LAUF!

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Relativ ruhig, aber doch gefasst kommandierte Manu alle herum, ihr Zeug zu packen und ab zu hauen. Es war so garnicht seine Art, jedoch fühlte er sich verantwortlich für den Haufen Kinder um ihn herum und er wollte keineswegs, dass einer von ihnen starb. Binnen weniger Sekunden waren alle auf dem Boden, ihren Rucksack auf dem Rücken. „ Worauf wartet ihr?", kam es etwas lauter nun auch von Pat. Hastig liefen alle in die gezeigte Richtung, gerade so schnell, dass die am Ende genügend Energie für einen Sprint hatten. Eine Stunde war zwar viel Zeit, jedoch hatten sie zehn Kilometer vor sich. Und das war ganz schön viel. Manu bildete das Schlusslicht, motivierte alle anderen weiter zu laufen. Das er selbst am Ende seiner Kräfte war, wollte er sich nicht bewusst machen. Als er etwas weiter zurück lag, die Stunde fast um war und er immer noch zwei Kilometer vor sich hatte, gab er den Kampf auf. Das Stechen in seiner Lunge wurde unerträglich. Mit rasendem Herz lies er dich zu Boden gleiten, presste schmerzhaft eine Hand auf seinen Brustkorb. Pat drehte sich zu ihm um, zögerte nicht lange und ging zu Manu zurück. Was macht Palle nur, er soll mich zurück lassen, ich bin nur eine Last, die ihn selbst mit in den Tod reist. Pat zog Manu mit viel Schwung hoch, sodass er fast wieder der Länge nach hingefallen wäre. Pat zog ihn jedoch einfach weiter und Manu stolperte ihm unbeholfen hinterher. Sein Atem ging schwer, beinahe Stoßweise. Er nahm seine Umwelt kaum mehr war, alles geschah wie in Zeitlupe. Hören tat er gar nichts mehr. Pat schien mit ihm reden zu wollen, doch konnte er nur anhand seiner sich bewegenden Gesichtszüge erkennen, dass er überhaupt sprach.
Die Stunde ist gleich um, bis jetzt ist noch keiner der außenstehenden Teams in die Boarder zurück gekehrt. Daher schlage ich vor, dass sich die Border kontinuierlich verkleinern wird, bis sie die gesetzte Größe erreicht hat. Das verschafft euch nur wenige Minuten, also solltet ihr nicht an Tempo nach lassen.
Der Hall der Ansage klang schnell ab. Manu konnte jedoch immer noch keinen klaren Gedanken fassen. In seinem Kopf gab es einen Gedanken und der war LAUF. Pausen konnte er nicht machen, Pat zog ihn unermüdlichen weiter. Bald hatten sie die anderen wieder eingeholt, die nicht an Tempo verloren hatten. Von weitem sahen sie eine rot schimmernde Baierre, doch die Boarder saß ihnen bereits im Nacken. Keuchend drängte Pat alle, einen Endspurt ein zu legen, um rechtzeitig in die Boarder zu kommen. Weit weg konnten Maudado einen Jungen ausmachen, der in der selben Misere steckte, wie sie auch. Nur das er deutlich fitter aussah, als wir alle zusammen, dachte Mau. Kurz vor der Boarder war ein Graben. Maudado und Zombey sprangen nach einander ab, wobei Zombey auf Maudado fiel, sie das letzte Stück nach vorne drückte und sie so beide innerhalb der roten Baierre landeten. Neben ihnen landete Fazon, doch Manu und Palle fehlten noch. Pat sprang gerade ab, durchbrach die rote Wand und stolperte einige Schritte nach vorne, ehe er sich fing. Manu war jedoch außerhalb zusammengesackt. Mau wollte zu ihm rennen, doch er kam nicht mehr durch die Barierre durch. „ MANU!", schrie er verzweifelt und klopfte gegen die Baierre. Manu richtete sich auf, ein Blick in die Augen des blonden reichte ihm, um sich dazu auf zu raffen, weiter zu gehen. Maudado brauchte ihn. In der letzten Sekunde sprang er ab, landete unbeholfen auf Pat, der erschöpft auf dem Rücken liegen geblieben war und jetzt ein schmerzerfülltes keuchen von sich gab. Es war einige Sekunden völlig still, ehe Fazon anfing, hysterisch zu lachen. Er handelte sich vier verwirrte Blicke ein. „ Das ist einfach alles so skurril.", gestand er dann. „ Schaut euch doch mal um, wir sind in einer Arena eingesperrt, müssen andere Leute umbringen, um hier raus zu kommen und wurden gerade fast von einer sich bewegenden Wand zerquetscht. Was daran ist bitte normal?", fragte er keuchend weiter. Alle schwiegen, doch Fazon wusste, er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Sein Blick schweifte durch die Gruppe, blieb bei Manu hängen, der ungesund blass war und immer noch nach Luft japste. „ Alles ok bei dir, du siehst net so gut aus." „ Geht schon.", japste Manu. „ Mein Körper ist solche Strapazen gewöhnt. Also keine ganze Stunde joggen. Mich umbringen kann ich auch einfacher. Aber im Prinzip bin ich das gewöhnt. Gib mir fünf Minuten, dann können wir weiter. Ich will möglichst weit weg von dem Ding. Noch mal mach ich das nicht mit." „ Nein, wir machen erstmal Pause und du kommst zu Atem!", entgegnete Micha energisch. Auch wenn Manu und Micha nie viel miteinander am Hut hatten, so war es doch erschreckend festzustellen, wie sehr er sich verändert hatte. Er wirkte reifer, ja fast erwachsenen mit seinen gerade mal zwölf Jahren. Seine Stimme hatte eine unglaubliche Härte angenommen, wie man es nur beim Militär oder anderen sehr strengen Persönlichkeiten beobachten konnte. Manu fand es zwar toll, dass er so erwachsen wirkte, jedoch war Michael ein Kind und das sollte er auch noch eine Weile bleiben.

Die Tribute von Varo Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt