22.Kapitel

1K 45 2
                                    

„Warten Sie!" Seine Stimme war lauter und strenger geworden. Ängstlich starrte ich auf seine Hand, die mein Handgelenk umfasste, der Griff war eisenfest. Ich hasste es, wenn Leute so herrisch sprachen, es ließ mich unwohl fühlen und der nicht zu lösende Griff um mein Handgelenk war nicht gerade besser. Oh Mutter, ich habe dich enttäuscht.

Ich gab auf und ließ seufzend meine Schultern sinken. „Ja, Eure Majestät.", murmelte ich kleinlaut, vermied aber trotzdem jeglichen Blickkontakt. „Kann es sein, dass Sie mich meiden? Gibt es ein Problem? Mögen Sie die Räumlichkeiten oder Ihre Zofe nicht?", fragte Prinz Eugene und der plötzlich sanfte Ton ließ mich tatsächlich aufschauen. Dieses Undefinirbare war aus seinem Blick verschwunden und stattdessen hatte ehrliches Mitgefühl den Platz eingenommen.

Wieder seufzte ich, Schuldgefühle nagten nun an meiner Selbstsicherheit. „Nein, das Entablissement ist wahrhaftig wunderschön und Maria ist wirklich nett und hilfsbereit, ich habe mich einfach noch nicht an die Exklusivität diesen Ortes gewöhnt. Es tut mir leid, meine infantilen Launen an Euch ausgelassen zu haben.", murmelte ich niedergeschlagen, der Prinz hatte recht, ich hatte mich wie ein trotziges Kleinkind mit großem Ego verhalten.

Die Gesichtszüge des Prinzen wurden weich und ich konnte nicht glauben, dass jemand so warm lächeln konnte. „Ihr müsst wissen, ich war auch nicht ganz ich selbst, ich hatte in den letzten Tagen viel zu tun.", meinte der Prinz und ich sah ihn überrascht an, dann lächelte ich. „Wie wäre es, auf einen Neuanfang?", schlug ich kurzerhand vor und entlockte meinem Gegenüber ein zustimmendes Lächeln. „Eine wahrhaftig gute Idee.", bejahte Prinz Eugene. Erleichterung durchströmte mich.

„Was ist überhaupt mit Ihren Knien passiert, Miss Alva?" Verlegen grinste ich. „Ich bin nur ausversehen über eine Wurzel im Wald gestolpert, nichts, worüber Ihr Euch Sorgen machen müsst.", beantwortete ich die Frage kurz und knapp, ich wollte Karl definitiv nicht in Schwierigkeiten bringen. Außerdem war er ja nicht mal schuld.

„Lassen Sie sich trotzdem vom Arzt eine Salbe verschreiben. Immerhin bin ich für die Sicherheit und das Wohlbefinden der Teilnehmerinnen verantwortlich.", versuchte der Prinz es, doch ich schüttelte den Kopf, stattdessen streichelte ich über den Kopf von Amir, der brav hinter uns hertrottete und das lebhafte Grün des Waldes genoss.

In angenehmer Stille gingen wir den Trampelpfad entlang, jeder schien für sich den Wald zu genießen, bis sich die Bäume teilten. „Sie haben erwähnt, sich nocht nicht so gut auszukennen, ich biete Ihnen also nochmal eine exklusive Palasttour mit dem Prinzen an. Überlegen Sie es sich gut!", brach der Prinz die Stille, als wir vor dem Sandplatz vor dem Stall angehalten hatten.

Ich zuckte mit den Schultern, zwar hatte ich bereits am Vormittag das Schloss erkundet, doch ein bisschen Insiderwissen könnte nicht schaden. „Warum nicht?" „Wenn das so ist, dann treffen Sie mich nach dem Abendessen in dem Speisesaal. Ich verabschiede mich.", schlug er vor und ich stimmte ein, nach dem Abendessen waren nicht so viele Leute unterwegs, was ich ganz gut fand. „Auf Wiedersehen, Eure Hoheit." Ich sah zu, wie er Amir im Stall verschwand, danach machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer und schließlich zu Madame Durands Unterricht.

Lauren und Emmè erwarteten mich bereits. „Da bist du ja, ich habe mich schon gewundert, sonst kannst du das Knapp-Kommen nicht ausstehen!", bemerkte meine beste Freundin, ehe sie mich ordentlich durchknuddelte. Sie trug ein wunderschönes, langes Kleid mit einem engen Oberteil. Das Smaragdgrün komplimentierte ihre Augen und das rote Haar, welches sie heute offen gelassen hatte.

Ich begrüßte freundlich Emmè, welche in sowieso allem traumhaft aussah, sie lächelte mir engelhaft zu. Lange blieb uns nicht, denn da kam schon Madame Durand herein, ihr Kleid war perfekt mit den warmen Farben des Damensalons abgestimmt. Nur der strenge Dutt und der noch strengere Gesichtsausdruck war geblieben.

Ihre wässrig blauen Augen musterten jede einzelne streng, ehe sie zu sprechen begann. „Guten Tag die Damen. Wir fangen direkt an." Ich unterdrückte mir ein Stöhnen und ein Blick in die Runde der aufgetakelten Damen verriet mir, dass es nicht nur mir so ging. Zumindest wussten alle, Kommentare lieber für sich zu behalten.

Die gestrige Lektion wurde im Schnellverfahren noch einmal wiederholt, bis Madame Durand zum nächsten Kapitel ansetzte. Nun zählte nicht nur eine gerade Haltung, sondern auch der richtige Gang. Natürlich musste es nur mir schwerfallen, während Lauren und Emmè im Raum umherschwebten.

Steif und mit schmerzenden Muskeln saß ich beim Abendessen da, nach einem großen Festmahl war mir nicht mehr zumute. Ich fing den belustigten, aber auch mitfühlenden Blick von der königlichen Tafel und schenkte dem Prinzen nur einen gespielt beleidigten Blick zu.
Wenn ich Königin werden würde, würde ich ihn in ein Zimmer mit Madame Durand einsperren. Das wäre äußerst interessant. Mit einem zufriedenen Grinsen aß ich meine Mahlzeit, draußen war es schon dunkel.

Der aufregende Tag ging vorbei und erleichtert fiel ich in mein großes Bett. Die vielen Polster und Decken kamen sehr gelegen, da es am Abend und in der Nacht ordentlich abkühlen konnte. „Ich mache jetzt das Licht aus, schlaf gut.", sagte Maria sanft und das Zimmer wurde in Dunkelheit getaucht. „Du auch.", nuschelte ich nur noch und hoffte, dass die gutmütige Frau mich gehört hatte, ehe ich einschlief.

The Maid and the CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt