Katastrophale Schuldgefühle

486 22 0
                                    

Die nächsten Tage waren schrecklich. Xenia verkroch sich in ihrem Zimmer und ließ niemanden außer mich hinein. Ich versuchte sie dazu zu überreden endlich einen Fuß aus dem Zimmer zu setzen, doch sie verneinte immer wieder und zog sich die Decke über den Kopf. Was mir Sorgen bereitete war, dass sie immer weniger aß. Ihr Appetit verschwand und auch ihre Lebenslust. Sie nahm ab und wirkte täglich zerbrechlicher.

Am vierten Tag zog sie sich auch ihren alten schwarzen Pulli wieder an und verkroch sich in der tiefen Kapuze. Große Schatten untermalten ihre Augen und sie sah von Tag zu Tag kränker aus.  Nicht einmal die Musik konnte sie ablenken und so hörte sie auf an Jungkook's Song zu arbeiten. Im Laufe der Tage, schaffte ich es die Geschichte ihrer Mutter zu erfahren. Ich konnte es einfach nicht fassen, dass sie selbst jahrelang nicht wusste, was ihre Mutter arbeitete. Wobei irgendwie konnte ich sie auch gut verstehen. Sie hatte genug Kraft gebraucht, um sich um ihren Vater und sich selbst zu kümmern, da hatte sie kaum Zeit ihrer Mutter nachzuspionieren, um herauszufinden wo die sich herumtreibt.

Ich versuchte immer wieder ihr näher zu kommen und ihr das Gefühl zu geben, dass jemand für sie da war. Doch jedes Mal wandte sie sich ab und ignorierte meine Versuche. Selbst eine Umarmung lies sie nicht mehr zu. Es war schrecklich für mich zu beobachten, wie sie wieder in alte Verhaltensmuster zurückfiel und bei jeder Bewegung zusammenzuckte, die ihr zu nahekam.

Es war 12:00 und alle außer Xenia, saßen am Esstisch und stopften sich Jins dampfendes Mittagessen in den Mund. Es war lecker wie immer, doch irgendwie bekam niemand einen Bissen herunter. „Ich kann da nicht mehr länger zusehen!", seufzte Sofie und stocherte gedankenverloren in ihren Nudeln herum. „Ich auch nicht!", flüsterte J-Hope und nippte an seinem Saft. „Aber was wollt ihr tun?", fragte V. „Wir versuchen doch ständig, dass sie aus ihrer Höhle rauskommt und wieder mit uns spricht! Aber wenn selbst Suga nichts mehr tun kann, weiß ich auch nicht weiter!" Alle schwiegen. In mich kochte die Wut, und ich bemühte mich meine Gefühle zu zügeln. „Sollen wir professionelle Hilfe holen?", erkundigte sich RM. „Wir können schließlich nicht zusehen, wie sie sich selbst aushungert! Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie zusammenklappt!"
„Wie kann man nur so dumm sein und sich selbst gefährden", fuhr nun Jimin auf. Ich biss die Zähne zusammen und knallte mit der Faust auf den Tisch.

„Es reicht! Ich habt das alles nicht verstanden, oder? Sie hungert doch nicht, um ihretwillen. Sie ist krank. Psychisch krank. Sie ist verdammt traurig wegen ihrer Mutter. Sie hat sie jahrelang nicht richtig zu Gesicht bekommen. Und jetzt hat sie sie endlich wiedergesehen und es wäre vermutlich besser gewesen, sie wäre nie wieder aufgetaucht! Sie gibt sich die Schuld dafür, was mit ihrer Mutter passiert ist. Sie denkt, es wäre anders gekommen, hätte sie ihr geholfen!", ich holte Luft und merkte wie mir die Hitze in den Kopf stieg. Die anderen sahen mich aus großen Augen an. Es war Lange her gewesen, dass ich das letzte Mal laut geworden war. Ich glaube ich habe sie noch nie so angeschrien, wie ich es gerade eben getan hatte.

„Suga, ich....äh....es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du....!", Jimin stocke. Ich fuhr mich mit den Händen durch die Haare und versuchte mich schnaubend zu beruhigen. Ich sah auf die Uhr. „Wisst ihr was? Wartet nicht auf mich mit dem Abendessen! Ich hab' was zu tun! Und ruft mich nicht an, ich werde nicht abheben!"

Mit diesem Worten schnappte ich mir meinen Mantel, riss die Eingangstür auf und stürmte aus dem Haus. Die konnten mich alle mal.....

J-Hopes Sicht:

Hey, ich bin's wieder. Ich denke wir solltet die Geschehnisse nun aus meinem Blickwinkel erfahren. Ich glaube, jetzt wo Suga weg ist, bin ich derjenige der den besten Überblick über alles hat.

Ich muss ehrlich sagen, ich wusste nicht was in Suga gefahren war. Er war noch nie vor uns ausgetickt und hat uns auch noch nie angeschrien. Doch ich denke, dass ist so bei verliebten Menschen. Die verhalten sich nun Mal anders, als gewohnt.
Wir sahen und alle perplex an. „Der beruhigt sich schon wieder", meinte RM und versuchte die Situation aufzulockern. Doch insgeheim wussten wir alle: Das hier war ernst! „Ich hab keinen Hunger mehr!", meinte Jungkook abweisend, stand auf und räumte seinen Teller ab. „Ich geh in mein Zimmer." „Ich bin dann auch weg", murmelte V und auch Jimin erhob sich von seinem Stuhl. „Und wer isst jetzt das ganze Essen", maulte Jin etwas beleidigt. „Ich nehme etwas davon nach oben mit und bringe es Xenia, vielleicht möchte sie ja doch probieren!", erklärte ich beschwichtigend und füllte etwas von dem Essen in zwei leere Schüsseln.

-fünf Minuten später-


Ich hatte nun schon das zehnte Mal geklopft, doch nichts rührte sich. Ich seufzte. „Xenia, mach doch bitte endlich die Tür auf!" Nichts. Noch einmal hämmerte ich fest an das dunkelbraune Holz, doch ihr hörte nur ein leises Husten aus dem Zimmer. Ich überlegte. Wie konnte ich sie dazu bringen konnte, aufzuschließen und mich einzulassen?.....

Schließlich hatte ich eine Idee. „Xenia? Suga ist weggegangen. Er war total fertig mit den Nerven und wir wissen nicht was er vorhat." Das Husten stoppte. Kurz war nichts zu hören, dann vernahm ich wie leise Schritte sich der Tür näherten. Es klickte und das Schloss sprang auf.

„Was ist passiert?", fragte eine schwache Stimme. Sie öffnete die Tür nicht weiter als einen Spalt breit, doch am Zittern ihrer Hand sah ich, wie schwach sie mittlerweile war. „Er hat Angst um dich. Und jetzt hat er etwas vor, doch wir wissen nicht was?" „Und wo ist er hingegangen?" „Keine Ahnung! Das ist es ja, was uns Sogen macht! Sonst sagt er uns immer wo er hin will."

Mit einem Mal machte sie die Tür auf. „Komm rein!" Ich versuchte ihren Blick zu erhaschen, doch sie hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.

Sie setzte sich wieder auf ihr Bett und ich wunderte mich, wie dunkel es in dem Raum war. Sie hatte die Vorhänge zugezogen und auch sämtliche Lampen abgeschalten. Als sie das Essen in meinen Händen sah, knurrte ihr Magen. „Hast du Hunger?", fragte ich vorsichtig. „Warum ist du dann nicht?", fragte ich besorgt. „Weil ich das Gefühl habe, ich habe es nicht verdient zu essen. Ich bin schuld an allem...Warum sollte ich da das Recht haben etwas zu essen." Ich starrte sie entgeistert an.

„Xenia spinnst du? Zum einen bist du nicht Schuld an dem Schicksal deiner Mama und zum anderen, hat jeder Mensch, egal was er angerichtet hat ein Recht auf Leben. Und das schließt das Essen mit ein." Sie sah mich an und ich erkannte die Umrisse ihres eingefallenen Gesichts. Ich war wütend. Wütend auf Xenia, so selbstlos mit sich selbst umzugehen, dass sie sein eigenes Leben gefährdete.

„Jetzt hör mir mal gut zu! Wenn du so weiter machst, muss Suga sein Versprechen dir gegenüber brechen!" „Wie meinst du das", wunderte sie sich und runzelte die Stirn. „Wenn du dich zu Tode hungerst, kann er nichtmehr für dich da sein. Er muss dich loslassen, weil du dann nicht mehr am Leben bist. Möchtest du das etwa?" Sie schüttelte den Kopf. „Dann iss etwas...... Suga zuliebe."

Sie sah das Essen lange aus hungrigen Augen an. „Vielleicht hast du recht!" Ich reichte ihr die Schüsseln und sie zog den Geruch der beiden Gerichte in sich auf. Augenblicklich kam etwas Leben in ihr blasses Gesicht. Sie nahm die Esstäbchen in die Hand tauchte sie in die Nudeln ein. Kurz zögerte sie, dann schaufelte sie die dampfenden Teigwaren in ihren Mund.


Liebe, das gibt es nicht! (Suga Ff) - Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt