89.Kapitel

689 26 0
                                    

Vor dem Stall wartete ein Mann, dessen Silhouette ich schon von Weitem erkannte. Eugene. Karl hatte ihn ebenfalls schnell erkannt und er warf mir einen neckenden Blick zu. "Vielleicht ist es besser, wenn Ihr nun absteigt, hohe Königin, ich kümmere mich auch um Euer Pferd. Ich wünsche euch beiden Turteltäubchen ganz viel Spaß!", riet er mir und ich warf ihm einen schmollenden Blick zu, ehe ich vom Pferd glitt. Lange hatte ich Eugene nicht mehr gesehen, wir beide hatten im Moment einfach viele Dinge, die wir selbst nachgehen mussten. Ein warmes Ziehen in meinem Herz ließ mich meine Schritte beschleunigen und als ich endlich in seinen Armen lag, umgeben von dem altbekannten Duft nach Nadelwäldern und Regen wurde mir Eines bewusst: Ich hatte ihn schmerzlich vermisst.

"Hallo, mein Sternchen.", flüsterte er in mein Ohr und mein Herz schien zu explodieren, als er den Griff verstärkte und sein Kinn auf meinem braunen Haar abstützte. "Hallo, Moony.", wisperte ich zurück und lauschte seinem Herz, wie es schnell in seiner Brust schlug. Die Spitznamen waren kitschig, wahrscheinlich war es in diesem Sinne ganz gut, dass niemand sonst von ihnen wusste. "Übermorgen ist der große Tag. Ich kann es gar nicht mehr erwarten.", antwortete er und ich lächelte zaghaft, doch in mir war keinerlei Angst mehr, ich hatte endlich mit dem baldigen Titel als Prinzessin abgefunden. Von wegen Königin, das vielleicht nur in Eugenes Herz.

Die Diener waren so geschäftig wie noch nie, immerhin hatten sie mehr als genug zu tun, seitdem die Vorbereitungen angebrochen waren. Der gesamte Palast wurde in Weiß geschmückt und es wurde viel getuschelt, doch dieses Mal wurde es von den Aufsehern nicht nur geduldet, sondern es wurde sich auch fleißig beteiligt. Auf den Gängen musste man aufpassen, nicht in die Diener hineinzulaufen.

Ich hatte das Gefühl, in einem lebhaften, summenden Bienenstock zu sein. Ein Schneider war nochmals vorbeigekommen, um die Maße zur Sicherheit ein weiteres Mal zu nehmen, nun, bei dem vielen, verboten leckeren Kuchen und Törtchen konnte ich es verstehen. Nachts war es schwer, einzuschlafen. Pure Aufregung jagte durch meinen Körper und ließ mich ganz kribbelig fühlen, als wäre mir gerade eine gigantische Ladung an Adrenalin versetzt worden. Ich wusste nicht, wie ich die letzten Stunden abwarten sollte, ich fühlte mich so schrecklich nutzlos, während ich in meinem Zimmer saß und krampfhaft Bücher las.

Der Morgen, an dem sich mein Leben ändern würde, war ruhig. Trügerisch ruhig. Ich lauschte den Vögeln, die draußen zwitscherten, dies waren die letzten Sommertage, ehe der Herbst einbrechen würde. Bald würde Ruhe über das Land kehren, so auch die Ruhe in mein Herz. Ein energisches Klopfen ertönte und eine breit lächelnde Maria kam hereingeplatzt, die mich aus dem Bett scheuchte. "Beeilung, junge Dame, heute ist der große Tag!", rief sie und klatschte in die Hände. Sofort war ich auf den Beinen.

The Maid and the CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt