Kapitel 19

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Als ich einige Tage später aus der Mittagspause zurück kehre sitzt Mailin mit rot verquollenen Augen im Aufenthaltsraum und schnieft in ihr Taschentuch.
"Mailin, was ist los? Hast du geweint?"
Ich streiche ihr tröstend über ihren Arm.
"Ja, ich bin total enttäuscht. Theo und ich haben so viele Wohnungen angeschaut und nur eine hat ihm gefallen und jetzt habe ich gerade ein Anruf bekommen, dass wir die Wohnung nicht bekommen. Was mach ich jetzt nur?"
Ich schlüpfe gerade in meinen Kittel als ich antworte,
"mein Angebot steht immer noch, wenn du nichts findet kannst du erstmal zu mir und Mila ziehen. Klapper doch nochmal alles ab, wir können wenn du willst heute Abend bei mir nochmal im Internet nach Wohnungen suchen. Irgendwann muss ja was dabei sein."
Sie nickt, " okay dann sitzen wir heute Abend zusammen und schauen nochmal, Danke Jule."
Als ich schon zur Anmeldung laufen will hält sie mich zurück,
"Tauschen wir heute Nachmittag, ich würde lieber die Anmeldung machen, auf das Chaos in der Behandlung kann ich gerade verzichten."
Ihr leidvoller Blick schmerzt mich selbst,
"klar können wir tauschen und jetzt guck nicht mehr so traurig sonst muss ich auch noch weinen."
In der Sprechstunde ist ganz schön was los, meine Laune ist mittlerweile am Boden, die letzte Katze hat mir Kratzer verpasst und zur Krönung hat sie versucht Martin zu beißen. Mit diesem Biest musste ich ganz schön kämpfen, ich hoffe wirklich das war der letzte Patient für heute.
Mailin kommt mit einer Karteikarte in die Behandlung gelaufen,
"der letzte Patient für heute"
Ich nicke genervt,
"wenn es noch so eine mies gelaunte Katze ist dann mach ich jetzt schon Feierabend."
Grinsend sieht sie mich an,
" ich denke nicht das du diesen Patient verpassen willst?"
Irritiert drehe ich mich um,
"Was? Wieso?"
"Ein spezieller sexy Kerl mit braunem Hund mit Gipspfote steht im Wartezimmer und er schaut schon die ganze Zeit sehnsüchtig in den Flur. Ich denke Mr. Sexy schaut sich nach dir um."
Mein Herz beginnt sofort zu hüpfen, das Elias heute sein nachschau Termin hat ,habe ich völlig vergessen.
Die letzten Tage haben wir viel geschrieben, zwar nur belangloses aber ich habe mein Handy Zuhause ständig in der Hosentaschen um auch keine Nachricht zu verpassen.
Schnell desinfiziere ich den Behandlungstisch und zupfe ein paar Haare von meinem Kittel als ich in den Warteraum gehe.
"Hallo ihr beiden" , ich strahle bis über beide Ohren. Elias steht ungeduldig im Raum und geht auf und ab.
"Hey, schön dich zu sehen. Wir kommen zur Kontrolle."
Ich öffne den beiden die Tür zu Behandlung und folge ihnen.
Ich beobachte mal wieder Elias wie er Pancho auf den Tisch hebt. Seine Muskeln spannen sich an, man sieht das er körperlich arbeitet. Plötzlich schießt mir das Bild im Kopf wie er die muskulösen Arme um mich schlingt und mich an sich zieht. Ich werde aus meinen Träumereien gerissen , als Martin etwas zu mir sagt.
"Bitte entschuldige, was hast du gesagt Martin?"
Dieser schaut belustigt auf,
"du sollst mir die Gipsschere geben, wir Röntgen am besten nach, weil Pancho den Gips anknabbert sollten wir sowieso einen neuen anlegen. Ich denke nicht das es ohne Gips schon sinnvoll wäre."
Mit roten Wangen ziehe ich eine Gipsschere aus einem Metallständer und reiche sie Martin. Eine Nierenschale für die Gipsreste stelle ich ebenfalls auf den Tisch.
Gut dann gehe ich mal das Röntgen richten, wir sind in der ganzen Praxis mit neuen Geräten ausgestattet, nur unser Röntgenapparat ist noch vom Vorbesitzer.
Das heißt wir müssen die Bilder noch selbst entwickeln und haben diese nicht digital. Deshalb richte die große Röntgenplatte und schlüpfe schonmal in den schweren Schutzkittel.
Als ich wieder in der Behandlung bin reiche ich Martin seinen Röntgenschutz.
"Wie ist es eigentlich, wenn ich Pancho behalten will?" höre ich Elias fragen und schaue ihn strahlend an.
"Wirklich" ,  fahre ich dazwischen.
"Ja, ich habe ihn wirklich gern und es funktioniert besser als ich erwartet hatte."
"Dann können wir es in der Tiervermittlung melden das sie nicht weiter suchen müssen."
Martin räuspert sich hinter uns,
" können wir vielleicht erst Röntgen , bis die Bilder entwickelt sind ,könnt ihr das dann ja genauer besprechen."
Peinlich berührt nicke ich und nehme Pancho mit nach hinten.
Als die Bilder im Entwickler stecken hole Elias dazu.
" Jule bist du sicher das ich hier drin sein darf?"
Ich grinse und ziehe die Augenbraue nach oben" aber sicher, der Röntgenapparat ist aus geschaltet, ich muss nur  in der Nähe der Dunkelkammer bleiben um den Wecker zu hören, damit ich das Bild dann in den Fixierer stecken kann. Ist im Prinzip das selbe wie beim Fotografieren, Bild entwickeln, fixieren und trocknen.
"Okay , also was muss ich machen wenn ich Pancho behalten will?"
"Du musst  ihn auf der Stadt anmelden und die Tiervermittlung kann ich für dich übernehmen. Dann sollten wir ihn chipen und ihn bei dem Haustierzentralregister anmelden. "
"Bei der was?"
Ich lache und beuge mich zu Pancho.
"Ja er bekommt einen winzigen Transponder hier am Hals unter die Haut gesetzt und damit können Tierärzte oder auch die Polizei die Nummer ablesen und am Tierregister melden. Sie finden dann den Besitzer. Falls er nochmal Weg läuft wird er diesmal wieder nach Hause zurück finden.
"Okay prima, ich freu mich."
Das piepsen des Wecker lässt mich kurz in der Dunkelkammer verschwinden. Als ich wieder raus komme, steht Elias nervös vor mir.
"Hast du Sonntag Nachmittag schon etwas vor?"
Meine Schmetterlinge im Bauch fangen an zu tanzen,
"Nein , da bin ich wieder zurück. Warum?"
"Sollen wir wieder gemeinsam spazieren gehen?"
"Sehr, sehr gerne. "
Er streckt sein Hand nach meiner aus und streichelt zärtlich meine Finger.
"Dann sehen wir Sonntag."
Lächelnd schaut er mich an und mein Herz macht einen Satz, sein schönes Gesicht und sein sexy Lächeln machen mir das Atmen ganz schön schwer.
"Schau mich nicht immer so an."
Flüstert er plötzlich dicht neben mir.
"Wie soll ich dich nicht anschauen?"
"So hungrig, als würdest du mich gerne verschlingen wollen."
Seine Stimme hat einen tiefen Klang angenommen und ich bin mittlerweile so rot wie eine Tomate. Diesmal bin ich froh das des Wecker mich von ihm fort reißt. Ich ziehe meine Hand eilig zurück und kehre in die Dunkelkammer zurück. Ich muss erstmal tief durchatmen, dieser verrückte Kerl hat mich doch tatsächlich durchschaut. Ich fächle mir etwas Luft zu und mache mich dann an die Arbeit.

Tief im GefühlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt