31. Kapitel

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Elles Sicht

,,Barebone Thurknell ist tot!", rief eine Drittklässlerin laut und schluchzte herzergreifend. Ich stand auf und setzte mich neben sie. ,,Hast du ihn gekannt?" Das rothaarige Mädchen schüttelte verstört den Kopf. ,,Nein, aber mein Dad kannte seinen Dad. Nur dass seine Eltern auch tot sind." Wieder fing sie an, zu weinen und ich strich ihr unbeholfen über den Rücken, was mir einige, höhnische Blicke von Pamela Parkinson und Georgina Abott einbrachte, die anscheinend nicht glauben konnten, dass die böse Schwester, eines noch böseren Slytherins, ein anderes Mädchen tröstete. ,,Wie heißt du denn?", wollte ich sanft wissen. ,,Christine Albany.", meinte sie leise und plötzlich vergrub sie sich schluchzend in meiner Robe. ,,Es ist so schrecklich!", klagte sie. Ich schob sie sanft von mir und murmelte leise:,,Komm mit. Pandora? Phil?" Die beiden tauschten einen Blick und erhoben sich mit einem Seufzen. Ich reichte der Ravenclaw die Hand und sie ergriff sie nach einigem Zögern. Eigentlich mochte ich sie auf Anhieb, sie schien nur etwas weinerlich zu sein. Ich brachte Christine Albany zur Bibliothek, da wir in etwa fünfzehn Minuten Kräuterkunde hatten und die Gewächshäuser nicht allzu weit entfernt waren. ,,Amos!"  Ein etwa dreizehnjähriger Hufflepuff saß in der Bibliothek und hob den mausbraunen Schopf. ,,Christine? Ich dachte, du bist beim Essen.", meinte der Junge etwas verwirrt. ,,Nein, ich war traurig, weil ein Junge aus Slytherin gestorben ist. Du-weißt-schon-wer hat ihn ermordet!" Sie wurde leichenblass und ich erstarrte irritiert. ,,Du-weißt-schon-wer? Ich dachte, das wäre Lord Voldemort gewesen.", sprach Phil meine Gedanken laut aus. Christine starrte ihn erschrocken an. ,,Psshhht! Sage seinen Namen nicht laut!" Ich kicherte beinahe los. Angst vor einem Namen? Phil sah ebenso belustigt aus und einzig Pandora hatte einen besorgten Gesichtsausdruck. ,,Sie hat Recht. Wir dürfen ihn nicht bei seinem Namen nennen.", brach es aus meiner sonst so schüchternen, besten Freundin heraus. Sie erhielt einige komische Blicke, doch ich beließ es dabei. ,,Uhm... Das ist Amos Diggory.", stellte Christine den Hufflepuff vor, der uns allen höflich die Hand reichte. ,,Amos, das sind Xenophilius Lovegood -" ,,Phil.", unterbrach Phil sie verlegen lächelnd. Christine nickte ungeduldig und fuhr fort. ,,Pandora Fawley und Elladora Gaunt. Sie sind alle in ihrem vierten Jahr." Ich lächelte das Mädchen fröhlich an und war erleichtert, dass sie nicht erwähnte, wer meine Familienangehörigen waren. ,,Verdammt!", rief Phil plötzlich aus. ,,Kräuterkunde hat vor drei Minuten angefangen!" Und wir nahmen eilig unsere Sachen und hetzten zum Unterricht.

Marvolos Sicht

Dunkelheit. Stille. Nein, da war eine Stimme. ,,Marvolo! Marvolo!" Mum? Meine Sicht wurde klarer und dort stand eine Frau, die etwa Mitte zwanzig war. Ihre unglaublich hellblonden, beinahe weißen Haare umspielten sanft ihre Schultern und ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen. ,,Marvolo..." Es hörte sich wie ein fernes Echo an und ging langsam und ungelenk auf sie zu. ,,Mum...?" Sie lachte leicht und ihr Lachen hallte merkwürdig, als wären wir in einer großen Halle. Ihre Augen leuchteten hell auf, als sie mich musterte. Seltsame Augen... eines war sehr dunkel, fast schwarz und das andere sehr hell, eigentlich schon weiß. Sie trug ein Gewand, dass ich als Nachthemd beschreiben würde. Es bauschte sich um ihre nackten Beine und Füße, als sie näherkam. ,,So groß... Marvolo..." Ein strahlendes Lächeln erhellte ihren hellen Teint. ,,Wo... ist deine Schwester...?" Ich zuckte zusammen und murmelte leise vor mich hin:,,Das ist nicht echt... das ist nicht echt..." Wieder lachte sie. ,,Natürlich ist es das nichts, aber glaubst du nicht, dass ich nicht wirklich hier bin?" Mein verwirrter Blick beantwortete ihre Frage. Mum kam noch näher, sie stand direkt vor mir und legte sanft eine duftende Hand auf meine Wange. Ich konnte ihre Hand spüren! Sie registrierte meine Überraschung lächelnd und ließ die Hand sinken, um sie hinter ihrem Rücken verschwinden zu lassen. Als sie sie wieder hervorzog, hielt sie einen länglichen Gegenstand in der Hand. Es war ein Zauberstab - nur hatte ich nie einen solchen gesehen. ,,Der Elderstab... einst gehörte er dem ältesten Bruder, Antioch Peverell, tragisch ermordet... der zweite Bruder, Cadmus Peverell, erhielt den Stein der Auferstehung... ebenfalls tot... Der dritte Bruder, Ignotus Peverell bekam den Umhang, der unsichtbar macht... die Heiligtümer des Todes..." Damit hob sie ihren Arm und zog ihren Ärmel weg. Sie enthüllte eine Art Tätowierung, die ziemlich viel Magie ausstrahlte. Ein Zeichen, dass ich schon öfters gesehen hatte - Gellert Grindelwalds Signatur. Und plötzlich wurde mir klar, wieso mein Grandpa ausgerechnet dieses Zeichen verwendete - Er hatte nach diesen Heiligtümern gesucht! Seine eigene Tochter hatte eins gehabt! ,,Mein Vater... überließ ihn mir... bei jenem Duell..." Ich musste natürlich nicht fragen, welches Duell es war. Jeder kannte es. ,,Jetzt... ist es dein... Marvolo... passe gut darauf auf... und erzähle deinem... Vater nichts davon..." Eine federleicht Berührung und der Elderstab lag in meiner Hand. Ich schloss die Faust darum und sah zu Mum, die langsam verblasste. ,,Nein!", rief ich erschrocken. ,,Bleib hier! Mum...! Komm zurück!" Doch das Rufen und Betteln brachte nichts und sie verschwand. In diesem Moment durchfuhr mich ein Ruck und ich landete wieder in der Welt der Lebenden, wobei ich den Elderstab weiterhin fest umklammerte.

Die Erben des Elderstabs ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt