Kapitel 56

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Anspannung: Einstellung von Erwartung oder Befürchtung, Angst oder Unsicherheit

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Nachdem sich Ben und ich noch eine Schneeballschlacht geliefert hatten, fuhren wir am Montagmorgen ein wenig verschnupft zusammen in die Schule.

Überraschenderweise ging der meiste Teil der Schule ziemlich schnell und überraschend einfach über die Bühne.

Am Anfang des Matheunterrichts kam unser Mathelehrer auf mich zu, „Ms. Sullivan, der Coach möchte Sie jetzt in seinem Büro sehen" ich sah noch, wie Ben mir einen verwirrten Blick zu warf.

Ich machte mich auf den Weg zu dem Büro des Coaches, das nicht allzu weit von dem Klassenzimmer entfernt war. Ich klopfte an und nachdem mich der Coach hineingebeten hatte, setzte ich mich auf den Stuhl gegenüber dem Coach hin.

Der Coach sortierte einige Blätter ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen. Als ein Klopfen an der Tür erklang, sprach der Coach auf, „Herein".

Die Türe öffnete sich und Jay kam in den Raum. Er stockte in seiner Bewegung, als er mich sah. Seine Starre hielt allerdings nicht ganz so lange, wie meine, denn nach wenigen Sekunden schloss Jay die Tür hinter sich.

„Hemmingway, holen Sie den Stuhl noch heran" sagte er, Jay holte den Stuhl und stellte ihn in einem größeren Abstand zu meinem hin.

„Ich bin froh, dass Sie meiner Bitte nachgekommen sind und hier her kamen" na ja, hätte ich gewusst, dass Jay kommt, hätte ich mir das wohl nochmal überlegt.

„Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen beiden" führte der Coach seine Rede weiter. Nervös spielte ich mit meinen Fingern herum.

„Am Donnerstag kamen Sie" er zeigte zu mir, „und erzählen mir, dass Sie nicht mehr spielen können" dann wandte er seinen Blick zu Jay. „Und Sie kamen nach dem Training am Freitag zu mir und sagten mir dasselbe."

Ich hörte Jay neben mir schwer atmen und sehe aus dem Augenwinkel, wie er seine Arme vor seiner Brust verschränkt.

„Ich will nicht die Beweggründe für Ihre Entscheidungen wissen. Aber denken Sie nicht, dass das Ganze ein wenig kindisch ist? Und ich sage es Ihnen nur äußerst ungern, allerdings haben private Angelegenheiten nichts auf dem Spielfeld zu suchen. Also, wie verfahren wir jetzt damit?"

Jay wippte mit seinem Fuß und machte mich damit ganz verrückt. Da Jay keinerlei Anstalten machte, etwas zu sagen und ich auch nicht vorhatte, etwas zu sagen, verschränkte ich die Arme vor meiner Brust.

Der Coach sah zwischen uns beiden hin und her, bevor er wieder tief atmete. Die Stimmung hier war unglaublich unangenehm, schon fast greifbar.

„Na ja, ich will es anders formulieren" er lehnte sich in seinem Stuhl nach hinten und betrachtete Jay für einen kurzen Moment.

„Hemmingway, Ihnen ist doch wohl klar, wenn Sie aus dem Football-Team und als Kapitän zurücktreten, dass ihr Stipendium an der USC gefährdet ist" er hob kritisch seine Augenbrauen und wartete darauf, dass Jay etwas sagte.

Warte! Was? Jay hatte ein Stipendium an der USC erhalten? Er hatte das mit keinem Wort erwähnt! Wieso hatte er denn nicht einmal angekündigt, dass er in einem halben Jahr einen gut zwei ein halb Stunden Flug entfernt leben würde. In Los Angeles, ich glaube es nicht! Natürlich wusste ich, dass Jay nächstes Jahr an die Universität gehen würde, aber ich hatte gehofft, dass es nicht ganz so weit weg sein würde.

Jay bewegte sich in seinem Stuhl ein wenig nach vorne, „Coach, ich will nicht, dass Sie ärgerlich sind. Ich wollte Sie nur beten, dass ich ein, vielleicht zwei Spiele frei bekomme. Ich kann momentan einfach keinen klaren Gedanken mehr fassen. Nach Weihnachten bin ich wieder am Start."

Dann wandte der Coach sich an mich. „Ms. Sullivan, ich will Sie nicht überzeugen, dass Sie in dem Team bleiben, obwohl Sie natürlich ein großer Gewinn für die Mannschaft sind. Ich kann es nur nicht verstehen, dass Sie aufhören wollen; Sie sind von allen der ehrgeizigste Spieler, den ich je gecoacht habe."

Ich nickte und versuchte einen möglichst neutralen Blick zu bewahren. Meine Wut auf Jay stieg von Sekunde zu Sekunde an, ich konnte Jay einfach nicht verstehen. Wie konnte ich auch nur einmal davon ausgehen, dass ich ihm vertrauen konnte?

Als ich nicht antwortete, sprach der Coach wieder, „Ich weiß, Sie beide haben sich noch nie wirklich gut verstanden und das hat sicherlich seine Gründe. Aber in den letzten Wochen hatte ich den Eindruck, Sie verstehen sich ganz gut. Ms. Sullivan überlegen Sie sich das bitte noch einmal" ich nickte.

Jay und ich standen auf und verließen das Büro des Coaches. Ich schloss die Türe hinter mir und lief in die Richtung des Klassenzimmers, zu dem ich musste.

„Lily, lass uns bitte reden" sagte ich und hörte, wie Jay hinter mir herlief. „Wenn du nichts neues zu sagen hast, ist ein Gespräch überflüssig" sagte ich, ohne auch nur meine Geschwindigkeit zu reduzieren.

„Ich wollte es dir sagen, dass mit der USC. Ich wusste nur nicht, wie" meinte er. Er hatte mich inzwischen überholt und sich vor mir aufgebaut.

„Dann ist es natürlich die beste Idee, nichts zu sagen, damit ich es von jemandem anderen erfahre" sagte ich mit ironischem Unterton. Ich versuchte an ihm vorbeizukommen, aber er hielt mich an der Schulter fest.

„Ich wollte es dir wirklich sagen, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob ich dort überhaupt hingehen werde" ich schnaubte und verschränkte meine Arme vor der Brust.

„Jay, sei doch kein Idiot!! Die USC will dich, als ihr Quarterback. Wieso solltest du das nicht annehmen? Die Chancen als Quarterback in der ersten Runde für die NFL gedraftet zu werden ist bei der USC am höchsten. Nenne mir nur einen einzigen Grund, wieso du nicht dorthin gehen solltest!" sagte ich und schaute ihn herausfordernd an.

„Weil du nicht dort bist" Jays Gesichtszüge waren ganz weich, seine grünen Augen waren ganz klar. Und auch wenn ich es nicht wahr haben wollte, sah ich ihm an, dass er es ernst meinte.

Gemeinsam mit seinen Augen, brachte er mich zum Schmelzen, „Jay, sag mir doch bitte, was los war, mit dir und Chloe. Bitte sag es mir" murmelte ich. „Lass uns das doch vergessen"

„Vergessen? Ich kann das nicht vergessen. Sagst du mir jetzt die Wahrheit oder nicht?" fragte ich ihn. Jay schüttelte leicht seinen Kopf. Also machte ich auf meinem Absatz kehr und lief in das Klassenzimmer.

In der Mittagspause saßen Ben und ich am Eingang der Cafeteria. Ich aß nicht wirklich viel. „Wie wär's mit ihm?" fragte Ben und zeigte zum gefühlt hundertsten Mal auf irgendeinen Jungen, dieses Mal auf einen aus der Theater-AG.

„Ben, ich habe noch nie ein einziges Wort mit ihm gewechselt" er versuchte zwanghaft ein Date für den Winter Ball für mich zu finden. Ihm schien es im Allgemeinen ein wenig wichtiger zu sein, als mir.

Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, und für mich war es vollkommen in Ordnung nicht zu dem Winter Ball zu gehen.

„Wie sieht es mit Liam aus, ihr versteht euch doch gut" schlug Ben vor, „Er geht mit dem blonden Mädchen aus dem Lacrosse-Team, das hatte er heute Morgen doch erzählt" sagte ich.

„Oder vielleicht kannst du mit jemand anderem aus dem Football Team gehen" meinte Ben. Ich schaute ihn genervt mit schief gelegenem Kopf an.

„Wieso schaust du mich so an?" fragte er mich leichtamüsiert. „Ben, ich möchte niemanden fragen. Für mich ist es vollkommen in Ordnung, wenn ich nicht gehe."

„Das kommt gar nicht in Frage. Du kommst auf alle Fälle zu dem Ball. Also was ist jetzt mit dem restlichen Football-Team" ich seufzte. „Liam meinte, dass die meisten ein Date haben oder sie gehen als Freundesgruppe. Und nein, dieser Freundesgruppe werde ich mich auf keinen Fall anschließen" sagte ich überzeugend, sodass Ben mir für die restliche Pause zumindest niemanden mehr vorschlug.

Auf dem FeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt