Tief im Gefühl

Kapitel 6

Mailin und Theo setzen sich im Cheers angekommenen erstmal an den Tresen und bestellen sich Bier und Weinschorle. Die Stimmung zwischen uns ist gedrückt, beide schweigen sich an und ich bestelle mir ein Jacky und lasse mein Blick über die Menge schweifen. Noch hält sich die tanzende Scharr in Grenzen und von Matz ist nichts zusehen. Vielleicht kommt er später.
Ich drehe mich zu Mailin und proste ihr zu. Sie hebt ihr Weinglas und zwinkert mir zu,Theo ist immer noch eingeschnappt und betrachtet die Barkeeperin. Ich schnaube genervt auf und verdrehe die Augen.
So ein Kindergarten.

Nach einer Weile krame ich in meiner Handtasche nach meinem Handy, vielleicht hat Matz mir ja geschrieben.
Keine Anrufe, keine Nachrichten, ich stopfe mein Handy zurück als mir jemand auf die Schulter klopft. Ich blicke strahlend über meine Schulter ,doch es ist nicht Matz. Zwei junge Männer haben sich zu Mailin und mir gestellt.
Die beiden stellen sich vor und geben uns einen Trink aus, die dunkelhaarign Jungs sind nett aber irgendwie springt der Funke nicht über.  Ich lasse mich dennoch von dem größeren Kerl auf die Tanzfläche ziehen und wir tanzen und hüpfen umher. Ich genieße völlig die Musik und tanze für mich und drehe mich herum, als ich merke wie ein blondes sehr junges Mädchen meinen Tanzpartner anflirtet.
Ich schaue irritiert zu und ich scheine wohl vergessen zu sein. Der Kerl dreht sich von mir weg und wirbelt das blonde Mädchen umher dass ihr kurzer Rock sehr weit hoch rutscht. Ich bin schon fast angewidert.

Zwei starke Arme umfassen meine Hüfte und bewegen sich mit mir im Takt. Ich weiß genau das es Matz ist.
Ich drehe mich zu ihm um und er brüllt mir über die Musik hinweg ins Ohr
" Ich hätte dich niemals so stehen gelassen. So ein Idiot." Er zwinkert und beugt sich erneut zu mir "Aber gut so, sonst würde ich jetzt dumm da stehen. So ganz ohne mein Mädchen."

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich lächle ihn im schummigen Licht der Diskothek an.
" Lass uns was trinken"
raunt er mir zu und schon zieht er mich Richtung Bar.
Ich lehne mich weit nach vorne, da so viele an die Bar gedrängt stehen und erhasche einen Blick auf Mailin. Sie sitzt auf dem Barhocker von vorhin nur diesmal steht Theo zwischen ihren Beinen und knutscht Mailin hungerig auf den Mund.
Das war so klar, wie schön so eine Versöhnung ist.
" Was möchtest du? Wie wär's mit einem Cocktail?" kreische ich über die Menge Hinweg.
" Besorg Mal die Cocktailkarte"
Matz zeigt auf die Karten in einem kleinen Metallständer auf dem Tresen.
Ich hangle auf einem Bein stehend nach der Plastikkarte. Es ist mächtig voll und eine Menge Leute drängeln am Tresen.
Ich schnappe mir die Karte und quetsche mich zu Matz durch. "Hier, such aus. Ich weiß schon was ich will."
Als er zum dritten Mal die Karte umdreht , reißt mir fast die Geduld.
"Ich überrasch dich,so kann es ja nicht weiter gehen."
Ich grinse ihn an und versuche ihm die Karte aus der Hand zu ziehen. Doch mir rutscht diese aus der Hand und fliegt im hohen Bogen durch die Luft und trudelt zu Matz. Dieser beugt sich vor um die Karte zu greifen, doch er verfehlt sie knapp, diese schlingert auf ihn zu und streift ihn an der Wange.
Ich kann ihn nur erstaunt anschauen,das gibt es nicht. Er hat eine Schramme an der Wange.
Ich reiße meine Augen auf ,doch Matz fängt schallend an zu lachen.
"Mit dir lebt man gefährlich Jule. Letzte Woche zerreißt fast mein Hemd und heute zerkratzt du mir ein Gesicht. Nicht so wild, Süße."
Gott ist mir das peinlich,mit hochrotem Kopf drehe ich mich um ich zwänge mich vor zur Bar.

Wenig später sitzen wir in der Lounge ,man spürt den Beat unter Füssen doch die Musik dringt etwas matter zu uns rüber. Matz hat ein paar Studienkollegen getroffen und Mailin hat ihre Cousine auf der Tanzfläche gefunden. Eine ordentliche Gruppe sind wir geworden, es ist unglaublich lustig und ich hab viel von Matz erfahren. Er hat gerade sein Architekturstudium beendet,wie zwei weitere seiner Kollegen. Wenn sein gegenwärtiges Praktikum beendet ist will er bei seinem Stiefvater im Architekturbüro einsteigen.
Interessant, interessant.

Der lange Tag steckt mir in den Knochen und ich gähne herzhaft.
Matz blickt genau in dem Moment zu mir
und schon wieder werden meine Wangen rot. Er lehnt sich dicht zu mir rüber und ich kann sein Aftershave riechen. "Bist du müde? "
Ich nicke und trinke meinen letzten Schluck Weinschorle aus. Sofort erhebe ich mich etwas wackelig und suche den Blick von Mailin. Sie sitzt bei Theo auf dem Schoß und knabbert diesem genüsslich am Hals. Bähhh,diese zwei Turteltauben.

Mailin ,Theo inklusive Matz und mir strömen Richtung Garderobe. Mailin schlüpft in ihre Jacke und meine wird gerade über die Theke gereicht als Matz danach greift und mir ganz Gentleman hinein hilft.
Er schließt etwas unbeholfen meinen Reißverschluss und zieht mich dann eng zu sich. Mein Herz klopft wild und ich kann sein Bieratmen riechen. Das mich etwas abschreckt,ich hasse Bier.
Er schaut mir in die Augen und ich sehe sein süßes Lächeln, als er sein Kopf senkt und seine Lippen sanft auf meine drückt. Ich schließe die Augen und erwidere den Kuss. Doch als er versucht seine Zunge in meinen Mund zu schieben, weiche ich zurück.
Mit verhangenen Augen blickt er mich an und er flüstert mir ins Ohr,
" Jule ,komm mit zu mir. Bitte , schenk mir diese Nacht."
Ich bin überrumpelt und müde ,es geht mir zu schnell. Dass würde ich nie zugeben ,also überlege ich fieberhaft nach einer Ausrede.
"Matz, ähm, Vorfreude ist doch die schönste Freude. Ein andermal vielleicht. Ich muss wirklich nach Hause."
Ich grinse ihn etwas verlegen an.Er stöhnt frustriert auf und fährt sich durch die hellbraunen Haare. Er packt mich plötzlich an der Hüfte und drückt mich fast etwas zu fest an den Tresen. Als er sein Becken an meines drückt spüre ich eine harte Beule. Doch ich kann mich nicht weg drehen es ist einfach kein Platz mehr.
Wieder drückt er seine Lippen auf meine,doch diesmal ist es mir fast unangenehm. 

Ich schupse ihn zurück, doch Matz lacht nur kurz auf und steckt seine Hände in die Hosentaschen.
"Na , genug Vorfreude für heute Nacht. " dreckig grinst er mich an,
" Und gehst du jetzt mit?"
Völlig perplex starre ich ihn mit offenem Mund an.
"Was? Nein ,auf keinen  Fall."
Ich bin erschrocken über seine Reaktion und Wut keimt in mir auf.
Ich hab genug ,bin aufgewühlt und will nur noch raus.
"Bye Matz,viel Spass noch."
Schreie ich ihm ironisch hinterher. Doch er zieht nur die Schultern nach oben und schlendert zurück in die Menge.

Mailin und Theo warten im Auto auf mich. Doch ich beschließe ihnen nichts davon zu erzählen. Ich muss selbst erstmal runter kommen. Ich will nach Hause.
Und mich nicht mehr über Matz ärgern, Idiot!