Was ne scheiß Idee.

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Ich kann mich erst fertig machen, wenn meine Eltern schlafen gehen. Da beide morgen früh raus müssen, wird das der leichteste Punkt auf meiner Liste sein. Doch bevor ich zur Tat schreiten kann, klopft es an der Tür. Schnell lege ich mich in mein Bett und meinen traurigen Blick auf. ,,Ja?!", rufe ich und da steckt Mama schon ihren Kopf ins Zimmer. 

,,Was machst du?", fragt sie mich und kommt rein. Mama ist nicht besonders groß, aber mir fehlt eindeutig noch ein wenig, um größer zu sein. Papa und sie diskutieren viel und trotzdem führen sie eine harmonische Ehe. Das soll mal einer verstehen. Papa ist so bockig. Niemals will ich so einen Freund. Der mich ständig kontrolliert, mit dem ich ständig diskutieren muss... Mama ist so lieb. Wie ist sie denn an Papa gekommen?

Oh man, auf Mama kann ich nicht lange sauer sein und springe vom Bett auf, um mich in ihre Arme fallen zu lassen. ,,Man, das ist so gemein", heule ich sie voll. Mama streicht mir behutsam mein Haar und ich kann ihr mütterliches, verständnisvolles Lächeln schon spüren, bevor ich es sehe. 

,,Ach, ich weiß einfach nicht, von wem du diesen Sturkopf geerbt hast", säuselt sie vor sich hin und da muss ich etwas schmunzeln. 

,,Von dir sicher nicht. Du machst alles was Papa sagt", entgegne ich und setze mich aufs Bett. Mama sieht mich amüsiert an und setzt sich zu mir. Ich mag es, wenn wir hier sitzen. Mit Mama kann ich so gut reden. Sie versteht mich. 

Zwar sagen alle, ich wär ein Papa-Kind, aber das sehe ich im Moment nicht. Es verletzt mich, dass er denkt, ich sei noch ein kleines Kind, das keine Entscheidungen treffen könnte. ,,Vielleicht hilft dir das weiter", fängt Mama an und ich setze mich im Schneidersitz vor sie. Ich mag es, wenn sie ihre Geschichten auspackt und mir von ihr erzählt. ,,Meine Eltern, die haben mir und deiner Tante sehr viel Entscheidungsfreiheit gegeben. Wir durften tun und lassen, was wir wollten. Es war damals wie ein Geschenk für uns. Wir durften feiern gehen, Party machen, uns mit Jungs treffen wie viel wir wollten, solange wir nach Hause kamen." Mama macht eine Pause und streicht mir eine verirrte Strähne hinters Ohr. Ich nehme ihre Hände, weil ich weiß, was mit meiner Tante passiert ist. Das weiß ich ganz genau, denn bevor sie es mir erzählt hat, war sie so entsetzt gewesen. 

Wir sind spazieren gegangen, wie jeden Sonntag. Tyler und ich sind vor gelaufen und da war eine Brücke. Das Gelände war zu hoch und wir zu klein, um die Schwäne anzusehen, die unten am See geschwommen sind. Ich war zehn oder so. Tyler, der eh nichts verstand, hat dann versucht eine Räuberleiter zu machen und ehe ich mich versah, wurde ich nach hinten gerissen. Fast hätte ich die Schwäne gesehen und wegen dem Schock hatte ich geweint. So wie Mama. Nicht vor mir... Das habe ich dann Abends mitbekommen, als wir eigentlich schlafen sollten. Ich konnte es nicht, weil ich über die Geschichte nachdenken musste. Mama hat mit Papa geredet und er hat sie in den Arm genommen. Deshalb könnte ich verstehen, wenn Mama so vorsichtig wär... Aber Papa? ,,Dein Vater aber wurde sehr streng erzogen. Er kennt es nur so." 

Ja aber das verstehe ich nicht. ,,Wenn er so streng erzogen wurde, dann weiß er doch wie beschissen das ist. Wieso macht er das denn auch mit uns... Ach nein. Nur bei mir", frage ich also unverständlich. 

,,Wenn wir das mal vergleichen, dann ziehe ich die strengere Erziehungsweise wirklich vor. Dein Vater weiß genau wie es bei mir lief. Das will er dir ersparen und das mit Recht. Wenn ich mir vorstelle, dass du das machst, was ich damals getan habe, dann würde ich vom Glauben abfallen", erklärt Mama und schüttelt ihren Kopf ganz theatralisch. Ich muss etwas lachen, will aber auch nachhacken, was genau sie gemacht hat. 

,,Wie schlimm kannst du denn gewesen sein? Was hast du gemacht? Erzähl es mir bitte", flehe ich sie an, denn ich sehe schon in ihren Augen, dass Mama es für sich behalten will. 

,,Es gibt Sachen, die erzähle ich dir, wenn du reif genug dafür bist", lehnt Mama ab. ,,Aber vergiss bei all deinem Groll nicht, dass dein Vater nur das Beste für dich will. Er ist nur so hart zu dir, weil er dich liebt und um nichts auf der Welt riskiert, dass dir etwas passiert. Irgendwann verstehst du das oder lernst es zu akzeptieren." Ich denke eher nicht, aber der Versuch von Mama ist lobenswert. Sie gibt mir noch einen Kuss auf die Stirn und geht dann. Nicht aber bevor sie mich ins Bett zitiert. Ja ja, für den Anschein mache ich alles. Ich will Mama nicht belügen, immerhin war sie auf meiner Seite, aber es geht nicht anders. Es ist etwas anderes mit Papa zu diskutieren. Anlügen würde sie ihn nie. Das will ich auch nicht. Das kann ich gut alleine.

Ich will Dich!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt