Kapitel 1

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Heimat: Land, Landesteil oder Ort, in dem man aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt

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„Lily, beeile dich mal. Wir sind so spät dran" hörte ich Luke, meinen älteren Bruder, rufen.

Ich verdrehte meine Augen, warf einen letzten Blick in den Spiegel, zog mein Kleid noch einmal ein wenig nach unten, bevor ich zu Luke nach unten rannte.

Luke stand, gekleidet in ein lockeres Shirt und Shorts, vor der Tür und hatte seinen Blick auf sein Handy gerichtet, bis ich vor ihm stand.

Seine Hand schoss sofort zum Türgriff, doch bevor er die Türe öffnete, hielt er noch einmal inne.

„Du hast heute aber ganz schön viel Make-up drauf" bemerkte er und studierte mein Gesicht genau.

„Gefällt es dir nicht?" fragte ich und hob meine Augenbraue.

„Es sieht toll aus, aber du weißt, dass wir nur zu den Hemmingways gehen?" jetzt schaute er auf das Kleid, dass ich trug.

„Luke, in einer Woche beginnt die Schule und ich habe mir selbst versprochen, dass ich mich verändern möchte." Erklärte ich ihm zum gefühlten tausendsten Mal.

„Ich weiß, die High School kann ein Haifischbecken sein, aber ich hatte nie das Gefühl du hättest Probleme gehabt... Ich möchte nur, dass du weißt, das du auch ohne Schminke wunderschön aussiehst" er gab mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er die Türe öffnete und wir eine Türe weiter zu unseren Nachbarn, den Hemmingways, gingen.

Eigentlich war ich jeden Tag hier, aber heute war es trotzdem nochmal anders.

„Hallo, ihr beiden" begrüßte uns Eva. Sie war braun gebrannt von ihrem Urlaub in Kuba und ihr Lächeln verriet keineswegs, dass sie in dem chaotischsten Haus, der ganzen Straße, wohnte.

Sie umarmte uns beide, „Die anderen sind alle schon im Garten". Luke und ich machten uns auf den Weg durch das Haus, um in dem wunderschönen großen Garten anzukommen.

Eva verbrachte jeden Tag Stunden im Garten, damit er so toll aussah. Und es hatte sich definitiv jede Minute gelohnt. Das Gras hatte die perfekte Höhe, die Bäume und Büsche erstrahlten im satten Grün und die Blumen, die in allen Farben erstrahlten taten den Rest.

„Lily" hörte ich noch, bevor ich von Ben, meinem besten Freund, attackiert wurde. Ihr mögt euch fragen, wie kommt es dazu, dass mein bester Freund ein Junge ist. Na ja, ich bin hauptsächlich mit Ben aufgewachsen, weil wir Nachbarn sind und seit wir krabbeln können machen wir alles gemeinsam.

„Ich habe dich vermisst, wehe es fällt dir noch einmal ein mich einen Monat hier alleine zurückzulassen" ich haute ihm leicht auf die Brust. „Niemals!".

Mein Bruder hatte sich in der Zwischenzeit an den Tisch zu den anderen gesetzt, wohin Ben und ich uns nun auch bewegten.

Luke war bereits in ein Gespräch mit Lee und David verwickelt. Lee ist, genauso wie Luke, 26 Jahre alt, aber er lebt inzwischen in New York und arbeitet bei einem großen Konzern, deshalb kommt er nur einmal alle paar Monate zu Besuch. David und Eva waren für Luke und mich zu unseren zweiten Eltern geworden.

„Lilian, was ist denn das in deinem Gesicht?" fragte mich Jay. Er wusste, dass ich es hasste, wenn man mich Lilian nannte.

„Wo denn, Jason?" und ich wusste, dass er es hasste, wenn ich ihn Jason nannte. Er beißt seine Zähne zusammen und seine grünen Augen weiten sich, als wollte er mich auffordern, ihn noch ein einziges weiteres Mal mit diesem Namen anzusprechen. Ich grinste ihn frech an und sein freches Grinsen erscheint wieder auf seinem Gesicht.

„Überall, vor allem an den Augen und auf dem Mund" er schaute mich angewidert an und ich verdrehte meine Augen.

„Schminke sollte dir doch ein Begriff sein, vor allem wenn man die Cheerleader am nächsten Morgen nicht wiedererkennt" jetzt war er an der Reihe seine Augen zu verdrehen.

Darf ich vorstellen Jay Hemmingway; Quarterback, Mädchenschwarm, Herzensbrecher und Hauptberuflich Arschloch.

„Kinder, es gibt Essen" sagte Eva, als sie mit einer Schüssel Nudelauflauf auf die Terasse kam.

„Das war ja allerhöchste Zeit, bevor Jason und Lilian sich gegenseitig auffressen" merkte Lee an und grinste mich frech an.

„Ich habe keine Ahnung, wie ihr es schafft in einem Team zu spielen. Mir scheint, dass komplett unmöglich" sagte Ben, als er sich eine große Ladung Nudelauflauf auf den Teller schöpfte.

„Was?" schrie Lee plötzlich auf und jeder blickte ihn erschrocken an.

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich es ins Football-Team schaffe" grinste ich Lee an.

Lee hatte mir letztes Jahr, alles beigebracht. Wir waren den ganzen Sommer beschäftigt, damit ich die Jungs in den Tryouts schlagen konnte.

„Haha, ich wusste, wenn es eine schafft, dann du" lachte er und gab mir über den Tisch einen High-Five.

„Am Donnerstag sind wieder Tryouts, du bleibst nur im Team, wenn du es auch dieses Mal schaffst" meinte jetzt Jason trocken.

„Und seit wann ist das der Fall? Wie oft hast du denn an den Tryouts teilgenommen?" warf sich jetzt Ben dazwischen. Schon seit ich denken kann, sprang Ben immer für mich ein, wenn er den Eindruck hatte alleine würde ich es nicht schaffen.

„Ich bin Kapitän der Football-Mannschaft, ich bin gesetzt. Aber Lilian... na ja... sie ist..." Jason suchte verkrampft nach den richtigen Worten.

„Ein Mädchen? Das gibt dir noch lange nicht das Recht einfach die Aufnahmeregeln an der High School zu ändern" vervollständigte ich seinen Satz.

„Da stimme ich Lily voll und ganz zu" ergänzte Lee mit vollem Mund, der die ganze Szene aufmerksam beobachtet hatte.

„Wer von den anderen aus eurem Team muss an den Tryouts teilnehmen außer Lily?" mischte sich nun auch noch David ein.

„Das ist doch egal, wir haben beschlossen Lilian muss es bei den Tryouts nochmal zeigen und..." Lee unterbrach Jason in seinem Versuch einer Rechtfertigung.

„Wenn Lily es dieses Jahr nicht nochmal in das Footballteam schafft, dann fliege ich aus New York hierher, nur um dir mal genau zu zeigen wo der Hammer hängt!" drohte Lee, kurz davor auf Jason loszugehen.

„Lee, bitte" versucht Eva ihn zu beruhigen.

„Ist doch wahr, einfach neue Regeln aufstellen, sobald es ein Mädchen mal in die Mannschaft schafft" ärgerte Lee sich und schlug mit seiner Hand auf den Tisch, „du kannst mir doch auch nicht erzählen, dass es euch nicht gefallen würde, dass ein Mädchen in eurem Team spielt. Ich meine, wer kann das von seinem Team behaupten?".

„Lee, jetzt langt es" brachte David ihn zum Schweigen, aber Lee verdrehte nur die Augen und warf Jay einen komischen Blick zu.


Auf dem FeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt