Kapitel 31

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„Raven. Es tut mir so schrecklich leid." Ich starrte aus dem Fenster in die trübe Suppe des Nebels. „Es ist schon in Ordnung." Müde schloss ich die Augen. Ich hatte keine Tränen mehr, doch mittlerweile hatte mich eine Erschöpfung übermannt, die nichts als ein Gefühl der Leere zurückließ. Kein glücklicher Gedanke konnte zu mir durchdringen. Ich würde den Rest meines Lebens an der Seite eines Mannes verbringen, den ich nicht liebte, den ich nicht einmal mochte. Alle meine Träume hatten sich in Luft aufgelöst, an dem verfluchten Tag, an dem Kurt mir den Antrag gemacht hatte und heute würde ich mein schreckliches Schicksal besiegeln und denjenigen aufgeben, für den mein Herz schlug.

Es war Freitagmorgen. Mary und ich würden heute heiraten, doch noch saßen wir beisammen in ihrem Zimmer.

In meinem konnte ich es nicht ertragen, da man alle meine Habseligkeiten heute Morgen zu den Jenkins' gebrachte hatte. „Mary, versprich mir etwas." Ich drehte mich zu meiner besten Freundin um, die mich besorgt betrachtete.

„Verschwende heute keinen einzigen Gedanken an mich. Ich möchte, dass das hier der schönste Tag deines Lebens wird, genau wie für meinen Bruder. Werdet glücklich, dann hilfst du mir schon." Sie seufzte. „Raven, ich weiß das zu schätzen, aber ich kann es nicht ertragen, dich so zu sehen."

Ich rang mir ein Lächeln ab, das sich seltsam anfühlte, da ich seit Wochen kein Lächeln zustande gebracht hatte. „Du kannst mir nicht helfen und du kannst auch nicht aufhalten, was geschehen wird. Ich tue das für Leander und wenn ich ihm somit helfen kann, dann soll es so sein." Es fühlte sich nicht schwer an, die Worte über meine Lippen zu bringen, denn in mir drin war alles kalt, so wie ich es geplant hatte. Eisig kalt sogar, so als wäre mein Herz gefroren. Die Wut, die Verzweiflung, den Hass, die Trauer hatte ich längst hinter mir gelassen.

Ich würde mit Ruhe in mein Unglück laufen, weil ich mich damit abgefunden hatte. Leise lachte ich, es klang ein wenig hysterisch und Marys Gesichtsausdruck wurde noch besorgter. „Raven Silver, du bist und wirst für immer meine beste Freundin bleiben, das verspreche ich dir. Egal, was geschieht, ich werde für dich da sein." Ich atmete tief aus und umarmte sie. „Das weiß ich doch und dafür bin ich dir unglaublich dankbar. Und es ist gut, dass ich wenigstens dir vertrauen kann." „Ja, das kannst du wirklich."

Die Tür öffnete sich und Marys Mutter trat ein. Hinter ihr trugen zwei Dienstboten die Hochzeitskleider herein. Mit einem Schnippen schickte Mrs Chandler die beiden wieder nach draußen. Dann wandte sie sich mit einem strahlenden Lächeln an uns beide. „Ihr werdet so hübsch aussehen, meine Lieben. Das müsst ihr auch, denn heute ist ein besonderer Tag. Heute werdet ihr die Männer heiraten, für die ihr bestimmt seid."

Hinter ihrem Rücken verdrehte ich die Augen. Konnte man so naiv sein zu glauben, Kurt Jenkins und ich könnten füreinander bestimmt sein?

Natürlich stand außer Frage, dass Mary und Ian wie geschaffen füreinander waren und ich wünschte ihnen von ganzen Herzen, dass sie glücklich wurden, doch meine Zukunft würde anders aussehen, auch wenn ich mir noch nicht ganz sicher war, wie genau.

Mrs Chandler half uns, uns anzukleiden. Für mich hatte man ein Hochzeitskleid gewählt, das der neuesten Mode entsprach und sicherlich ein Vermögen gekostet hatte. Es war aus hellblauer Seide gefertigt und so schmal geschnitten, dass man mich so eng schnüren musste, dass ich kaum noch Luft bekam. Meine Atemwege waren beengt und die Chancen standen nicht schlecht, dass ich heute doch noch in Ohnmacht fallen würde, was mir sehr gelegen käme.

Doch stattdessen blieb ich bei vollem Bewusstsein und legte den Schmuck an, den Kurt mir geschenkt hatte. Er hatte darauf bestanden, dass ich die prunkvolle Halskette trug. Ich seufzte und schaute in den Spiegel. Ich erkannte mich kaum wieder, so umwerfend sah ich aus. Nur meine Augen schienen tot zu sein. Sie hatten ihren Glanz verloren.

Silver LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt