Kapitel 26

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"Wie lange noch?" quengelte ich zum hundertsten Mal.

"Nicht mehr lange." Danial sah weiterhin konzentriert nach vorne auf die Straße.

"Und du willst mir ganz sicher nicht sagen wohin wir fahren?" fragte ich ihn erneut. Diese beiden Fragen hatte ich ihn in der letzten Stunde alle fünf Minuten gestellt.

"Ganz sicher." auf Daniel's Gesicht bildete sich langsam ein kleines Lächeln.

Enttäuscht darüber, dass er mir nichts sagen wollte, ließ ich mich in den weichen Ledersitz sinken und schaute nach draußen. Die Landschaft zog schnell an uns vorbei. Wir waren schon lange aus der Stadt raus. An uns zogen Wälder, Felder und kleine Dörfer vorbei. Mittlerweile hatte ich völlig die Orientierung verloren.
Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Daniel von der Autobahn abfuhr. Er fuhr ohne Navigationssystem, also ging ich davon aus, dass er sich hier gut auskannte.

"Ich war als Kind oft hier." begann Daniel, als hätte er meine Gedanken gehört.
"Ich hoffe dir gefällt es auch so sehr, wie mir."
Er sah mich kurz von der Seite an, bevor er wieder auf die Straße sah.

Ohne zu überlegen legte ich meine Hand auf sein Bein und lächelte ihn an.
"Wenn du dabei bist, gefällt mir sicher alles."

Überrascht sah er erst auf seinen Oberschenkel mit meiner Hand und dann zu mir.
"Rose." Seine Stimme klang gepresst.
"Könntest du- könntest du deine Hand da eventuell" er stockte immer wieder.
"Könntest du sie wegnehmen?"

Ich spürte wie ich rot wurde und zog augenblicklich meine Hand weg.
"Sorry." murmelte ich und sah auf meine Hände, die nun in meinem Schoß lagen.

"Schon gut. Du solltest sie vielleicht nicht gerade da hinlegen, wenn ich fahre und mich nicht auf dich allein konzentrieren kann." am Ende begann er zu lächeln.

Wir fuhren noch etwa zwanzig Minuten und kamen dann auf einem Parkplatz an. Der Parkpaltz war riesig, aber nur wenige Autos standen hier.
Daniel drehte sich nach hinten und holte von der Rückbank ein schwarzes Tuch hervor.

Ich beeugte Daniel kritisch.
"Soll das jetzt eine Entführung werden?"

Mit einem Pokerface antwortete er mir. "Vielleicht."
Seine Maske brach allerdings viel zu schnell und er begann zu lachen.
"Nein, Spaß. Das wird keine Entführung. Damit die Überraschung besser wird, muss ich dir die Augen verbinden. Also dreh dich mal bitte kurz um."

Mit einem letzten prüfenden Blick auf ihn, drehte ich mein Gesicht von ihm weg. Daniel legte mir behutsam das Tuch über die Augen. Als er vorsichtig meinen Zopf auf eine Schulter legte und das Tuch verknotete, spürte ich seinen warmen Atem in meinem Nacken. Seine Hände verweilten noch kurz auf meinen Schultern und Daniel hauchte einen federleichten Kuss auf meinen Hals. Sofort breitete sich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus.

Ich hörte, wie Daniel ausstieg und mir die Tür öffnete. Er griff nach meinen Händen und half mir beim Aussteigen. Fürsorglich achtete er auch darauf, dass ich mir meinen Kopf nicht am Auto stieß.

"Wir können los." Daniel nahm meine Hand in seine und wir liefen los.

Aufregung und Vorfreude breiteten sich in mir aus.
"Und du bist dir wirklich sicher, dass du mich nicht entführst?" fragte ich erneut, nachdem wir schon eine Weile gelaufen waren.

Daniel blieb, wie angewurzelt stehen und zog mich ruckartig zu sich. Seine Arme waren um meinen Körper geschlungen und ich spürte seinen warmen Atem auf meinem Gesicht.

"Ich bin mir ganz sicher." flüsterte er und legte zart seine Lippen auf meine. Bevor ich den Kuss jedoch erwidern konnte, trat Daniel einen Schritt zurück und nahm wieder meine Hand.

Nach ein paar Minuten hörte ich fröhliche Musik. Daniel lief weiter und die Musik wurde lauter. Jetzt hörte ich auch ein paar Stimmen, die schrien und lachten. Wenn man nichts sah, wirkte das etwas gruselig. Ab und zu änderte sich die Musik und als ich Lautsprecheransagen hörte, hatte ich eine Vermutung, wo wir sein könnten.

Wir blieben stehen und Daniel stellte sich vor mich.

"Wir sind da."

Er zog mir die Augenbinde ab und ich sah nur Daniel's Gesicht vor mir und drum herum ganz viele bunte Lichter. Ich grinste ihn an und drehte mich einmal um meine eigene Achse.

"Wow." brachte ich leise und erstaunt hervor.

Wir standen auf einem kleinen Rummel. Alles sah so süß aus und war mit Liebe verziert. Es wirkte so unglaublich heimelig.

"Gefällt es dir?" fragte mich Daniel und fuhr sich nervös durch die Haare.

Wie wild nickte ich und grinste ihn an. "Und wie! Es ist perfekt hier."
Glücklich legte ich meine Arme um Daniel's Hals und umarmte ihn stürmisch.

Nach einer langen Umarmung beschlossen wir, einfach über den Platz zu laufen und einige Fahrgeschäfte und Wurfbuden auszuprobieren. Daniel nahm wieder meine Hand und dieses Gefühl tat unglaublich gut. Es war einfach wunderschön mit ihm über den Rummel zu laufen. Niemand wusste, dass Daniel mein Lehrer war. Wir konnten uns ganz normal verhalten und mussten uns nicht verstecken. Für diesen Ausflug war ich Daniel so unfassbar dankbar.

"Danke." ich sah zu Daniel hoch und lächelte ihn warm an.

"Wofür?" er runzelte seine Stirn und war sichtlich verwirrt.

"Dafür, dass du mit mir hier bist, anstelle mit mir Englisch zu lernen. Und dafür, dass wir uns gerade einfach ganz normal verhalten können, ohne aufpassen zu müssen. Es tut gut mit dir hier zu sein."

Daniel lächelte mich einfach nur an und nahm mich in seine Arme. Er drückte mir einen leichten Kuss auf die Stirn, bevor wir weiter liefen.

Nach einer Weile blieben wir vor einem Autoscooter stehen. Ich sah das Glitzern in Daniel's Augen und sah ihm an, dass er unbedingt damit fahren wollte.

"Komm." Ich zog ihn zu dem kleinen Häusschen daneben, wo man die Karten kaufen konnte und stellte mich an.

Daniel beäugte mich kritisch. "Sicher, dass du das kannst?"

Ich verdrehte die Augen. Männer. War ja so klar, dass er dachte, ich konnte so was nicht.

"Wirst schon sehen, wie ich dich fertig mache." Selbstsicher grinste ich ihn an.

Als wir unsere Karten hatten, liefen wir zu den kleinen Autos und setzten uns jeder in eines.

"Okay." begann Daniel. "Eine Runde einfahren, danach ein Wettrennen über zwei Runden."

"Einvertsanden. Was bekommt der Sieger?" fragte ich ihn. Mein Grinsen verschwand einfach nicht von meinem Gesicht.

Daniel überlegte kurz und seine Augen verdunkelten sich böse.
"Der Sieger darf entscheiden was wir als nächstes machen."
Sein Grinsen wurde teuflisch und ich wusste auch wieso. Gegenüber gab es ein Gruselkabinett und ich hatte bei so was panische Angst, dass hatte ich ihm vorhin erzählt. Ich hatte nicht gedacht, dass er so etwas ausnutzt.

"Fein. Los geht's." stimmte ich ihm widerwillig zu.

Wir fuhren uns eine Runde ein und ich musste leider feststellen, dass es gar nicht so leicht war dieses Ding zu fahren. Nach der ersten Runde stellten wir unsere Autos nebeneinander.

"Auf los geht's los." Daniel sah zu mir rüber.
Ich nickte.
"LOS!" schrie Daniel und preschte nach vorn.

Ich hatte zunächst meine Probleme loszufahren, aber als ich das geschafft hatte, drückte ich auf's Gas und düste los. So schlecht war ich auch gar nicht. Ich war knapp zwei Autolängen hinter Daniel nach der ersten Runde.

Als die zweite Runde begann, sah Daniel zu mir nach hinten und rief: "Wo bleibst du denn?"

Leider sah er nicht nach vorn und bemerkte ein anderes Auto nicht, in welches er volle Kanne reinkrachte. Ich begann zu lachen und fuhr an ihm vorbei.
Ich brauste vorne weg und Daniel mir hinterher. Er holte zwar gut auf, aber ich fuhr als Erste in das Ziel und begann zu jubeln.

"Ich habe gewonnen!"

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Ich wünsche euch heute schon mal ein schönes Wochenende 🤗❤

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