Kapitel 26

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Am Sonntag holten Mr Sandrian und seine Kinder mich gegen acht Uhr morgens ab. Das Wetter war traumhaft und warm. Wir hätten uns keinen schöneren Tag aussuchen können.

Mit einer Mietdroschke fuhren wir aus London heraus und in die Näher der umliegenden Wälder. „Meiner Tante gehört eine kleine, leerstehende Hütte an einem Waldsee", erklärte er mir, als ich nachfragte, wo wir hinfahren würden. Ich war entzückt.

Annabelle und ihr Zwillingsbruder setzten sich neben mich und er fragte: „Wissen Sie, warum der Himmel blau ist?" Irritiert schaute ich den kleinen Jungen an und dann Mr Sandrian. Er lächelte.

„Es ist ein Spiel, das wir vor langer Zeit begonnen haben. Die zwei versuchen Fragen zu stellen, auf die der andere keine Antwort weiß. Wenn Sie möchten, können Sie mitspielen."

„Sehr gern. Der Himmel ist nicht blau. Er scheint nur blau zu sein. Das geschieht durch Lichtbrechung", erklärte ich und schmunzelte bei Jonathans enttäuschtem Gesichtsausdruck.

„Jetzt ich", rief Annabelle und klatschte in die Hände. „Woher kommt der Mond?" Ratlos versuchte ich nachzudenken. Nach einer Weile gab ich auf.

„Ich fürchte, darauf weiß ich keine Antwort. Magst du denn den Mond?", fragte ich sie und erhielt ein begeistertes Nicken. „Soll ich euch eine Geschichte von einem Mann auf dem Mond erzählen?" Die beiden waren kaum zu bremsen in ihrer Begeisterung und ich begann eine Geschichte zu erzählen, die mein Vater mir als Kind vorgelesen hatte.

„Es war einmal ein Mann, der auf der Erde lebte." „Wie hieß er?" Ich überlegte. „Frederick. Sein Name war Frederick. Er war der mutigste aller mutigen Männer, denn er fürchtete weder Tod noch Teufel. Doch er war auch furchtbar neugierig, genau wie ihr zwei und so beschloss er, zum Mond zu fliegen."

Die beiden machten große Augen. „Ist das denn möglich?" Ich lächelte. „Es ist eine Geschichte, aber wer weiß. Vielleicht wird es einmal möglich sein.

Was ich aber weiß ist, dass er einen Freund hatte. Sein Name war Jonathan." „Hey, genau wie ich!" „Ja, genau wie du. Und dieser Freund, der half ihm einen Luftballon zu bauen mit der er zum Mond fliegen konnte. Da hatte er alles drin, was er brauchte, aber noch viel mehr. Zum Beispiel ein Zelt, in dem er übernachten konnte, wenn er erstmal an seinem Ziel angekommen war.

Es vergingen ein paar Tage, bis er den Ballon endlich fertig hatte. Er war groß und knallrot, so wie deine Jacke Annabelle." Sie strahlte. „Was geschah dann?" „Er verabschiedete sich von seinem Freund, der ihn warnte, es könne gefährlich und einsam werden auf seiner Reise, doch unser Abenteurer ließ sich nicht beirren.

Er flog also los und etwa einen Tag später erreichte er sein Ziel. Er schlug sein Zelt auf und genoss die Aussicht auf die Erde, aber nach einigen Tagen begann er, sich zu langweilen. Es war einsam auf dem Mond. Dort hatte er keine Freunde wie auf der Erde und er begann sich nach Hause zu wünschen.

Doch dann begegnete er einem wunderschönen Mädchen. Ihr Name war Annabelle." Die Kleine quietschte vor Freude. „Sie gehörte zu einer kleinen Gruppe von Mondmenschen. Die beiden verliebten sich ineinander und er beschloss, für immer bei ihr und ihrer Familie zu bleiben. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute", endete ich.

„Und was ist mit Jonathan, seinem Freund?", fragte Mr Sandrian mich lächelnd. Ich erwiderte seinen Blick und ohne unseren Augenkontakt abbrechen zu lassen, antwortete ich: „Der kam mit einem anderen Ballon nach und auch er hatte sich in eine kluge, junge Frau verliebt, mit der er bis ans Ende seiner Tage glücklich lebte." „Eine bezaubernde Geschichte."

Die Spannung zwischen uns war fast greifbar. Ich zitterte, weil ich mir so sehr wünschte, er würde mich berühren und es war ein großes Glück, dass die Kinder mich im nächsten Moment wieder für sich einnahmen.

Silver LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt