🖤Chris(11)🖤

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Ein 'guten Morgen' , oder ähnliches wäre angebracht gewesen, bevor Henry meinte er müsse mir seine Meinung geigen.
Das Letzte was ich wollte, ist ihn zu bevormunden, das wollte ich wirklich nicht.
Doch ich kann auch nicht aus meiner Haut. Henry stößt etwas in mir an, was ich selbst, so noch nicht von mir kannte.
Dann steht der Kerl auch noch nackt vor mir. Meine Güte, wäre ich schon richtig wach gewesen, hätte ich sicherlich anders reagiert, aber mein Gehirn arbeitete dort noch auf Sparflamme.
Doch das ist jetzt nicht so wichtig, vielmehr beschäftigt mich das, was Henry mir da entgegen geschleudert hat.
Warum vergleicht er sich mit seinem Vater? Nur weil ich mal was mit ihm hatte, weil ich seinen Vater quasi unterrichtet habe, heißt das noch lange nicht, dass ich Henry genau so behandeln würde. Henry ist so anders als sein Vater, sieht er das nicht?

Außerdem will ich nicht, dass Henry denkt ich will eine Vaterfigur in seinem Leben einnehmen, oh nein, das will ich ganz und gar nicht.
Ich weiß das alles, tief in mir drin. Ich weiß das es nicht wirklich richtig ist, dass ich den Kleinen vor all dem beschützen will, was nicht gut ist, zumal er wirklich recht hat. Jeder muss seine eigenen Erfahrungen sammeln um zu wissen was für ihn gut ist und was nicht.
Auslachen, ihn, das könnte ich nicht und Henry ist alles andere als eine Witzfigur für mich. Ich habe schon Meschen in meinem Leben getroffen, die waren Witzfiguren. Einer von denen war dieses komische Prinzlein, damals im Secrets bei der letzten Session die ich mit Wyatt und Landon hatte. Der hat sich verbogen nur um Aufmerksamkeit zu bekommen. Das ist eine Witzfigur, aber doch nicht Henry.
Würde ich ihn nicht respektieren, dann hätte ich ihn schon knien lassen, dann hätte ich ihn gebrochen, denn ich weiß ich kann das, wenn ich es will. Doch darum geht es mir nicht. Ich will, dass er mir vertraut, tiefer vertraut als all die Subs die ich schon hatte. Ich will, dass er versteht, dass ich es nur gut mit ihm meine und ihn nicht bevormunden will oder ihn nicht respektiere. Er ist für mich erwachsen, in vielen, aber nicht in allen Dingen. Aber das liegt einfach daran dass Henry unerfahren ist.

Ihn mir vorzustellen, wie er dort mit Peitsche steht und einen Sub damit behandelt, fällt mir schwer. Mir sind wohl alle Gesichtszüge entglitten, als er das gesagt hat, aber ich war auch da noch nicht richtig wach, sonst hätte ich mich wohl mehr unter Kontrolle gehabt und mir nicht ansehen lassen, was da gerade in meinem Inneren vor sich geht.

Doch er sagte auch etwas, was mir ebenfalls im Gedächtnis geblieben ist.
Er sagte; Seit ich dich das erste mal gesehen habe, faszinierst du mich. Du bist klug, gutaussehend, sexy und mysteriös. Und ich würde echt viele Dinge gerne mit dir tun, vor allem dich näher kennen lernen.
Henry schmeichelte mir mit Komplimenten und ich weiß nicht, ob ihm das bewusst war beziehungsweise ist.

Mittlerweile sind zwei Tage vergangen und ich habe immerhin erreicht, das morgen ein Gutachter auf die Baustelle kommt, damit er erneut den Antrag für das Energieversorgungsamt stellt. Einige Telefonate habe ich erledigt und nun sitze ich im Park, auf einer Bank, schaue den Passanten zu und meine Gedanken kreisen immer noch um Henry.
Ich überlege hin und her, zücke dann mein Handy und wähle eine Nummer, in der Hoffnung, dass mich das weiter bringt.
"Hey Chris.", entgegnet mir Felix und ich schweige. Mir fehlen einfach die Worte.
Felix kennt mich besser als jeder andere, er kennt all meine Facetten, auch wenn er sie nicht alle gut heißt.

"Hey Chris, sag was? Was ist los?", spricht mein bester Freud weiter und ich fühle mich wie zugeschnürt als ich endlich etwas über meine Lippen bringe: "Felix ich weiß nicht was ich tun soll."
"Okay, inwiefern? Um was geht es?", fragt er und ich höre das Knarzen seiner Ledercouch. Wie gern ich jetzt dort sitzen würde, als hier in diesem Park mit dem Telefon am Ohr. Ich wäre jetzt gern bei Felix auf dieser schwarzen Ledercouch und könnte so mit ihm reden.

"Felix ich hab da jemanden kennengelernt.", beginne ich und er entgegnet mir: "Oh. Ähm ja."
Es ist kein Wunder, dass er so reagiert, denn das ich mal mit sowas um die Ecke komme, hätte er wohl nie gedacht.
"Aber das ist doch was schönes.", schiebt er hinterher und ich beginne zu reden: "Ich denke schon, keine Ahnung. Er ist der Sohn von Landon Vaughn. Ich kenne Henry, schon eine Weile, da war er sechszehn und von Anfang an, hat er mich interessiert. Er ist jetzt 18 und geht hier in Boston auf das MIT. Vor kurzem sah ich ihn wieder in einem Club, also in einem BDSM-Club und ich wollte ihn einfach nur beschützen, ihn da raus holen und sein Freund, Otis, hat das auch verstanden und hat ihn mitgenommen. Vor zwei Tagen habe ich ihn dort erneut gesehen. Er war betrunken. Hier in Boston bekommt man Alkohol erst mit 21 und er war betrunken, verstehst du? Ich vermute das es sich um einen gefälschten Ausweis handelt, wobei ja dieser Otis auch mit dem Clubbesitzer zusammen ist, ach was weiß ich. Es ist auch nicht wichtig. Was ich sagen wollte ist, dass ich Henry eben in diesem Zustand dort angetroffen habe. Felix, ich kochte vor Wut. Ich hab den Laden da aufgemischt, nur um Henry erneut zu beschützen und um ihn erneut dort raus zu holen. Die Einzelheiten erspare ich dir. Ich habe Henry mit in das Hotel genommen und so."

"Du hast ihn gefickt oder?", unterbricht mich mein bester Freund und ich antworte: "Nein hab ich nicht, ich hab mir unter der Dusche einen runter geholt, denn bei Henry ist es anders. Du weißt wie ich bin. Du weißt das ich mir das nehme was ich will und dann wenn ich es will, doch bei Henry ist das wirklich anders."
"Oh okay.", entgegnet mir Felix und ich kann die Irritation in seiner Stimme hören, doch ich fahre fort: "An dem Morgen nach dem ich ihn betrunken aus dem Club geholt habe, hat er mir eine Standpauke gehalten, von wegen er will wie ein Erwachsener behandelt werden und nicht wie ein Kind. Er will seine eigenen Erfahrungen machen und dass er nicht so ist wie sein Vater."
"Landon Vaughn. Ach du scheiße der Landon Vaughn, der der eine Weile dein Sub war, bevor du nach Korea gezogen bist?", grätscht mir Felix erneut dazwischen. Ja er darf das, weil er mich eben besser kennt als jeder andere. Er weiß wirklich alles von mir.

"Das hat jetzt aber lange gedauert.", beginne ich und muss grinsen, höre dabei wie Felix sagt: "Ja sorry, ist ja doch schon eine Weile her. Aber okay. Henry hat dir also eine Standpauke gehalten. Und weiter?"
"Er meinte auch, das er mich faszinierend findet das er mich kennenlernen will und solche Dinge, aber das war nur ein kleiner Aspekt in seiner Standpauke. Viel mehr ging es eben darum, dass Henry das Gefühl hat, ich behandel ihn wie ein Kind. Das ist das Letzte was ich will. Er will respektiert werden, aber das tue ich doch, sonst hätte ich mir das schon genommen, was ich will. Aber das will ich nicht weil er eben anders ist. Verstehst du?", sage ich und bekomme eine prompte Antwort von meinem besten Freund: "Ähm nee, eigentlich verstehe ich gerade gar nichts."
Ich atme tief durch und versuche es erneut: "Henry will als Erwachsener behandelt werden, er will respektiert werden und er will seine eigenen Erfahrungen machen."

"Soweit habe ich das verstanden und ich finde das lobenswert von diesem Henry. Aber trotzdem verstehe ich dein Problem nicht.", meint mein Gesprächspartner und ich schaue kurz in den Himmel, in der Hoffnung meine toten Eltern würden mir ein Zeichen geben. Beide sind sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen, damals als ich 23 war.
Doch es kommt kein Zeichen, also antworte ich. "Felix ich weiß einfach nicht was ich machen soll. In meinem Gehirn ist ein Knoten."
"Du weißt nicht wie du Herny behandeln sollst?", fragt mein bester Freund nach und ich brumme nur ins Telefon, bevor Felix fortfährt: "Chris, jetzt mal ehrlich. Dieser Henry bedeutet dir ein bisschen mehr, als die anderen, oder?"
"Ja verdammt, das nervt mich. Das will ich nicht.", entgegne ich ihm und Felix lacht ins Telefon, bevor er meint: "Gefühle fragen nicht ob es gerade passt. Chris, Henry hat dir gesagt was er will also solltest du dich daran halten. Auch wenn es dir vielleicht schwer fällt, nicht den dicken Beschützer zu spielen, was im übrigen eine Seite von dir ist, die ich so noch nicht kannte, aber egal. Lass die Zügel locker, er wird es dir danken. Henry hat dir auch gesagt, dass er dich kennen lernen möchte. Dann melde dich bei ihm  und verabrede dich mit ihm. Irgendwo in einem Restaurant und dann wirst du sehen wie es weiter geht.", sagt Felix und seine Worte hallen in meinem Kopf nach.
"Danke.", sage ich nur knapp und Felix entgegnet mir: "Kein Ding. Knoten wieder offen?"
"Ich denke ja. Ich melde mich.", meine ich und lege nach der Verabschiedung auf.

Ich öffne den Chat mit Henry und formuliere eine Nachricht: Hallo Henry. Ich hoffe du bist an dem Morgen noch pünktlich zu deinem Kurs gekommen. Das du mir im Hotelzimmer deine Meinung so frei entgegen geschleudert hast, fand ich okay, aber es wäre gut gewesen, wenn du mich noch hättest antworten lassen. Henry du kannst tun und lassen was du willst. Ich will der Letzte sein der dich wie ein kleines Kind behandelt. Du bist für mich erwachsen und ich respektiere dich und deine Meinung. Du sagtest du willst mich kennen lernen. Ich biete dir hiermit die Möglichkeit. Heute Abend werde ich um 19 Uhr im Restaurant Eataly sein. Du kannst es googlen. Wenn du willst, kannst du gern dazu kommen. Liebe Grüße Chris.

Ich schicke die Nachricht ab, stecke mein Handy weg, stehe von der Bank auf und mache mich auf den Weg ins Hotel.

You don't own me - Between Heaven and HellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt