Ich schreckte hoch, als eine Hand meine Wange streifte. Kerzengerade fuhr ich hoch und starrte mit weit aufgerissenen Augen fassungslos in die eisblauen Augen des Prinzen. "Prinz Eugene!", rutschte es mir erschrocken aus dem Mund und ich beeilte mich, von dem Sofa zu rutschen und einen hastigen Knicks zu machen, den Blick hielt ich auf die Spitzen seiner schwarzen Lackschuhe gesenkt. Dabei fiel das Buch von mir herunter und landete mit einem dumpfen Geräusch am dunklen Holzboden.
Hastig kniete ich mich nieder und griff danach und versteckte es hinter meinem Rücken, hoffentlich hatte der Prinz nicht den Titel gesehen. Milahs Kräutervielfalt, tötlich wie auch heilend. Doch ich hatte Glück.
"Was versteckst du da?", fragte der Prinz so neutral wie möglich, doch ich konnte die unverhohlene Neugier in dem wachsamen Blick erkennen. Bloß weg hier. "Gar nichts, Eure Hoheit.", beteuerte ich und hoffte, Prinz Eugene würde sich damit zufrieden geben, doch das war nicht der Fall. Also blieb nur noch die Ausweichspur.
"So spät ist es schon, in einer Stunde beginnt das Mittagessen, wenn Ihr mich entschuldigen würdet." Das war eine eiskalte Lüge. Ich drehte mich am Absatz um und verschwand zwischen den Bücherregalen, das Buch fest an mich gepresst. Das hatte ich ja super gemacht.
Erleichtert atmete ich auf, als ich nicht mehr den stechend kalten Blick in meinem Rücken spürte. Wo war der Ausgang? Ah, da vorne. Der Prinz erschien am Anfang wie ein normaler, netter und menschenoffener Mann, doch irgendetwas stimmte da nicht. Ich schauderte, als ich an den Blick dachte. Ernst, stechend, misstrauisch, gefährlich. Meine Lust, noch das Schloss weiter zu erkunden, war plötzlich verraucht.
Maria bestand, dass ich eine neue Frisur bekommen sollte. Mit viel Genörgel saß ich schließlich vor dem weißen Schminkspiegel neben dem Kleiderschrank, solange Maria es glücklich machte, wollte ich nichts mehr sagen, auch, wenn ich eine neus Frisur nicht als unbedingt notwendig empfand.
Es endete damit, dass sie mir meine braunen Haare kunstvoll in einen Dutt gebunden hatte und diesen mit silbernen Schmuck noch verschönert hatte. Es war ungewohnt, so eine aufwendige Frisur zu tragen, sonst ließ ich meine Haare immer offen oder flocht sie hin und wieder ein. "Es ist wirklich hübsch, danke.", gab ich ehrlich zu und Maria lächelte verschmitzt. "Es war mir eine Ehre!"
Als Kleid zog ich das Zweite meiner selbst mitgebrachten Kleider an, der cremeweiße Rock war weit und ging nicht mal zu den Knien, war aber trotzdem lang genug, sodass es für die Optik akzeptabel war. Außerdem zog ich eine braune, kurze Hose unter das Kleid für den besseren Komfort beim Reiten. Ein schwarzes Paar Lackschuhe lachten mich aus der Ecke des enormen Kleiderschrankes an, sie waren angenehm, später würde ich sie aber mit bequemeren Schuhen austauschen, die beim Reiten günstiger waren.
Still gingen wir zum Speisesaal und unwillkürlich umfasste ich die Taschenuhrkette meiner Mutter. Es wäre eine Lüge, wenn ich sagen würde, ich würde sie und Lisa, meine gute, alte Stute. Wie schön war es, mit ihr auszureiten, die Pracht des Waldes zu erleben und Kräuter zu sammeln, während sie geduldig auf mich wartete. Ich vermisste es, mit meiner Mutter zu kochen, zu reden und mit ihr die gebräuten Tränke zu besprechen. Ihre liebenden Wörter zu vernehmen. Ach, ich sollte nicht in der Sehnsucht schwelgen, denn das verbreitete nur Trauer im Herzen.
Das Essen verlief ziemlich normal, wie man das Dasein im Schloss eben als normal bezeichnen konnte. Bis mich ein gewisser eisblauer Blick streifte.
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The Maid and the Crown
Fanfiction(Old) Durch ihre Mutter und beste Freundin schafft es Alva in die Vorrunde des wohl beliebtesten Selektionsverfahren des ganzen Landes- ungewollt, natürlich! Anfangs klammert sie sich noch verzweifelt an ihre Überzeugung, sowieso früh rauszufliegen...