Kapitel 54

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Einen Schlussstrich ziehen: etwas beenden ohne länger zu diskutieren

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Die nächsten zwei Tage vergingen ohne wirkliche Ereignisse. Schließlich war das Spannendste, das ich sah die Decke meines Zimmers.

In mir herrschte die tiefste Traurigkeit, die ich seit langer Zeit gespürt hatte. Ben hatte mich verlassen, Jay war mir einfach in den Rücken gefallen. Und jedes Mal, wenn ich in diesen Gedanken gefangen war, musste ich an meine Eltern denken. Ich vermisste sie wahnsinnig, an jedem einzelnen Tag, aber in solchen Momenten, war es immer am schlimmsten. Wieso musste mir das eigentlich passieren?

Luke hatte davon abgesehen, Jade noch einmal als meinen Babysitter zu beauftragen. Und obwohl ich am ersten Tag ärgerlich auf ihn war, dass er Jade hergeschickt hatte, wusste ich, dass er es nur gut gemeint hatte und ich war ihm dankbar, dass er mich nicht in die Schule schickte.

Dennoch hatte ich mich dazu entschlossen es heute wieder zu versuchen. Glücklicherweise war heute kein Football Training und ich hatte mir den Vorsatz gesetzt, Jay so gut es ging aus dem Weg zu gehen.

Der Vormittag war mir gut gelungen, aber am meisten Angst hatte ich vor der Mittagspause. Ich wollte nicht jedem zeigen, wie verletzlich ich eigentlich war, deshalb war weinen absolut keine Option.

Aber es kam, wie es kommen musste. Ich war noch nicht einmal an der Cafeteria angekommen, als Jay mich auf dem Gang abpasste. „Lily, bitte, lass mich kurz mit dir reden" er griff nach meinem Handgelenk und hielt es fest umschlossen.

Seine Augen waren glasig, während ich ihn nur mit einem neutralen Blick anschauen konnte. „Es.. es ist nicht so, wie du denkst. Wirklich nicht" seine Stimme war leise und sachte. Seine Hände zitterten.

Alles in allem sah er wirklich schlimm aus, aber ich sah vermutlich nicht wirklich besser aus. Der einzige Unterschied war vermutlich die Erfindung von Make-up.

„Ich hatte wirklich Training, du kannst den Coach fragen, wenn du mir nicht glaubst" er stockte wieder und löste mein Handgelenk aus seiner Hand, sodass seine Arme an seinen Seiten hinunterhingen und er beinahe in sich selbst einsackte.

„Und ich wollte Chloe nicht küssen, sie hat mich einfach geküsst" murmelte er. „Wieso hast du sie nicht weggedrückt?" flüsterte ich.

Ich konnte an Jay sehen, dass er die Wahrheit sagte. Aber ich verstand es trotzdem nicht. Er sagte mir nicht die ganze Wahrheit.

„Ich war wie versteinert, ich konnte nichts machen" ich verdrehte meine Augen. „Sie hat dich doch bestimmt eine Minute geküsst. Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein! In der ganzen Zeit konntest du dich nicht bewegen?"

„Ich... ich kann dir das nicht sagen" ich hob skeptisch eine Augenbraue. „Du kannst es mir nicht sagen?" mein Gesichtsausdruck versteinerte sich.

Jay schüttelte seinen Kopf. „Wenn das so ist, dann haben wir ja jetzt alles geklärt" sagte ich, machte auf der Ferse kehrt und ging in die Cafeteria. Ich setzte mich an einen leeren Tisch in der hinteren Ecke.

Den Blick auf mein Tablette gerichtet, sah ich nach einer Weile, wie jemand sein Tablette gegenüber von meinem hinstellte. Ich richtete meinen Blick auf.

Nelly hatte sich gegenüber von mir hingesetzt. Sie erzählte mir irgendetwas banales, aber ich konnte sie nicht hören. Erst als Ben und Liam neben uns stehen blieben, kehrte ich in die Realität zurück.

„Können wir uns zu euch setzen?" fragte Liam und nachdem ich genickt hatte, setzten sich die zwei neben uns.

Die drei unterhielten sich prächtig, während ich wie gelähmt daneben saß ohne ein einziges Wort mitzubekommen.

„Lily" ich wachte von meinem Tagtraum auf. Ich schaute auf, Nelly und Liam waren verschwunden, die Cafeteria war leer, nur noch Ben und ich waren noch hier und er stand mir gegenüber.

„Ich weiß, dass es dir schlecht geht. Wieso kommst du nicht zu mir und redest mit mir?" fragte er mich, „Ich denke... ich bin doch selbst schuld, dass ich nicht auf dich gehört habe, und dass ich mich überhaupt auf Jay eingelassen habe."

Meine Hände falteten sich vor meinem Gesicht und ich atmete tief ein und aus. „Lily, das stimmt nicht. Ich lag falsch und ich habe das viel zu spät erkannt. Als ich euch die letzten Wochen gesehen habe, eine Sache kann ich dir sagen: Jay hat noch nie ein Mädchen so angesehen, wie er dich anschaut. Weil er dich liebt."

Ich schaute auf, „Aber wenn er mich doch liebt, wieso sagt er mir nicht die Wahrheit?"

„Hat er nichts dazu gesagt?" Ben setzte sich mir gegenüber auf die Bank. Ich schüttelte den Kopf „Alles was er gesagt hat, ist, dass er es mir nicht sagen könne. Was soll der scheiß denn? Wieso macht er daraus ein Geheimnis? Ich verstehe das Ganze einfach nicht"

Kopfschüttelnd schaute ich ihn an, er legte seinen Kopf schief und schaute mich überlegend an. „Vielleicht braucht er einfach ein wenig Zeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dich einfach gehen lässt".

Ich schaute auf meine Hände und zuckte mit den Schultern. „Lily, er leidet genauso sehr, wie du. Er verbringt den ganzen Tag in seinem Zimmer"

„Ja, das tut mir jetzt aber Leid, dass der arme Jay leidet, weil er Chloe geküsst hat" sagte ich mit ironischem Unterton.

Ben hatte versucht mich ein wenig zu beruhigen und aufzubauen, dann gingen wir in den Unterricht. Am Ende des Tages machte ich mich auf den Weg zu dem Büro des Coaches. Nach einem kurzen Klopfen wurde ich herein gebeten.

„Ms Sullivan. Was kann ich für Sie tun?" fragte er mich und deutete mir, mit einer Handbewegung an, mich hinzusetzen.

„Coach. Ich bleibe nicht lange" er schaute mich interessiert an und er faltete seine Hände auf Brusthöhe zusammen. Dann nickte er mir zu, um zu signalisieren, dass ich weiterreden konnte.

Ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich sprach, „Ich muss ihnen leider mitteilen, dass ich nicht mehr für unsere High School spielen kann" ich drückte meine Handflächen an meine Seiten, um mich ein wenig zu beruhigen.

„Es fällt mir nicht leicht, aber ich kann aus persönlichen Gründen, leider nicht mehr spielen. Meine Entscheidung steht fest" sagte ich mit fester Stimme, obwohl ich mich innerlich eher so fühlte, als würde ich zusammenbrechen.


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Hey ihr Lieben,

Vielen Dank an jeden von euch, der diese Geschichte ließt, ein Vote oder auch ein Kommentar da lässt. Das bedeutet mir unglaublich viel und ich bin einfach überwältigt von dem ganzen Feedback von euch! Ich kann euch gar nicht genug danken!

Am Freitag kommt der nächste Teil und dann werde ich wieder jeden Montag einen neuen Teil hochladen.

Vielen Dank nochmal und bis dann,
Dancemousie

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