Kapitel 45

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*Elias*

Knapp vier Wochen später begehe ich zum ersten Mal mit meinem Vater und Matz zusammen eine Baustelle. Mein Vater ist wie immer sehr förmlich angezogen und hält seine schwarze Ledermappe im Arm während er sich die Pläne anschaut und Stück für Stück mit mir bespricht, Matz steht etwas abseits und schreibt eine Nachricht nach der anderen auf seinem Handy. Am liebsten würde ich ihm einen tritt gegen, wir wollten doch schließlich das, dass hier funktioniert.
So gut es geht ignoriere ich ihn und mache mir auf meinen Plänen ein paar Notizen.
Als wir uns gemeinsam in die nächste Etage begehen wollen fängt mein Handy an zu klingeln.
Im ersten Moment bin ich drauf und dran es einfach abzuschalten, doch als ich Jule ihren Namen lese muss ich ran gehen.
"Entschuldigt mich kurz, es ist Jule."
Erst als mein Vater ihren Namen hört legt sich seine Falte auf der Stirn, die mir eine Unzufriedenheit signalisiert.
"Hey Jule, was gibt's? Ich bin gerade auf einer Baustelle", versuche ich ihr zu verstehen zu geben, dass es gerade echt nicht passt.
"Elias, es geht um Mila", ihr schluchzen lässt mich sofort erstarren und schreckliche Bilder schießen mir in den Kopf.
"Was ist los?", dass zittern in meiner Stimme ist nicht zu über hören.
"Die Welpen sind heute in aller Frühe auf die Welt gekommen und es gab beim letzten Welpen Probleme."
Mist ich hätte bei ihr übernachten sollen, diese pendelei zwischen unseren Wohnungen macht mich wahnsinnig.
"Geht's es Mila gut? Und was ist mit den Babys?"
Ich höre ein Schluchzen und dann ein lautes Schnauben als sie sich die Nase putzt.
"Mila ist sehr schwach und erschöpft , aber mit Ruhe und Pflege wird sie sich erholen. Martin ist vor der Sprechstunde her gefahren und hat nach ihr geschaut."
"Und die kleinen?" , frage ich erneut, eine sehr ungutes Gefühl macht sich in mir breit. "Vier Welpen leben und scheinen soweit gesund , nur der letzte hat es nicht geschafft."
Ich höre sie schniefen, "Elias, es ist so traurig. Der Kleine ist schon tot auf die Welt gekommen. Es ging wohl einfach zu lange, bei ihm hat Mila ewig gebraucht bis er endlich auch auf der Welt war."
Ich schlucke meinen Kloß im Hals herrunter.
"Es tut mir so leid. Soll ich zu euch kommen?"
Einen kurzen Moment herrscht Stille , "könntest du den von der Baustelle weg?"
Ich fahre mir gestresst durch die Haare und überlege fieberhaft was ich jetzt tun soll.
"Klar, wenn du mich brauchst komme ich zu dir."
"Wenn es wirklich geht. Ich will nicht das du in Schwierigkeiten kommst. Aber ich könnte dich hier gebrauchen. Ach verdammt, ich brauche dich, bitte komm zu mir."
Mein Herz schlägt heftig in meiner Brust, sie braucht mich.
Ich verspreche ihr gleich zu ihr zu kommen und lege auf.
Mein Vater und Matz reden leise miteinander als ich wieder zu ihnen komme.
"Es tut mir leid, aber ich muß jetzt sofort nach Hause."
Besorgt schauen mich beide an, "stimmt etwas nicht?"
"Jule braucht mich", bringe ich hervor und stecke alle Unterlagen zusammen.
"Ist etwas passiert? Geht es ihr gut?"
Mein Vater hält mich am Arm fest und die Sorge ist ihm ins Gesicht geschrieben.
"Ihr geht es gut. Die Welpen sind da, einer hat es nicht geschafft und ist schon tot geboren", stoße ich schnell hervor.
"Oh, das tut mir leid", erleichtert lässt er meinen Arm los.
"Schon gut. Ihr versteht hoffentlich das ich jetzt zu ihr muss. Ich rufe morgen früh an, dann klären wir die offenen Fragen."
"Natürlich, wenn du was brauchst dann melde dich."
Mit einem gemurmelten Dank, verlasse ich eilig die Baustelle und fahre ohne mich nochmal umzuziehen zu Jule ihrer Wohnung.
Vor der Türe ziehe ich den Schlüssel aus meiner Arbeitshose und schließe leise auf, schon im Flur höre ich Jule im Wohnzimmer schluchzen.
Mein Herz zerspringt fast bei ihrem Anblick, sie kauert am Boden vor der großen Holzbox die ich für Mila gebaut habe.
Viele decken und Tücher liegen am Grund der Box und Mila lehnt ihren Kopf am Rand, vor ihr liegen vier winzige Hundebabys, man erkennt kaum was zu wem gehört, es sieht aus wie ein großer Babyhundeknäul.
Als ich neben an ein kleines Kissen entdecke, rieselt ein kalter Schauer über meinen Rücken.
Jule schaut plötzlich auf und springt auf ihre Füsse um mir förmlich in die Arme zu fallen.
"Es tut mir leid, Süße. Sag mir was ich tun soll."
Ich halte sie fest an mich gedrückt und ich spüre ihr zittern unter meinen Armen.
"Halt mich einfach nur ganz fest."
Genau das tue ich, eng umschlungen stehen wir mitten im Wohnzimmer und Jule weint stumme Tränen an meiner Brust.
Als sie sich etwas später beruhigt, sackt sie erschöpft auf den Boden.
"Entschuldige, das mich dass so mitnimmt hätte ich nie gedacht"
Ich fahre ihr zart über die Wange ihre verschwollenen Augen und die rote Nase sind sehr ungewohnt für mich und ich fühle mich hilflos weil ich nicht weiß wie ich sie trösten soll.
"Mailin kommt später und holt den Welpen ab".
Ich schaue irritiert auf , "Wieso?"
"Wir können ihn ja nicht ewig hier lassen. Mailin hat gesagt sie würde ihn mit Theo zusammen begraben. Bei ihrer Tante auf dem Gelände gibt es ein winziges Stück Wald und da werden die beiden ihn hin tun."
"Bist du dir sicher?", frage ich unsicher.
"Ja, ich finde es so am besten".
Am liebsten würde ich fragen was ansonsten mit solchen Tieren passiert die man nicht gerade im eigenen Garten begraben kann, doch ich will nicht weitere Tränen riskieren.
"Dann hole ich jetzt Pancho Zuhause und bringe uns auf dem Rückweg eine Pizza mit", ich hoffe sie etwas damit aufzumuntern.
"Klingt gut. Danke das du gekommen bist."
"So ein Mist das ich nochmal weg muss , aber ich beeil mich."
"Okay, ich muss mich sowieso kurz um Mila kümmern."
Sie drückt mir einen federleichten Kuss auf die Lippen und wendet sich dann ab.
Ich verlasse mit schwerem Herzen ihre Wohnung um Pancho zu holen, diese hin und her Fahrerei macht mich fertig.
Dass muss sich als nächstes ändern, vielleicht muss ich morgen mal mit meinem Vater reden.

Tief im GefühlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt