Kapitel 20

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Vermissen: mit Bedauern feststellen, dass jemand oder etwas nicht mehr in der Nähe ist und dies als persönlichen Verlust wahrnehmen.

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„Was macht sie in deinem Bett?" durch das Schreien wurde ich geweckt. Mein Kopf pochte mal wieder wie verrückt.

„Ich kann dir das doch alles erklären!" Ich öffnete meine Augen und schaute zu den zwei Streithähnen. Jay und Ben standen an der Tür und lieferten sich ein Blickduell.

„Was willst du mir da erklären? Es ist doch offensichtlich" schrie Ben Jay an. Ben trat einen Schritt nach vorne auf Jay zu, die beiden trennten nur noch wenige Zentimeter. Weil Ben gute zehn Zentimeter kleiner war, als Jay schaute er hoch, aber ihre beiden Gesichtsausdrücke sprachen dieselbe Sprache.

Ich stand schnell vom Bett auf und lief zu Ben. „Komm Ben, wir gehen" ich wollte Ben an seiner Brust rausschieben, aber er bewegte sich keinen Zentimeter. Das war gar nicht gut, wir wollten keine Schlägerei und na ja, Jay war schon für einige Schlägereien bekannt - wir wollten definitiv keine Schlägerei!

„Was willst du von ihr? Sie ist nicht eine von deinen tausend Betthäschen. Lass die Pfoten einfach von ihr!" schrie Ben ihn an und ich versuchte Ben aus dem Zimmer zu schieben. Aber es nützte überhaupt nichts.

„Ben, sie hat gestern Nacht geklingelt, sie war vollkommen betrunken. Hätte ich sie einfach vor der Tür stehen lassen sollen? Und bevor sie euch alle weckt, habe ich sie mit rein genommen, ihr Wechselklamotten gegeben und sie hier schlafen lassen, während ich im Gästezimmer geschlafen habe" antwortete Jay ruhig.

Selbst ich war von Jays ruhiger Stimme überrascht. Wieso war er nicht auf Krawall gebürstet, wie sonst auch immer? Klar, Ben war sein Bruder, aber Jay hatte sich auch schon mindestens einmal mit einem seiner besten Freunde geschlägert.

Ben sah mich prüfend an und wartete darauf, dass ich die Geschichte bestätigt. Dabei konnte ich mich mal wieder an gar nichts erinnern. Deshalb stimmte ich Jays Geschichte zu und Ben sah noch einmal Jay genau an.

„Wenn du mir nicht glaubst, kannst du gerne im Gästezimmer schauen, da liegen auch noch ein paar von meinen Sachen" zuckte Jay mit den Schultern.

„Schon gut" gab Ben mürrisch von sich, er griff meine Hand und zog mich in sein Zimmer.

„Was ist los mit dir? Du hast die Schule verpasst! Du hast nicht Zuhause geschlafen; wieso überhaupt?"

„Luke und ich hatten gestern Stress, ich bin einfach abgehauen und bin bei irgendwelchen Typen gelandet und die hatten halt Alkohol" ich zuckte mit den Schultern, „Ben, ich kann es dir doch auch nicht erklären" ich schaute auf den Boden.

„Ist ja in Ordnung, komm einfach das nächste Mal zu mir und nicht zu Jay" am Ende verzog er sein Gesicht und ließ sich neben mich auf das Bett fallen.

Mein Blick fiel auf den Koffer auf dem Boden. „Du hast schon gepackt?" fragte ich, „Ich hab zumindest schon mal angefangen". Ich legte mich auf sein Bett und starrte an die Decke, Ben tat es mir gleich.

„Ich werde dich vermissen. Was soll ich nur machen, wenn du nicht da bist? Mit wem soll ich über Jay lästern? Mit wem soll ich die Pausen in der Schule verbringen? Mit wem..."

Ben lachte laut auf, „Du tust ja schon so, als würde ich nie wieder zurückkommen und in einen Dschungel gehen, in dem ich keine Möglichkeit habe mit der Außenwelt zu kommunizieren", er lachte noch einmal.

„Wir können doch nach dem Training morgen und dem Spiel am Samstag telefonieren. Die Pausen in der Schule kannst du mit Liam verbringen und ehe du dich versiehst, bin ich wieder zurück, es sind doch nur fünf Tage."

„Nimmst du mich morgen früh nochmal mit in die Schule?" fragte ich Ben, „Jay fährt uns morgen und er nimmt dich nach dem Training auch wieder mit nach Hause, hat er mir versprochen."

Den restlichen Tag machten wir nicht wirklich viel. Ben packte seinen Koffer, ich fragte ihn über jeden und alles aus. Und am Schluss schauten wir noch einen Film.

„Du solltest nach Hause gehen. Luke macht sich bestimmt schon Sorgen um dich" meinte Ben, als wir nach dem Film müde auf dem Sofa saßen.

„Ach was, der ist bestimmt froh, wenn ich nicht da bin" murmelte ich und schaute in meine Hände. Die Ereignisse von gestern Mittag flackerten vor meinem inneren Auge auf.

„Lily, ich weiß nicht, was vorgefallen ist und wenn du es mir nicht sagen möchtest, dann ist das in Ordnung. Aber klär das einfach mit Luke" ich atmete einmal schwer aus, bevor ich aufstand, mich von Ben verabschiedete und nach Hause ging.

Kaum hatte ich die Türe zur Garage hinter mir geschlossen, tauchte Luke vor mir auf. „Da bist du endlich. Ich habe mir so Sorgen um dich gemacht, Lily" sofort wurde ich eine Umarmung gezogen.

„Es tut mir so leid. Ich war neidisch auf Jay, weil er dabei war, als du das erste Mal seit dem Unfall gefahren bist. Ich wollte dich nicht beleidigen. Das würde ich nie wollen."

„Ist schon in Ordnung, Luke" ich lächelte leicht, „Ich gehe jetzt aber schon ins Bett, ich bin echt müde" Luke nickte und ließ mich los. Ich war schon die Hälfte der Treppen hoch, als Luke „Ich habe dich so lieb, Lily. Vergiss das nicht" hoch rief. „Ich dich auch".

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Hey,
vielen, vielen Dank für beinahe 700 Reads, ich kann es gar nicht glauben! Vielen Dank, an jeden, der diese Geschichte liest! Ich hoffe, sie gefällt euch!
Tausend Dank
Dancemousie

Auf dem FeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt