Kapitel 38

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Als es am Nachmittag unten an der Tür klingelte, lag ich immer noch in meinem Bett. Gelegentlich putzte ich mir die Nase oder wischte vereinzelte Tränen weg. Doch irgendwie konnte ich gar nicht mehr so viel weinen. Es war als waren meine Tränen verbraucht.
Meine Mom ließ Liv und Abby reinkommen und schickte sie anscheinend zu mir hoch, denn kurze Zeit später klopfte es an meiner Tür.

"Kommt rein." schniefte ich. Ich bemühte mich in dem Berg von Kissen und Decken mich halbwegs ordentlich hinzusetzen.

"Oh Gott, Rose, du siehst schrecklich aus." versuchte sich Liv mitleidig auszudrücken, allerdings konnte sie sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen.

"Danke, ich weiß. Was habt ihr heute in der Schule gemacht?" fragte ich die Zwei.

"Eigentlich haben wir nicht wirklich etwas gemacht." begann Abby.
Sie erzählte und erklärte mir alles. Danach ging sie schnell in das Arbeitszimmer meiner Mom und kopierte mir die Sachen. Ich würde das sicherlich nicht alles abschreiben, dazu war ich viel zu faul.

"So, wenn jetzt die langweiligen Sachen geklärt sind," erklärte Liv und holte nebenbei eine Tafel meiner Lieblingsschokolade aus ihrem Rucksack. "können wir uns ja jetzt den wichtigen Sachen zuwenden." Sie grinste mich an und übergab mir die Nussschokolade.

"Ihr seid wirklich die Besten. Ich habe euch lieb." schnell umarmte ich Liv und Abby und öffnete dann die Schokolade.

"Also, wie sieht dein Plan aus?" fragte Liv aufgeregt.

Komplett verwirrt sah ich sie an.
"Was für ein Plan?"

"Wegen Mr. Smith. Wie du vorgehen möchtest." half mir Abby auf die Sprünge.

"Oh, ich denke nicht, dass es da einen Plan gibt." versuchte ich mich herauszureden.
"Ich werde versuchen morgen und die restliche Woche ganz normal mit ihm umzugehen. So wie ess jede andere Schülerin auch macht.
Ja, ich weiß ich bin nicht wie jede Schülerin für ihn, aber trotzdem kann ich es ja versuchen. Und falls er noch mal mit mir reden will oder so, werde ich ihn ignorieren." erläuterte ich Abby und Liv meinen Plan.

"Das klingt zwar vernünftig, aber auch mega langweilig." nörgelte Abby rum.

"Können wir bitte einfach das Thema wechseln?" fragte ich meine Freundinnen.
Ich wollte wirklich nicht weiter über Daniel reden.

"Klar." erwiderte Abby sofort und lenkte dann die Aufmerksamkeit auf Liv.
"Wie läuft es mit dem Jungen, mit dem du schreibst?"

Liv lief sofort knallrot an und sah mit großen Augen zu mir.
"Ich- ähm. Also wir haben uns letztens getroffen."

Jetzt waren Abby und ich diejenigen, die große Augen machten.

"Erzähl uns mehr." forderte Abby.
"Ich liebe Klatsch und Tratsch Geschichten."

"Also wir waren erst ein bisschen im Park spazieren und dann haben wir einen Eisbecher zusammen gegessen." Liv sah immer wieder unsicher zwischen uns und ihren Händen in ihrem Schoß hin und her.

"Das klingt nach einem richtigen Traummann." staunte Abby.
Wenn sie wüsste, dass der Traummann ihr Bruder war...

Liv nickte nur zaghaft.
"Verdammt Abby, ich kann dich nicht anlügen." plazte es nach einer Zeit aus Liv heraus.
"Ich hatte mit deinem Bruder das Date."

Schuldbewusst sah sie runter auf ihre Hände. Ich konnte spüren wie unangenehm ihr das alles war. Vor allem wie viel Angst sie vor Abby's Reaktion hatte.

"Oh Okay." brachte sie nur zustande.
Abby's Augen wurden groß und ihr Mund klappte leicht auf. Man sah ihr an, dass es in ihrem Kopf ratterte, aber die Information noch nicht so ganz angekommen war.

"Du- du sagst ja gar nichts?" Liv sah verzweifelt von Abby zu mir, aber ich konnte nur die Schultern zucken.

"Also das- ähm, das hatte ich meinem Bruder nicht zugetraut. Also ähm, dass er es schafft ein Mädchen auf ein Date einzuladen und es nicht zu vermasseln, meine ich." Abby stoppte kurz.
"Er hat es doch nicht vermasselt, oder? Wenn er das verkackt hat, ich schwöre euch dann-"

"Nein er hat es nicht versaut, Abby. Es war ein schönes Date und tatsächlich konnte dein Bruder richtig süß sein." Liv unterbrach Abby, bevor sie noch eine Morddrohung gegen ihren eigenen Bruder aussprach.

"Ich will eigentlich gar nicht wissen, wie süß er war. Keine Sorge Liv, ich akzeptiere- was auch immer das zwischen euch ist. Ich will aber keine schmutzigen Details oder irgendwelche anderen Dinge von meinem Bruder wissen, die ich nicht wissen sollte. Und wenn er dir das Herz bricht, bring ich ihn um. Und wenn du ihm das Herz brichst- bitte versprich mir einfach, dass das nichts an unserer Freundschaft ändert, Liv."

Liv nickte.
"Versprochen. Hoch und Heilig. Für immer und Ewig."

Ich konnte sehen wie sie Tränen in den Augen hatte und sie war nicht die einzige. Wir alle drei hatten Tränen in den Augen. Liv wahrscheinlich vor Freude, dass Abby alles akzeptierte. Abby vermutlich, weil sie nicht ihre beste Freundin aufgrund ihres Bruders verlieren wollte. Und ich, weil ich schon den ganzen Tag dank Daniel am heulen war und ich jetzt bei jeder Kleinigkeit in Tränen ausbrach.

Nach dem wir uns alle einmal umarmt hatten, beschlossen Liv und Abby wieder zu gehen. Ich brachte sie noch nach unten zur Tür und verabschiedete sie.
Wieder oben in meinem Zimmer angekommen, erledigte ich zuerst alles für den morgigen Schultag. In den Vertretungsplan schauen, meinen Rucksack packen und mir Anziehsachen rauslegen. Als das geschafft war, legte ich mich auf mein Bett und schaute an die Decke.

Wie sollte ich Daniel morgen gegenübertreten? Wiewtrat er mir gegenüber? Vermutlich ignorierten wir uns gegenseitig, so wie bei unserem letzten Streit. Aber was, wenn wir uns nicht ignorierten? Was passierte, wenn Daniel noch einmal mit mir reden wollte? Ich hatte auf keine Frage eine Antwort. Mein Gehirn hatte nur Fragen, aber ich fand keine Antworten.

Ich liebte Daniel Smith. Ich liebte meinen Lehrer. Gegen die Liebe konnte man nun mal nichts machen. Sie war dein stärkster Gegner und immer da.
Daniel hatte gesagt, dass er mich liebte. Er hatte es mir hinterher gerufen, damit ich blieb. Hatte er das wirklich ernst gemeint oder einfach nur gesagt, damit ich ihn nicht verließ? Liebte Daniel mich wirklich? Reichte meine Liebe zu ihm aus, um eine Fernbeziehung zu führen? Reichte seine Liebe dafür aus?

Ich konnte es nicht wissen. Woher auch? Ich konnte nicht in die Zukunft sehen, das wollte ich auch gar nicht. Auch wenn ich Daniel unendlich liebte und er mich, wer versicherte uns, dass wir eine Fernbeziehung aushielten? Woher wussten wir, dass wir das überhaupt wollten?

Ich wollte nicht verletzt werden. Nicht von Daniel.
Verletzte ich mich damit vielleicht selbst?
Wahrscheinlich. Ich hatte mich und vor allem Daniel verletzt und das nur, weil ich Angst hatte. Aber es war doch natürlich Angst zu haben, oder?

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Das zweite Kapitel der Lesenacht. Wie gefällt es euch? Und was sagt ihr zu Liv und Mark (Abby's Bruder)? 🤗❤

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