76.Kapitel

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Fast wurden wir von einer Wache ertappt, doch Karl konnte uns gerade doch rechtzeitig hinter einen Vorhang ziehen. Ich hörte das Blut in den Ohren rauschen und suchte nach den Augen des Stalljungen, er sah mir stumm entgegen und nickte, als würde er versichern, dass wir in Sicherheit waren. Die schweren Schritte verklungen in der Ferne und es ging weiter.

Mit flachem Atem versteckten wir uns wieder hinter einen der schweren Vorhänge, die vergoldete Tür zu der Schatzkammer war bereits in Sicht, doch weshalb stand keine einzige Wache davor? Irritiert blickte ich wieder zu Karl hoch, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. Ich biss mir auf die Unterlippe, wie konnte so ein wichtiger Ort nicht rund um die Uhr bewacht sein? Auch, wenn es mich gerade nicht störte, keine Wachen zu sehen, könnten diese definitiv ihre Arbeit besser erledigen. Vielleicht gab es ja ein Fehler im Zeitplan, doch trotzdem sollte man doch warten, bis die nächste Schicht am Ort war, bevor man selbst ging.

Leise Schritte wurden hörbar, und mein Körper versteifte sich augenblicklich. Dies war definitiv keine Wache, nein, die Schritte waren viel zu schnell und eilig. Ich nickte Karl an und dieser drückte fest meine Hand, die ich irgendwann in seine gelegt haben musste. Es war beruhigend.

Hinter der nächsten Ecke tauchte tatsächlich ein Schatten auf. Ich konnte nicht viel erkennen, doch die Gestalt trug ebenfalls einen dunklen Mantel und hatte die etwas zu groß wirkende Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass ich nicht mal eine einzige Haarspitze erkennen konnte. Unwillkürlich hielt ich meinen Atem an, als die vermummte Gestalt an dem Vorhang vorbeihuschte und sich am Schloss an der Tür zu schaffen machte. Es rasselte leise und schon war die Gestalt hinter der Tür verschwunden. "Los!", zischte ich Karl zu und gemeinsam eilten wir zur Tür, um diese zu zustießen. Dies war fast schon zu einfach.

Gerade, als ich die Tür zudrücken wollte, drückte jemand von innen. Überrascht von der Kraft keuchte ich auf und warf meinen ganzen Körper gegen das Holz, doch zu spät, die Gestalt war aus der Schatzkammer geschlüpft, doch der Saum des Umhangs verfing sich. Ein leises Fluchen konnte dem frisch ertappten Täter auch nicht mehr helfen, denn Karl hatte den Arm gepackt und dachte definitiv nicht mehr daran, diesen loszulassen, egal, wie sehr die Person sich wandte und drehte. Adrenalin schoss durch meinen Körper, als ich schnell an seine Seite eilte und den anderen Arm packten, gemeinsam schafften wir es so, den Täter auf den Boden zu drücken und ruhig zu stellen. Mit einem Aufatmen vernahm ich einheitliche Schritte in der Ferne und zum ersten Mal war ich erleichtert, dass die Wachen uns schon bald helfen würden.

The Maid and the CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt