Kapitel 28

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Disput: wortreiche Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Parteien

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Auf Schule hatte ich jetzt sicherlich keine Lust mehr, stattdessen beschloss ich in die Mall zu gehen, im Starbucks einen Toffee Nut Latte zu kaufen und sonst einfach ein wenig zu bummeln.

Dadurch ging der Tag relativ schnell zu Ende. Zum Training war ich auch nicht gegangen, das würde vom Coach bestimmt Ärger geben. Aber das war immer noch besser, als sich dem ganzen Gequatsche von Kyle und Jay zu stellen.

Na ja, aber Bens Ankunft konnte ich nicht verpassen. Ich brauchte ihn!

Deswegen war ich mit dem Bus jetzt auf dem Weg zur Schule. Als ich dort ankam, standen bereits Eva und David mit einem Luftballon bereit... und Jay.

Das war ja klar! Das Schicksal meinte es wohl heute mit mir besonders gut!

Gut, das hätte ich mir auch denken können, dass Jay kommt, um seinen Bruder abzuholen.

Für eine Weile stand ich stumm neben Eva und David, während Jay die ganze Zeit über auf dem Gehweg auf und ab ging.

Es machte mich ganz verrückt! Wieso konnte er denn nicht aufhören? Ich warf Jay einen genervten Blick zu, den er anscheinend aber missverstand, denn er blieb auf einmal neben mir stehen.

„Geht's Prinzesschen Lily plötzlich wieder gut?" zischte mich Jay ärgerlich an.

„Halt du dich da einfach raus, dich hat das gar nicht zu interessieren" Jay lachte einmal auf.

„Mich hat das nicht zu interessieren? In einem Team muss man sich aufeinander verlassen können, aber du bist momentan im Selbstkämpfer-Modus!" jetzt war ich an der Reihe aufzulachen.

„Der einzige, der schon seit Jahren im Selbstkämpfer-Modus spielt, bist du! Und glaub mir, ich bin nicht die einzige, die das stört; die anderen trauen sich nur nicht, dir das zu sagen."

„Nenn' mir nur ein Beispiel, wo ich im Selbstkämpfer-Modus gespielt habe" forderte er mich auf.

Augenblick antwortete ich, „Als du mich aus dem Team kicken wolltest, weil ich ein Mädchen bin".

„Das war doch ganz anders!" meinte er und verschränkte seine Arme vor der Brust.

Ich hob prüfend meine Augenbraue, ich sah genau, dass ich zumindest teilweise ins Schwarze getroffen hatte.

„Das stimmt nicht" er drehte sich weg.

„Was stimmt dann?" er wirbelte herum und sofort trafen meine Augen auf seine grünen, die gefährlich funkelten.

„Ist dir das immer noch nicht klar?" patzte er mich an. „Nein, nein, mir ist es immer noch nicht klar. Und es wäre nur zu gütig von Hoheit Jason auch den Rest der Menschheit an seinen Gedanken teilhaben zu lassen."

„Lily" ertönte die freudige Stimme Bens hinter mir. Sofort wirbelte ich herum. Die Spannung, die die letzten paar Minuten geherrscht hatte, war augenblicklich verschwunden. Und mein Kopf war komplett geleert, nachdem mich Ben in eine feste Umarmung schloss.

„Ich hab dich vermisst" meinte Ben und drückte mich ein wenig fester an sich. Jay drehte sich augenverdrehend um, stieg in sein Auto ein und fuhr weg.

„Du bist heute so still. Ist was?" fragte er mich und schaute mich eindringlich an. Meine Hände fingen an zu zittern. Ich konnte ihm doch nicht die Wahrheit sagen!

Es fühlte sich an, wie eine Ewigkeit, dass ich Ben gesehen hatte. Geschweige denn, was in der ganzen Zwischenzeit alles passiert war.

Ich konnte Ben doch nicht von dem Kuss erzählen! Niemand mag sich ausmalen, was passieren würde, wenn Ben davon erfuhr!

„Ich bin nur ein wenig müde" lächelte ich Ben an. „War die Schule etwa so anstrengend und langweilig ohne mich?" ich zuckte mit den Schultern, „Schon ein wenig".

„Ach, Benni. Ich hab dich vermisst" meinte Eva und drückte Ben in eine Umarmung, „Ich hab Essen gemacht, Burritos, wir sollten uns beeilen, bevor alles ganz kalt wird."

Wir zögerten nicht lange und fuhren zu Ben nach Hause, aßen Burritos und dann verzogen Ben und ich uns in sein Zimmer, um einen Film zu schauen.

„Wieso warst du heute nicht im Training?" fragte mich Ben, während des Filmes. Ein wenig verwirrt schaute ich zu ihm hoch. Woher wusste er davon? Sicherlich nicht von Jay, denn der war seit der Aktion auf dem Parkplatz verschwunden.

„Ja, wieso fragst du?" fragte ich und versuchte so ruhig, wie möglich zu bleiben.

„Liam hatte mir geschrieben, ob ich wüsste, was mit dir los ist" meinte Ben. Wieso musste sich Liam jetzt auch noch in dieses ganze Chaos einmischen?

„Ja, ähm... mir war heute Morgen ein wenig schlecht, ich war nicht in der Schule und deshalb später auch nicht im Training" Ben nickte, „Aber jetzt geht es mir schon viel besser" fügte ich noch schnell hinzu.

Ben schaute mich eindringlich an und ich konnte seinem Blick einfach nicht standhalten.

„Wieso lügst du?" Wieso kannte mich Ben nur so gut? Es hätte sonst ja auch niemand hinterfragt!

Mit der Wahrheit konnte ich trotzdem nicht rausrücken – zumindest nicht mit der ganzen Wahrheit.

„Na ja, Kyle und ich hatten uns gestritten. Dann war auch noch Montag, ich hatte heute einfach keinen Bock mehr" antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Wegen was habt ihr euch gestritten?" Ben kniff seine Augen zusammen ohne auch nur für eine Sekunde seine Augen von mir zu wenden.

„Wir wollten einen Trick Spielzug bei dem Spiel am Wochenende machen und Kyle konnte es einfach nicht akzeptieren, dass ich den Ball zu Jay werfen sollte und nicht er" ich zuckte mit meinen Schultern.

In Gedanken klopfte ich mir Stolz auf die Schulter, dass ich so schnell auf diese Ausrede gekommen war.

„Na dann, Kyle kriegt sich bestimmt bald wieder ein" er lächelte mich an und schien mir diese Ausrede ohne jegliche Bedenken zu schlucken.

Ben war wegen des Jetlags bereits nach einer weiteren halben Stunde eingeschlafen, deshalb nahm ich meine Sachen, schlich die Treppen runter und ging aus dem Haus.

Ich schloss die Tür hinter mir und rannte geradewegs in jemanden rein.

„Ach Lily, ich bin schon klasse, aber du brauchst nicht in mich reinrennen, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen, denn die hast du doch schon!" er zwinkerte mich an.

Da war er wieder mit diesem unausstehlichen, selbstüberzeugten, süffisanten Grinsen, als wäre nie etwas passiert.

Auf dem FeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt