94.Kapitel

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Vom vielen Gehen taten mir bereits die Füße weh. Ich konnte mich gar nicht mehr an alle Personen  erinnern, mit denen ich geredet hatte, Fürsten, Barone, Könige, Offiziere, und noch viele mehr. Irgendwann waren all die Gesichter verschwommen. Ich schloss die Augen, während ich die erste, kühle Herbstbrise genoss, die über meine Haut strich und mit meinen lockeren Strähnen spielte. Es war bereits dunkel und der Mond stand silbern schimmernd am Himmel. Die Musik klang nur noch gedämpft zu mir herüber.

Neben mir ertönte ein leises Lachen. Ich blickte auf und zu meiner Seite, wo Eugene stand und mit verträumten Blick in den Himmel starrte. Seine Mundwinkel zogen sich immer weiter hoch. "Woran denkst du denn?", hakte ich nach und trat, begleitet vom leisen Rascheln meines Kleides, an seine Seite, um seine Hand zu nehmen. Der Prinz umfasste meine Finger. "Ich träume, nicht wahr?", murmelte er und ich schüttelte schnell den Kopf, sodass das silberne Diadem drohte, herab zu rutschen. Mit einer Hand stoppte ich den Fall und richtete es wieder. "Vielleicht träumen wir ja denselben Traum.", wisperte ich und begegnete den geweiteten Augen mit einem breiten Lächeln. Er erwiderte es. "Dann lass uns unser Bestes geben, ihn zu erfüllen.", meinte er und ich drückte seine Hand.

Der restliche Abend war mit Freude gefüllt. Leute tanzten ausgelassen zur Musik, tranken miteinander Wein und tauschten sich rege aus. Die Luft vibrierte schon fast vor Glück, dass es mein Herz wärmte. Auch ich ließ mich immer wieder auf Tänze ein und lachte gerne mit. Von den  Wachen, die die riesige Terrasse im Blick hielten, bewahrte ich meinen Abstand. Die Zeit verging außerdem so schnell, dass ich gar nicht wagte, auf eine Uhr zu blicken. Ich hatte das Gefühl, ich konnte mit Eugene an meiner Seite fliegen.

Schließlich war es Mitternacht, das kündigte ein Gong an. Ein Raunen ging durch die bunte Menge und Blicke zischten zu den Bäumen, um sich an deren Blättern festzusaugen. Was geschah dort? Ich trat näher zur Reling und reckte meinen Hals. Da, ein leuchtender Punkt entstieg den Büschen, nein, zwei, nein, drei. Immer mehr glimmernde Punkte sammelten sich in der Luft, sodass es mich an eine stetig wachsende Wolke erinnerte. Auf meiner Haut vibrierte etwas Warmes und ich senkte den Blick. Meine Taschenuhr, sie bewegte sich? Schnell fummelte ich am Riegel und als der silberne Deckel aufsprang, mitsamt des gläsernen Behälters, zischten zwei weitere Punkte zu der Wolke. Mit offenem Mund schloss ich meine Kette wieder. Waren das etwa Königslichter?

Als ich zu meiner Mutter sah, sprach sie gerade mit dem Königspaar. Sie alle schienen sich gut zu kennen, wie komisch. Ich blickte wieder auf das Spektakel vor mir, welches von bewundernden Ausrufen begleitet wurde, als sich zwei Hände um meine Taille legten. Sofort wusste ich, wer es war. Mit einem Lächeln lehnte ich mich zurück und der Griff verstärkte sich. "Weist du, was das ist?", flüsterte Eugene mir ins Ohr und sein warmer Atem prallte auf meine Haut. "Ja, das sind Königslichter, nicht wahr?", antwortete ich und erhielt ein zustimmendes Brummen.

The Maid and the CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt