Kapitel 64

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Optimismus: Grundhaltung gegenüber dem Leben, die alles zuversichtlich, lebensbejahend und von der besten Seite beleuchtet

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Mit gelockten Haaren, fast fünf Mal so viel Make-up wie sonst und einem wahren Mädchentraum an einem Kleid stand ich vor dem Spiegel. Jay würde gleich kommen und mich zum Abschlussball abholen.

Obwohl ich zu Beginn nicht ganz überzeugt war, hatte ich mich für ein Kleid entschieden, das ein Oberteil mit silbernen Steinchen und einem zinnoberroten fließenden Stoff besaß. Und ich musste Jade, die mich an dem Tag begleitet hatte zustimmen, es sah toll aus.

Es klingelte, also schlüpfte ich schnell in meine Schuhe und nahm meine Clutch. Ich lief die Treppe hinunter und sah Jay am Ende der Treppe stehen. Mit seinem riesigen, strahlenden Lächeln stand er da und wartete auf mich.

Er sah toll aus. Er trug einen schwarzen Anzug mit einer roten Fliege, die zu dem Unterteil meines Kleides farblich passte.

Als ich unten angekommen war, nahm Jay meine Hand in seine. „Du siehst wunder – wunderschön aus" sagte er und gab mir einen Kuss auf die Wange.

„Ich habe dir noch etwas mitgebracht" er streckte mir eine kleine Box entgegen, die ich öffnete. In ihr lagen drei weiße Lilien, die an einem Armband befestigt waren. Aus irgendeinem Grund, liebte ich Lilien und das definitiv mehr als Rosen.

„Das ist so schön" bewunderte ich das Armband. „Bitte noch einmal hierher stellen, damit wir noch ein paar Bilder machen können. Für Erinnerungen und für Lee, der mir schon seit über einer halben Stunde deswegen schreibt" sagte Luke und schob uns in Richtung Garten.

Anschließend fuhren wir zu dem Ball. Am Eingang warteten bereits Noah mit seinem Date, Liam mit seinem Date und Ben und Nelly, bei den beiden war ich mir sicher, dass da mehr vor sich ging als „Freundschaft", wie es Ben so oft behauptete.

„Hallo ihr beiden" grüßte uns Noah mit seinen Händen tief in seinen Hosentaschen. „Hey" grinste ich in die Runde, „Lasst uns endlich feiern gehen" sang ich und zog Jay mit mir in die Halle.

Es war gedimmt in der Halle, Lichterketten waren an den Wänden angebracht und die Tanzfläche war dicht besiedelt.

„Darf ich dich in die Fotobox entführen?" fragte Jay mich und meine Augen leuchteten sofort auf, „Natürlich" damit liefen wir sofort in die Richtung der Fotobox. Nach den klassischen Fotoaufnahmen, die man bei Abschlussbällen machte, zog Jay mich vor sich, ging ein Stückchen in die Knie und hob mich im Brautstil hoch.

Ich quickte kurz auf, als meine Füße den Boden verließen. Sofort fuhren meine Arme um Jays Schulter und Jays Lachen schallte in meinen Ohren. Ich zog ihn ein Stückchen zu mir hinunter und küsste ihn.

Jays Kuss erwärmte mein Herz, er ließ mich geborgen fühlen, obwohl mein Herz bis zu meinem Hals schlug. Nach dem Kuss ruhte meine Stirn an Jays, während wir uns tief in die Augen schauten. Ich liebte seine grünen Augen und wie sie mich anfunkelten, sodass ich mich in ihnen verlor.

„Leute, ihr hattet hier genügend Zeit, jetzt sind mal andere dran" meinte Noah und schob uns zur Seite. „Immer diese Spielverderber" murrte Jay und setzte mich vorsichtig wieder auf dem Boden an.

„So lange du kein Spielverderber bist, ist alles gut" grinste ich ihn an und zog ihn mit mir in die Richtung der Tanzfläche. Jay und ich wirbelten über die Tanzfläche ohne dem anderen auch nur eine Sekunde von der Seite zu weichen.

Und auch als ein langsames Lied aufgelegt wurde, zog Jay mich näher an sich heran und legte seine Hände auf meine Hüfte. Ich schloss meine Arme um seine Schultern und lehnte meinen Kopf sanft an seine Brust.

Ich nahm die Musik kaum wahr, als wir uns langsam bewegten. In diesem Moment gab es nur Jay und mich. Ich vergaß alles um uns herum. Und auch obwohl ich wollte, dass dieser Moment ewig währte, wusste ich, dass dies nicht passieren würde.

In weniger als einem Monat würde Jay im Flieger nach Los Angeles sitzen und sein neues Leben starten, er würde neue Freunde finden, neue Bekanntschaften machen und erwachsen werden.

Während ich noch hier bleiben musste und das letzte Schuljahr hinter mich bringen musste. Und obwohl ich es so gut, wie nur möglich versuchte zu unterdrücken, musste ich gestehen, dass ich Angst hatte. Angst davor, dass Jay sich verändern würde, dass er ein Mädchen trifft, das doch viel besser zu ihm passt, als ich, dass er selbstständig wurde, während ich in seinen Augen kindlich blieb.

Ich hatte Angst vor dem, was da auf uns zu kam, mit was wir uns wohl in einem halben Jahr herumzuschlagen hatten und mit der Angst, ob das, was zwischen uns war, genug war um diese Beziehung trotz der Distanz aufrecht zu erhalten.

Aber ich sagte Jay nichts davon, in manchen Momenten bildete ich mir ein, in seinen Augen dieselben Fragen ablesen zu können. Aber ich sagte nichts. Ich wusste, dass Jay mir sagen würde, dass wir es gemeinsam meistern würde. Und ich wusste, dass er genau die richtigen Worte wählen würde, um mich davon zu überzeugen. Dennoch existierte diese Angst immerzu in mir.

„Love, denke nicht so viel nach" murmelte Jays Stimme in mein Ohr und augenblicklich lief mir ein Schauer den Rücken hinunter, der mich in Erstaunen versetzte.

Solche Momente waren es, die mir vor Augen hielten, dass es sich lohnte darum zu kämpfen. Er wusste, was in mir vorging, ohne dass ich auch nur einen einzigen Mucks von mir gab. Solche Momente waren es, in denen ich mir sicher war, dass es niemand anderen geben könnte, der mich in der Form lieben könnte, wie Jay es tat.

Und genau deshalb war ich mir auf der anderen Seite absolut sicher, dass wir dieses eine Jahr schaffen würden. Ein Jahr in dem wir täglich telefonieren oder schreiben konnten – was für ein Glück, dass wir im 21. Jahrhundert lebten! Er würde seine Familie und mich hier besuchen und vielleicht würde ich auch zu ihm fliegen und ihn besuchen. Wir konnten es schaffen, es war nur ein Jahr!

Er nahm eine Hand von meiner Hüfte und legte sie an mein Kinn. Langsam hob er mein Kinn an, damit ich ihn anschaute. „Love, du machst dir viel zu viele Gedanken" trotz dem gedämmten Licht konnte ich seine strahlend grünen Augen nur allzu gut sehen.

„Wir schaffen das doch!" obwohl ich wusste, dass er genau das sagen würde, war ich überrascht von seinem Optimismus. „Ich weiß" noch mehr war ich von meinem Optimismus überrascht, der meinen Mund verließ und auf Jays Gesicht ein verträumtes Lächeln hinterließ.

Auf dem FeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt