Kapitel 16

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Rausch: emotionaler Zustand, in dem eine Verwirrung der Gedanken und Gefühle eintritt

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Ich drehte mich einmal vor dem Spiegel und betrachtete das schwarze, enganliegende Kleid, das bis zu den Knien ging und einen tiefen Rückenausschnitt hatte.

Luke war bereits vor zwei Stunden zu Jade gefahren, also hatte ich mich in der Zeit fertig gemacht. Als es an der Türe klingelte, rannte ich die Stufen runter, um von Ben begrüßt zu werden.

Ben marschierte an mir vorbei in die Küche und holte zwei Gläser aus dem Regal. „Jay wird uns hassen, wenn wir bei ihm auftauchen" meinte Ben als er sich zu mir umdrehte.

Auf seinem Gesicht tauchte ein Grinsen auf, „Aber wer wären wir denn, wenn wir uns an Jays Forderungen halten würden" grinste er und drehte mir wieder den Rücken zu.

Ich hörte, wie er die Gläser befüllte. Was schenkte er in das Glas? Unsere Flaschen standen doch drei Meter weiter links.

Mit einem Ruck drehte er sich um und hielt mir ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit hin.

„Aber wenn wir schon dahin gehen, sollten wir uns wenigstens ein wenig Mut antrinken" meinte er und ich nahm zögerlich das Glas.

Er stieß sein Glas gegen meines und nahm einen großen Schluck. Na ja, was sollte schon passieren? Ich war bei Ben und Ben passte auf mich auf und ich passte auf ihn auf.

Also tat ich es Ben gleich und nahm einen Schluck. Das Getränk brannte in meinem Hals, ich verzog mein Gesicht und räusperte mich einmal.

„Woher hast du das?" fragte ich und blickte zu ihm, „Das habe ich mitgehen lassen. Jay hat Unmengen an Flaschen gekauft, dem fällt das sowieso nicht auf, wenn eine fehlt" zuckte er mit den Schultern und leerte sein Glas mit einem weiteren Schluck, nur um es anschließend wieder zu befüllen.

Nach einer Stunde war von nebenan bereits die laute Musik zu hören, also gingen Ben und ich rüber. Die Türe stand offen und in dem Moment, indem wir das Haus betraten, kam uns schon der Geruch von Alkohol entgegen.

Ben und ich wollten schon weiter ins Wohnzimmer gehen, als Jay plötzlich vor uns stand. „Was macht ihr hier?" fragte er, aber ich nahm ihn schon vor lauter Alkohol kaum wahr.

„Wir wollen ein wenig Spaß haben" sang ich, klopfte ihm leicht auf die Brust und marschierte an ihm vorbei ins Wohnzimmer.

„Hey Lily" rief Kyle, als ich auf ihn, Tyler und Noah zu tanzte. „Was machst du denn hier?" rief er in mein Ohr und legte seine Hand an meine Hüfte.

„Vermutlich dasselbe, wie ihr" rief ich über die laute Musik hinweg zurück. Kyle grinste mich an und wir fingen an zu tanzen.

Eine halbe Stunde später saß ich neben Kyle und Tyler auf dem Boden. Wir spielten irgendein Trinkspiel, zu dem mich die beiden überredet hatten. Entweder musste man die Aufgabe, die einem gegeben wurde machen oder einen Shot trinken. Ben hatte ich schon vor einiger Zeit in der Maße verloren. Vielleicht war er auch schon hoch in sein Zimmer gegangen.

Müde lehnte ich mich an Kyles Schulter. Ich beobachtete die ganze Situation vor mir, bis ich selbst genannt wurde, eine Aufgabe zu erfüllen.

„Lilian" ich blickte auf und schaute zu Chloe. „Lass dir von Kyle einen Knutschfleck geben" sie grinste mich hinterhältig an. Ich schaute zu Kyle hoch, der mit den Schultern zuckte.

Zusammen standen wir auf und gingen in das Badezimmer. „Ist das für dich in Ordnung?" fragte Kyle, ich nickte und legte meine Arme um Kyles Hals. Ich fuhr durch Kyles Haare, als er mit seinen Lippen über meine Schulter bis hoch zu meinem Hals Küsse verteilte.

Sanft biss er in meinen Hals, zog leicht daran und verteilte immer und immer wieder Küsse an dieser Stelle.

Als er fertig war kehrten wir zu den anderen zurück. Alle schauten meinen Knutschfleck an, als wir uns an unseren vorherigen Platz setzten. Vor allem der Blick von Jay erhaschte meine Aufmerksamkeit.

Jay hatte seine Augen leicht zusammengekniffen und beobachtete mich genau. Er biss seine Zähne aufeinander, sodass seine Gesichtszüge klar sichtbar waren. Ich wandte meinen Blick wieder ab.

„Lilian, zieh dein Kleid aus" erklang die Stimme von einem der Jungen aus Jays Stufe. Na ja, was sollte auch passieren, dann saß ich eben hier in Unterwäsche. Da sah man doch auch nicht mehr, als wenn ich im Bikini hier sitzen würde.

Aber bevor ich irgendetwas tun konnte, hatte mich schon eine Hand am Oberarm gepackt. „Ich trinke für sie" ertönte die Stimme von Jay hinter mir.

**

Ich stöhnte auf, als am nächsten Morgen die Sonne in mein Gesicht schien. Genervt drehte ich mich vom Fenster weg und öffnete meine Augen minimal.

Warte! Wo war ich? Ich setzte mich schnell auf und streifte mit meinem Blick durch das Zimmer.

Die Wand war dunkelblau und die Möbel schwarz. Das Bett, in dem ich lag stand in der Mitte des Raumes, gegenüber war der Kleiderschrank mit einem Sessel. Neben dem Sessel lag ein Schulterpad und ein Helm.

Warte! Was? Das konnte nur Jays Zimmer sein. So schnell es ging sprang ich aus dem Bett hinaus. Was machte ich in Jays Zimmer?

Ich lief auf den Spiegel zu. Ich sah fürchterlich aus, das ganze Make-up war verschmiert, am Hals hatte ich einen riesigen Knutschfleck und alles, was ich trug war meine Unterwäsche und ein großes weißes T-Shirt, das zum Glück etwas länger war.

Das hatte ich mir definitiv nicht selbst angezogen! Und woher hatte ich diesen Knutschfleck? Panisch, lief ich im Zimmer hoch und runter. Wieso konnte ich mich denn an gar nichts mehr erinnern?

Langsam lief ich zum Fenster, aber das helle Sonnenlicht sorgte nur dafür, dass mein Kopf immer mehr weh tat.

Ich hatte gestern definitiv zu viel getrunken. Das würde ich nie wieder machen!

Ich brauche eine Schmerztablette. Dringend! Mit diesem Gedanken lief ich die Treppen von Bens Haus hinunter.


Auf dem FeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt