide, im Flur kommt Martin mir entgegen.
"Guten Morgen meine Damen, seit ihr Startklar?"
Ich nicke, "Guten Morgen Chef, alles klar. Ich öffne jetzt die Höllenpforte."
Mit einem Kopfschütteln geht er an mir durch.
"Mach das Jule, ich komme dann sobald ich den Kittel an habe, zum die Meute bändigen."
Ich kichere und schlendere zum Empfang, nehme den Schlüssel aus der Schublade um die Eingangstüre zu öffnen. Bevor ich den Schlüssel ins Schlüsselloch stecke, atme ich nochmal tief durch. Ich sehe durch die Milchglastüren schon Leute davor stehen, also legen wir los. Ich schiebe die schwere Türe auf und begrüße die ersten mit einem freundlichen lächeln. "Guten Morgen,kommen sie doch rein."
Die ersten vierbeinigen Patienten strömen herein und ich setzte mich an die Anmeldung. Nach einer erstaunlich ruhigen Sprechstunde, hänge ich ein Schild an die Türe das die Nachmittagssprechstunde ausfällt wegen Fortbildung.
Mailin kommt auf mich zu, " Jule ich würde dann gehen. Sollen wir heute Abend was zusammen machen?"
Ich lege eine Karteikarte zur Seite,
"An was hast du gedacht?"
" Wir könnten doch mal wieder ins Cheers gehen zum tanzen?"
So richtig Lust verspüre ich noch nicht,
"Na gut, wir waren tatsächlich schon lange nicht mehr."
Sie hält mir die Hand entgegen und ich schlage ein.
"Bis später dann, ich mach hier um Fünf Schluss. Dann hab ich ja noch viel Zeit. Komm dann erst später zu dir, Okay?" Sie nickt und verabschiedet sich.
Der Nachmittag ist rasend vergangen, ich habe die Bestellung fertig, den Kühlschrank geputzt und alle Medikamente durchgeschaut, kurz nach fünf schließe ich die Praxistüre hinter mir ab. Mein alter grüner Opel Corsa steht direkt nebenan und wartet auf mich. Ich hab ihn Max getauft . Ich finde Max und Jule hört sich doch richtig gut an, es ist nur ein Auto ,aber es ist eben mein Auto.
Jetzt nach Hause und mich erstmal um Mila kümmern, meine Schäferhündin wird schon sehnsüchtig auf mich warten und dann zu Mailin um gemeinsam in unsere Lieblingsdiskothek zu gehen. Ich freu mich so langsam schon auf die laute Musik, die Stimmung und vor allem die Drinks.
Zuhause falle ich Mila um den Hals und kraule sie ausgiebig, wie ich diesen Hund liebe. Sofort schnappe ich mir Leine und Turnschuhe und schon flitzen wir beide zur Türe raus. Es gibt nichts entspannenderes als einen Spaziergang am Flussufer bei schönem warmen Wetter. Obwohl es erst Ende April ist, kann ich sogar abends schon im T-Shirt laufen gehen. Ich liebe einfach den Sommer.
Nach einem großen Spaziergang , stelle ich mich Zuhause unter die Dusche und setzte mich dann mit einem Handtuch auf dem Kopf in die Küche um mir ein Abendessen fertig zu machen. Mila verfolgt mich auf Schritt und Tritt, immer wieder fahre ich ihr liebevoll über den Kopf.
Als ich später bei Mailin in die Einfahrt einbiege bin ich ausgelassen und freudig. Ich klingle und warte auf den Türsummer, dann steige ich die vielen Stufen in den dritten Stock nach oben. Etwas aus der Puste betrete ich ihre kleine Wohnung.
Kaum setzte ich mich bei meiner Freundin auf ihr mega gemütliches altes braunes Ledersofa fliegen mir schon Shirts und Röcke entgegen.
"Mailin was wird das?" Ich ahne schlimmes. Bitte, bitte nicht.
"Jule zieh dich um" kommt gedämpft auf ihrem Zimmer.
"Ich bin schon fertig und diesmal werde ich mich nicht noch hundert mal umziehen."
Mailin kommt aus ihrem Zimmer gestürmt und hält ein Stapel Kleidung im Arm.
" Und wenn dein Traumprinz heute auftaucht? Willst du dann ein Ringelshirt und Jeans tragen?"
Ich stöhne und werfe ihr ein Kissen entgegen. Da sie keine Ruhe geben wird ziehe ich zufällig ein Petrolfarbenes Oberteil aus ihrem Lager und verschwinde im Bad.
Ein halbe Stunde später fährt Mailin mir hoffentlich zum letzten Mal durch meine braunen Locken. Dezent geschminkt fühle ich mich am wohlsten das Oberteil ist schon wow genug. Mailin ist bezaubernt. Sie trägt einen schwarzen Stoff Overall der ziemlich weit ausgeschnitten ist. Mit gigantisch großen silbernen glitzer Creolen und vielen schmalen Armbändern die leise vor sich hin klingen, trägt Mailin nochmal Lippgloss auf. Ihre schulterlangen blonden Haare hat sie zu einem tollen lockern Dutt gesteckt. Wir sind startklar und warten nur noch auf Theo . Theo ist Mailins bessere Hälfte, eins achtzig groß blond ,blaue Augen und richtig nett und sein Hintern ist auch nicht übel.Wieso hab ich ihn nicht gefunden? Ich gönn es ihr wirklich, mit nur einer winzigen Spur von Neid.
Ich lasse mein Handy gerade in meine Tasche gleiten als Theo in seinem silbernen SUV auf den Hof fährt. Mailin zupft immer noch an ihren Haaren.
"Dein Herz aller Liebster fährt gerade ein, können wir los?"
Genervt verdreht Mailin die Augen,
"Bin schon fertig."
"Wieso donnerst du dich immer noch so auf, du bist jetzt schon so lange mit Theo zusammen."
Ich funkle sie an.
" Ich möchte meinem Freund auch weiterhin gefallen, außerdem schadet es nicht hübsch auszusehen. Dir würde weniger Gammellook und mehr Schick, auch nicht Schaden."
Entrüstet starre ich sie an "Ich bin praktisch gekleidet und nicht gammelig."
"Stimmt ja,hatte ich vergessen praktisch ist das neue sexy." Antwortet Mailin mir sarkastisch. Ich kann mir ein Lachen nicht mehr verkneifen und auch Mailin lacht heißer mit.
Als Theo auf Mailins Handy anruft, beeilen wir uns und flitzen, kichernd zur Türe raus. Auf ins Cheers!

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Tief im Gefühl
RomanceJuliana lernt in einer Diskothek Matz kennen und freundet sich mit ihm an. Ohne zu ahnen wer dieser ist. Doch zur selben Zeit, stolpert Elias in ihr Leben. Mit einem verletzten Hund im Arm steht er auf einmal in der Tierarztpraxis in der sie arbeite...