Kapitel 16

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Die nächste Woche verging wie im Flug. Mr Sandrians Stimmung war gemischt, doch er hielt sich höflich gegenüber mir.

Zwischendurch erhielten wir die Nachricht, dass Mr Jones festgenommen worden war, da die Metropolitan Police das Collier bei dem völlig verdutzten Mann gefunden hatte. Das hob sowohl Ariannas, als auch Mr Sandrians Laune und natürliche meine.

Morgens früh unterrichtete der Arzt mich in medizinischer Theorie, vor allem in den Bereichen, die ich für die Prüfung in drei Wochen können musste. Ich hatte das Gefühl, dass ich weit mehr lernte, als jemals zuvor und abends war mein Kopf vollgestopft mit neuem Wissen.

Mr Sandrian war ein guter Lehrer, der zu jeder Frage eine Antwort zu wissen schien. Allerdings war Geduld nicht unbedingt seiner Stärke und er regte sich des Öfteren über mich auf, wenn ich nicht schnell genug begriff, was er von mir verlangte. Das machte mir jedoch nichts aus, da es mir nur zeigte, dass er mich tatsächlich ernst nahm und das Niveau weit nach oben setzte. Im Gegenteil, es spornte mich an, mich anzustrengen und seinen Ansprüchen zu genügen.

Je weiter die Woche fortschritt, desto nervöser wurde ich. Am Donnerstag würde ich der Augenoperation beiwohnen können. Als der Tag dann da war, war ich nervös und hibbelig. Ich konnte kaum still halten und wuselte ohne wirkliches Ziel durch die Gegend, bis Mr Sandrian mich streng zurechtwies. Danach versuchte ich mich stark zusammenzureißen, was mir nicht besonders gut gelang.

Was mich jedoch beruhigte, war das leichte Lächeln, das Mr Sandrians Lippen umspielte, wenn ich nicht hinschaute. Offensichtlich war er nicht wirklich sauer auf mich und konnte meine Aufregung vielleicht sogar nachvollziehen.

Er hingegen war die Ruhe weg. Ohne einen Gedanken an die anstehende Operation zu verschwenden, behandelte er die Patienten mit meiner Unterstützung wie gewohnt.

„Bitte verzeihen Sie meiner Assistentin die Ungeschicktheit. Sie ist ein wenig nervös“, meinte er mit schelmischem Blick zu einer Patientin und ich errötete. „Seien Sie nicht so garstig“, warf ich ihm vor und er hob die Augenbrauen. „Miss Silver, bitte vergessen Sie nicht Ihre Höflichkeit.“ Ich verdrehte hinter seinem Rücken die Augen und biss mir auf die Zunge, um nicht wirklich unverschämt zu werden.

Als dann letztlich Mr Trelawny eintraf, behandelten wir noch kurz die letzten Leute und holten dann den Alten herein, der mir noch immer finstere Blicke zuwarf und missmutige Kommentare vor sich hin brummelte. Ich ignorierte sein Verhalten weitestgehend und wusch mir die Hände, desinfizierte die Starstichnadel und reichte sie dem Arzt, der sich einen weißen Kittel übergezogen hatte.

Der Anblick irritierte mich aus irgendeinem Grund. Erst später wurde mir klar, dass es daran lag, dass ich ihn noch nie in einer anderen Farbe als Schwarz gesehen hatte.

„So, Mr Trelawny. Sind Sie bereit?“, fragte er freundlich, als dieser Platz genommen hatte, obwohl ich eine gewisse Schärfe heraushörte, die man nur wahrnahm, wenn man ihn ein wenig besser kannte. „Ja, so bereit, wie man unter diesen Umständen nur sein kann.“ Er warf mir einen bösen Blick zu und ich schnaubte. „Gut“, fuhr Mr Sandrian ungerührt fort. „Sie werden alles, was wir tun mitbekommen und ich werde es für Miss Silver erklären, in Ordnung?“ Der Mann nickte.

„Sehr gut. Miss Silver, bitte halten Sie jetzt Mr Trelawnys Kopf ganz fest und sorgen sie dafür, dass er sich nicht bewegen kann.“ Ohne zu zögern tat ich, was er gesagt hatte. Es war ein komisches Gefühl, einem anderen Menschen so nahe zu kommen, wenn dieser eine solche Abneigung gegen mich verspürte. Doch ich zog seinen Kopf fest an mich und hielt ihn fest. Gleichzeitig beobachtete ich den Arzt, der sich genau gegenüber von Mr Trelawny hinsetzte.

Mit sicheren Bewegungen machte er sich ans Werk. Mit einer Hand hielt er das rechte Auge offen und setzte dann die Starstichnadel an. „Ich werde jetzt die Nadel am Limbus seitlich der Regenbogenhaut, oder auch Iris genannt, in den Augapfel stechen. Dafür ist es wichtig, sehr vorsichtig vorzugehen, um das Auge nicht zu verletzen. Dann bewege ich die Spitze von der Vorkammer aus durch die Pupille nach hinten oben und durchtrenne die Zonulafasern.“

Silver LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt